Italienische Popmusik ist für viele ein Lebensgefühl und prägt auch in Deutschland seit Jahren einen regelrechten Italo-Hype. Was die Musik so besonders macht, erfährst du im Interview mit Eric Pfeil.
Eric Pfeil ist Autor, Musiker, Songschreiber und: ziemlich fasziniert von Italien und seiner Musik. Im 2023 erschien sein Buch Azzurro, mit 100 Songs durch Italien, im Interview hat er verraten, warum ihn Italo-Pop so fasziniert.
Eric Pfeil über Italo Pop
Das komplette Gespräch
Musica leggera
Also "leichte Musik" - so wird italienische Popmusik auch genannt. Was Eric Pfeil daran so fasziniert, ist der Überschwang, dass es irgendwie too much ist und auch, dass es inhaltlich eine Überinformation ist. Letzteres liegt mit daran, dass Italienisch eine so melodische Sprache ist, sagt er.
"Das merkst du, [das] ist eine komplett andere Popmusik, die einfach immer den entscheidenden Schritt zu weit geht - aus unserer Warte aus." - Eric Pfeil
Er selbst war Anfang der 80er als Kind das erste Mal in Italien und ist seit dem begeistert von diesem widersprüchlichen und aufgekratzten Land, von dem wir viel lernen können, sagt er. Seitdem hat er sich mit italienischer Popmusik beschäftigt und hat mit den Jahren natürlich auch ein Wissen und Gespür dafür entwickelt, welche Interpret*innen und Songs besonders wichtig und prägend für die Musica leggera waren. Insofern fiel es ihm nicht schwer, ein Buch genau darüber zu schreiben.
Schaut man in die Charts, erzählt Eric Pfeil, findet man höchstens zwei nicht-italienische Produktionen in den Top Ten. Italienische Musik hat in Italien also einen extrem hohen Stellenwert und hilft deswegen auch dabei, das Land zu verstehen.
"Weil es eben eine so wichtige Kunstform ist, ist sie sehr nah am Alltag der Italienerinnen und Italiener dran. In diesen Liedern spiegelt sich alles." - Eric Pfeil
Da geht es nicht nur um Gelato, Aperol und Sommerhits, sondern auch um die Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden Italiens, es geht um Korruption und auch politische Instabilität, die das Land seit Jahrzehnten prägt.
Die Macht von Italo-Pop
In der Regel bezeichnen sich Italiener*innen nicht als Italiener*innen, sondern denken regional und sehen sich beispielsweise als Neapolitaner*in, Mailänder*in oder Römer*in. Die homogene Bezeichnung "Italiener*innen" wird eigentlich nur von außerhalb genutzt - mit zwei Ausnahmen allerdings, wie Eric Pfeil erklärt: wenn im Fußball gewonnen wird und bei der Musik.
"In Italien verehrt man die Popstars als mythische Figuren, als Helden geradezu. Und das sind identitätsstiftende Charaktere - die Frauen wie die Männer - und ja, das ist so der Kit, der das Land so zusammenhält." - Eric Pfeil
Der Dichter Francesco De Gregori sagte einmal, die Amerikaner*innen haben der Popmusik den Rhythmus gegeben und die Italiener*innen die Melodie, erzählt Eric Pfeil. Ganz bedeutend ist in diesem Zusammenhang auch das Festival Di Sanremo, ein Musikwettbewerb, der seit 1951 jedes Jahr stattfindet. 1958 nahm Domenico Modugno teil und sang "Volare" (Nel blu dipinto di blu).
"Und das Lied hat wirklich so den Himmel aufgerissen in Italien.[...] Und das war so ein Typ der eigentlich so den Weg freigeschlagen hat, für alles was dann kam." - Eric Pfeil
In Deutschland gibt es seit Jahren einen Italo-Hype in der Musikszene, was der Erfolg von der Crucchi Gang, Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys oder sogar Wanda zeigt. Und auch da findet man eben immer den typischen Überschwang, der anderswo fehlt, erklärt Pfeil.
Fragt man Eric Pfeil nach einem Italo-Tipp, wird er zum Einstieg immer erst mal Lucio Battisti empfehlen, das ist Italiens Lennon und McCartney, in einer Person, sagt er.
"Die Stimme - der hat so eine leicht schiefe Stimme, die sich aber traut, wahnsinnig weit oben zu singen und nach vorne zu gehen. Und die schneidet dir in eine Stelle deiner Seele, an die kommt keine andere Musik ran." - Eric Pfeil
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