Pearl

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Von  Fabian Broicher
Ob es sich beim Prequel zu 'X' um ein eher stupides Franchise wie schon bei anderen Horrorfilmreihen handelt oder der Film wirklich was kann, weiß unser Kinoredakteur Fabian.



Es ist so eine Krux mit Horror-Franchise

Meist um ebenso überflüssige wie unterdurchschnittliche Fortsetzungen erweitert, scheinen es die großen Studios hinter Scream, Halloween und Co. nur darauf abzusehen, an den Kinokassen das schnelle Geld zu machen. Umso aufregender, wenn junge Filmschaffende sich daran versuchen, etwas Neues zu etablieren, wie etwa Ti West. Der US-amerikanische Regisseur zeichnete vor allem für TV-Episoden und kleinere Horrorfilme verantwortlich; im vergangenen Jahr startete dann hierzulande X in den Kinos, ein beachtlicher, da charmant kleiner und ordentlich gespielter Slasher mit diversen Anspielungen auf die Softporno-Ästhetik der 70er Jahre. Nun legt er gemeinsam mit seiner Hauptdarstellerin Mia Goth, die bereits in X eine Doppelrolle übernahm, ein Prequel vor, das zwar von neuen Charakteren handelt, allerdings auf der bereits aus dem Vorgänger bekannten Farm spielt.
 

Worum geht's in Pearl?

Es ist die Zeit des ersten Weltkriegs. In den Staaten grassiert die Influenza-Pandemie. Nebenbei ist die Sorge um die in den Krieg gezogenen Söhne allerorts spürbar. Auch die junge Pearl sieht sich täglich mit diesen beiden Dingen konfrontiert. Ihr Mann ging freiwillig an die Front. Und da sie für ihre Eltern in der Stadt die Einkäufe erledigen muss, muss sie vor allem aufgrund der schweren Krankheit ihres Vaters stets darauf achten, keine unerwünschten Viren in das ländliche Farmhaus in Texas zu bringen. Doch eigentlich träumt sie von nichts mehr, als der elterlichen Farm zu entfliehen und wie die hübschen Mädchen auf der großen Leinwand im Kino zu tanzen. Unter den Argusaugen ihrer deutschstämmigen Mutter entflieht Pearl ein ums andere Mal, um sich ihren nicht immer unschuldigen Tagträumen hinzugeben. Als dann ein Casting in ihrem Ort stattfinden, wähnt Pearl ihren Durchbruch ganz nahe, beim vorherigen Abendessen kommt es jedoch zu einem heftigen Streit zwischen ihr und ihren Eltern, der alles auf den Kopf stellt …
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So ist Pearl

So richtig vermag man den Masterplan von Regisseur Ti West und seiner Hauptdarstellerin Mia Goth noch nicht zu durchschauen. Nach dem ordentlichen, trotz aller Unterhaltsamkeit aber doch etwas vorhersagbaren X, macht Pearl nun eine Kehrtwendung. Die Slasher-Elemente weichen einer psychischen (und psychotischen) Charakterstudie, die an American Psycho erinnert; die Softporno-Ästhetik wurde durch eine Hommage an die goldene Ära Hollywoods der 1920er ersetzt, die so gut funktioniert, dass man in jeder Szene glaubt, Judy Garland käme aus Der Zauberer von Oz um die Ecke gebogen.

In erster Linie steht und fällt Pearl mit der Hauptdarstellerin Mia Goth, die ebenfalls an Drehbuch und Produktion mitwirkte. Ohnehin scheint sie momentan ein Abonnement auf die Rolle der durchgedrehten, beängstigenden Femme fatale zu besitzen, zuletzt etwa in Infinity Pool. Auch hier macht sie keine Ausnahme und zeigt ihr ganzes schauspielerisches Können, vor allem in einem schaurig-schönen Monolog im letzten Drittel des Films. Dennoch mag ein finales Urteil darüber, ob Ti West mit seiner Formel, Genrehommagen mit blutigem Slasher zu verbinden, auf Gold gestoßen ist, noch ausstehen – schließlich stellt er mindestens noch einen weiteren Film seines neuen Horror-Franchises in Aussicht. Bis jetzt lässt sich feststellen, dass es überraschend gut funktioniert. X war zumindest ordentlich, Pearl ist noch einmal ein Stück besser und lässt darauf hoffen, dass die Zukunft des blutigen Kinos mehr bereithält als Fortsetzungen und hirnlos aneinandergereihte Schockmomente.

Aus all diesen Gründen gibt’s für Pearl insgesamt 8 von 10 Tanzperformances.

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