Politikwissenschaftler Alexander Stulpe im Interview
Von Gloria Grünwald (Interview) | Miriam Fischer (Artikel)
KIs sind schon jetzt eigentlich nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken und ihr Einfluss wird immer größer. Damit einher gehen aber auch jede Menge Gefahren.
Künstliche Intelligenz und ihre Auswirkung auf die Politik
Welche Auswirkungen KIs auf Gesellschaft, Konflikte und Sicherheitspolitik haben können, damit beschäftigt sich KI-Experte und Politikwissenschaftler Alexander Stulpe. Er sagt beispielsweise, dass KIs in Bezug auf Desinformation definitiv das Potential haben, das gesellschaftliche Vertrauen in demokratische Institutionen zu erschüttern und die Funktionsweise der Öffentlichkeit - die essentiell für die Meinungsbildung ist - zu beeinträchtigen. Davon gehe eine Bedrohung aus, die bis hin zu gesellschaftlichen Spaltungserscheinungen und Polarisierung führen könnte. Er betont außerdem:
"Diese Technologie ist immer leichter und immer breiter verfügbar, sodass es [...] nicht leicht ist zu kontrollieren, wer genau sie zu welchen Zwecken verwendet." - Alexander Stulpe
Alexander Stulpe im Interview
Das komplette Gespräch zum Anhören
Was sind Deepfakes?
Das egoFM Reflexikon
Schon jetzt sind beispielsweise Deepfakes, also realistisch wirkende, manipulierte Videos, Audios oder Fotos, sehr schwer zu erkennen. Deepfakes werden zwar oft zur Unterhaltung erstellt, können aber genauso das Ziel haben, Desinformationen zu verbreiten oder Menschen zu demütigen. Ein anderes Problem besteht darin, dass KIs - anders als man vielleicht im ersten Moment meinen würde - weder neutral noch unfehlbar sind.
"Und ich glaube, das bestätigt einfach noch einmal, wie wichtig hierbei auch die spezifisch menschliche Kompetenz ist im Umgang damit." - Alexander Stulpe
Droht die Infokalypse?
Alexander Stulpe erklärt weiter:
"Kollegin Nina Schick spricht von einer Infokalypse im Hinblick auch auf eine Situation, in der wir eigentlich immer weniger wissen, welche Informationen wir trauen können, einfach auch, weil wir wissen, wie leicht es mittlerweile ist, Informationen, gerade auch audiovisuelle Informationen zu verfälschen, sodass unter Umständen sogar sein kann, dass wir ein echtes Video sehen und trotzdem, wenn jemand anderes behauptet, das ist eine Fälschung - man kann es im Grunde nicht belegen oder nicht nachweisen." - Alexander Stulpe
Deswegen ist die rechtliche Regulierung ganz entscheidend.
"Eine wichtige Rolle der Demokratie ist auch aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger, das Versprechen, die Garantie, dass ihre Rechte, ihre Freiheitsrechte, gewährleistet werden. Das heißt eben auch Schutz vor Kriminalität, Schutz vor Terrorismus und aus dem Grund sind auch diejenigen KI-Anwendungen, die nicht unmittelbar auf die quasi politisch intendierte Diskreditierung der Demokratie zielt, sondern auch einfach individuelle Rechte verletzen - Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Form von Identitätsdiebstahl und Ähnlichem - das sind wichtige Herausforderung, die politisch adressiert werden müssen damit eben auch hier das Vertrauen in die Effizienz der liberalen Demokratie wieder gestärkt wird." - Alexander Stulpe
Es ist wichtig, sich diesen Risiken bewusst zu sein und im Umgang mit Künstlicher Intelligenz drei Ebenen zu beachten, so Stulpe:
Demokratische Kompetenz: Bürger*innen müssen möglichst immun gegen den Einfluss schädlicher Informationen und deren Weiterverbreitung sein und brauchen ebenso eine mediale Kompetenz, glaubwürdige Quellen zu erkennen
Technik: KI-Tools müssen zur Detektion schädlicher und gefälschter Inhalte genutzt werden
Regulierung: eine korrekte Strafverfolgung muss gesetzlich geregelt sein
Es gibt aber natürlich auch viele nützliche Anwendungsmöglichkeiten
Es gibt wie bereits erwähnt Anwendungen, die beispielsweise Desinformationen, Hate Speech oder Fälschungen ermitteln können. Außerdem gibt es natürlich auch abseits dieser defensiven Anwendungen sehr viele Bereiche, in denen der Einsatz von KI das Leben angenehmer und sicherer machen kann, sagt Alexander Stulpe.
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