Wie zur Hölle tritt man aus der Kirche aus?

Wie zur Hölle tritt man aus der Kirche aus?

Eine Anleitung, wie du austrittst - und Alternativen

Von  Anna Taylor
Es gibt viele coole Clubs - die Kirche ist nicht unbedingt einer. Wenn du austreten willst, verraten wir dir wie's geht und stellen außerdem noch ein paar Alternativen vor.

Kreuzzüge, Missbräuche & goldene Badewannen

Die Liste der Gräuel- und Bluttaten der christlichen Kirche ist recht lang. Dies spiegelt sich auch in den Austrittzahlen wider, 2020 waren es immerhin 441.390 Menschen, die die christliche Kirchengemeinschaft verlassen haben. Für 2021 liegen noch nicht alle Zahlen vor, lediglich die evangelische Kirche ließ verlauten, dass im letzten Jahr 280.000 Menschen ausgetreten seien - 60.000 mehr als im Vorjahr.

Durch die stetigen Ausritte ist mittlerweile ein signifikanter Kulturumbruch zu beobachten

Zum ersten Mal seit Jahrhunderten sind weniger als die Hälfte der Deutschen Mitglied einer christlichen Kirche. Du bist also definitiv nicht alleine, wenn du den Schritt in Erwägung ziehst.

Aus der Kirche treten - so geht's

Es ist tatsächlich ein eher unkompliziertes Unterfangen - das aber natürlich trotzdem einiges an absurder Bürokratie benötigt. Zunächst solltest du einen Termin machen beim für dich zuständigen Standesamt, dort gibst du eine mündliche Austrittserklärung ab. Wichtig: Du musst natürlich einen gültigen Lichtbildausweis parat haben.

Klingt wild, ist es aber nicht. Der Dialog läuft in etwa so ab:
  • Du: "Hallo, ich will bitte aus der Kirche austreten"
  • Standesbeamt*in: "Sind Sie sich sicher?"
  • Du: "Ja, ich will."
  • Standesbeamt*in: "Okay [cool], welche Konfession hatten Sie?"
  • Du: "[Evangelisch-lutherisch/ römisch katholisch]"
  • Standesbeamt*in: "In welcher Gemeinde wurden Sie getauft?"
  • Du: [XY]
  • Standesbeamt*in: "Alles klar, bitte unterschreiben."
  • Du: *unterschreib*
  • Standesbeamt*in: "Das war's, auf Wiedersehen"
  • Du: "Supi, Tschüssikowski!"
Du kannst deine Austritterklärung auch schriftlich abgeben, dann musst du "lediglich" deine Unterschrift von einem*einer Notar*in beglaubigen lassen und ans Standesamt schicken.

Der ganze Austrittsspaß kostet jedoch was

Für die Aufnahme einer Austrittserklärung musst du 25 Euro blechen, eine Bescheinigung des Austritts kostet weitere zehn Euro.



"Aber die Kirche tut doch so viel Gutes!"

Ja, die Kirche tut auch Gutes. Mit der Steuer werden zum Beispiel die seelsorgerlichen Angebote bezahlt, circa ein Drittel fließen in Kindergärten und Bildungseinrichtungen, Entwicklungshilfe im Ausland, soziale Verbände wie Caritas und Diakonie und diverse Beratungsstellen für benachteiligte Menschen.

Aber wie das ein oder andere Mal hier schon erwähnt: Die Kirche tut nicht nur Gutes, sondern auch abgrundtief Böses, was du mit der Kirchensteuer ebenfalls unterstützt. Also schau mal: 

Alternative Möglichkeiten, etwas Gutes zu unterstützen

Der*die durchschnittliche, deutsche Arbeitnehmer*in zahlt 300 Euro Kirchensteuer pro Jahr. Nun wird nicht der komplette Betrag in wohltätige Zwecke gesteckt, sondern auch in Verwaltung, Gehalt von Mitarbeiter*innen und Renovierungsarbeit (zum Beispiel in die goldene Badewanne von Tebartz van Elst, um das hier auch endlich mal genauer erwähnt zu haben).
Hier also nun ein gewagter Vorschlag: Am besten du machst dich schlau, welche wohltätigen Organisationen für dich interessant sind und suchst dir davon einfach eine - oder mehrere! - aus, die du monatlich oder jährlich mit einer festen Spende unterstützt.



Wie sieht's mit Beerdigung aus?

Ein unschönes Thema, mit dem man sich so oder so lieber früh als zu spät auseinandersetzen sollte. Für Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, stellt sich allerdings die Frage: "Wo kann ich verscharrt werden? Auf dem Friedhof ja wohl nicht?" Die Sorge kannst du aber gleich vergessen! Anders, als viele denken, sind Friedhöfe nicht unbedingt was kirchliches, viele sind in kommunaler oder städtischer Hand und dort interessiert man sich nicht für deine Konfession.
Trotzdem schadet es nicht, sich mal über alternative Bestattungsmöglichkeiten schlau zu machen. Eine Auswahl stellen wir dir in diesem Text vor. Wie fändest du es zum Beispiel, ein Baum zu werden? Oder Kanonenfutter? Die Möglichkeiten sind schier unendlich.

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Gottes Zorn?

Etwas schwieriger ist es, wenn man den Glauben an Gott+ (so lautet ein Vorschlag der katholischen Jugend, den*die Allmächtige*n von nun an zu nennen) mit der Kirche in Verbindung bringt. Dann könnte man sich fürchten, den Zorn von Gott+ auf sich zu ziehen. Aber ich habe eine Frage... Nach allem, was wir in den letzten 60 bis 70.000 Jahren über Gott+ gelernt oder bestimmte Menschen sich so überlegt haben - warum sollte er*sie es so lange dulden, dass Kirchenmenschen eine Kackaktion nach der anderen bringen? Ehrlich gesagt macht das keinen Sinn, oder? Außer Gott+ wäre sowieso etwas ganz anderes, als wir glauben und findet das gar nicht mal so schlecht... Aber das ist eine andere Theorie!

Was ich sagen will: Du kannst auch gläubig sein, ohne Teil der Kirche zu sein.

Wenn es aber genau dein Ding ist und du neben dem spirituellen auch auf den gemeinschaftlichen Faktor stehst: such dir doch einfach eine andere Religion! Gut, "einfach" ist einfach gesagt, du solltest dir das schon gut überlegen und dich vor allem vorher ordentlich mit dem Glauben auseinandersetzen. Allerdings ist es auch nicht so, dass andere Gemeinschaften keinen Dreck am Stecken haben. Alternativ kannst du sonst auch einfach deinen eigenen Glauben kreieren! Oder mach es wie bei Life of Pi, wo das Beste aus Hinduismus, Christentum und Islam zu einer neuen Glaubensmischung zusammengefügt wird.

Ich habe übrigens meine eigene Religion erfunden - die der Vogelmenschen.

Wir sind noch keine große Glaubensgemeinschaft (soweit ich weiß sind wir zu zweit), aber du bist auf jeden Fall herzlich willkommen! Zum Beispiel, wenn dir Weihnachten mindestens genauso sehr auf den Sack geht wie uns. Ansonsten können wir uns auch noch weitere Traditionen überlegen und ein paar Thesen formulieren, wenn du darauf stehst. Mal schauen, wir stehen noch ziemlich am Anfang.

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