Containern: "Das ist doch noch gut!"

Containern: "Das ist doch noch gut!"

Warum Containern nicht bestraft werden sollte

Caro und Franzi setzen sich gegen Lebensmittelverschwendung ein und wurden dafür bestraft - doch sie wehren sich.

Rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel werden in Deutschland weggeworfen.

Daran sind zu großen Teilen natürlich wir Konsument*innen schuld, weil wir Lebensmittel zu Hause falsch lagern oder die noch genießbaren wegschmeißen. Aber die große Verschwendung beginnt auch schon in den Supermärkten, die Nahrungsmittel entsorgen, obwohl sie noch haltbar sind.

Eigentlich klar, dass das nicht cool ist und geändert werden sollte - aber wie? Eine Möglichkeit ist "Containern": Einfach die noch genießbaren Lebensmittel aus den Müllcontainern der Supermärkte fischen und mitnehmen, ist ja schließlich Müll - aber eben noch genauso genießbar.

Das Problem: Containern ist in Deutschland strafbar.

Wer Lebensmittel aus den Müllcontainern der Läden holt, kann wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl angeklagt werden.

Caro und Franzi aus Olching ist genau das passiert. Sie wurden von der Polizei im Juni 2018 beim Containern erwischt, angezeigt und Anfang dieses Jahres verurteilt. Das Gericht sieht die Aktion der beiden als "besonders schweren Diebstahl" an und will, dass sie pro Person 40 Tagessätze à 30 Euro, also 1.200 Euro bezahlen. Das macht 2.400 Euro insgesamt - für bereits weggeworfene Lebensmittel. 

Wir haben mit den beiden gesprochen und sie gefragt, wie es dazu kam:

  • Containern
    Das Interview mit Caro und Franzi zum Nachhören

"Als dann der Strafbefehl mit der Anklage bei uns im Briefkasten lag, waren wir schon ganz schön baff und wollten das so nicht hinnehmen. Wir haben dann Einspruch eingelegt, uns Anwälte gesucht und ganz viel Unterstützung von Freunden bekommen, es öffentlich gemacht - und dann kam es zum Gerichtsprozess."

Nach der Revision sollten die beiden Sozialstunden leisten und sind nun auf Bewährung. Doch auch diese Strafe ist für die beiden inakzeptabel.

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck war nämlich der Ansicht, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, Caro und Franzi zu verurteilen.


Die beiden haben sich an die Öffentlichkeit gewandt und bewiesen, dass die Aufmerksamkeit nicht auf die Verurteilung gerichtet werden sollte. Und damit haben sie bisher auch schon Erfolg: Die Sensibilität für das Thema Lebensmittelverschwendung ist durch die beiden extrem gewachsen.

"Wir haben uns gefragt, wer Interesse an dieser Strafverfolgung und unserer Bestrafung hat - und wir haben bisher eine gegenteilige Antwort erfahren. Es besteht ein viel größeres Interesse daran, dass es so nicht weiter gehen kann, dass wir kein anderes Verhältnis zu unseren Lebensmitteln entwickeln dürfen."
 

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verurteilung bestätigt

Die beiden sind vor das Bundesverfassungsgericht gezogen und mussten eine Weile auf eine Antwort warten, am Ende wurde die Verurteilung jetzt aber bestätigt. Das ist für Caro und Franzi zwar schwer zu begreifen, sie sehen ihre Aktion aber nicht als komplett gescheitert:

Das juristische Verfahren hat zwar ein Ende, nicht aber der gesellschaftliche Wandel und die breite Unterstützung für das Anliegen. Denn jetzt ist es Sache des Gesetzgebers zu handeln und das Containern zu entkriminalisieren. Dafür haben Caro und Franzi schon vor einiger Zeit eine Petition gestartet - im Moment haben sie ungefähr 164.500 Unterschriften (Stand August 2020). Sie fordern, dass Supermärkte gesetzlich dazu verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel zu spenden, wie es bereits in Frankreich oder Tschechien der Fall ist. 

Außerdem wollen sie, dass die strafrechtliche Verfolgung von Containern gestoppt wird, ganz nach dem Motto: "Containern ist kein Verbrechen!" - Und dafür brauchen sie auch deine Unterstützung.

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