Wer war Josephine Baker?

Wer war Josephine Baker?

Erfolgreiche Entertainerin und Menschenrechtsaktivistin

Dass sie eines Tages als reichste Schwarze Frau der Welt und bestbezahlte Entertainerin Europas mit ihrem Leoparden im Sportwagen durch Paris fahren würde, war definitiv nicht vorherzusehen.

Der erste Schwarze Superstar

Josephine Baker kam 1906 in Missouri als Freda Josephine McDonald auf die Welt und starb 1975 in ihrer Wahlheimat Paris - dass ihr Leben dazwischen so spektakulär sein würde, ahnte bei ihrer Geburt sicher niemand. Sie wurde in Armut geboren und wuchs in den Slums von St. Louis auf, ihre Großeltern waren befreite Sklav*innen. Sie erlebte schon früh sexualisierte Gewalt und Rassismus und fehlte bereits mit acht Jahren oft in der Schule, um Jobs als Kindermädchen und Reinigungskraft zu übernehmen. Mit 13 wurde sie zwangsverheiratet und begann zur selben Zeit in Clubs zu tanzen - eine der wenigen Möglichkeiten die sie sieht, als Schwarze Frau dem Leben in den Slums zu entkommen, das von Rassismus, Gewalt und Unterdrückung geprägt ist. Die Ehe hielt nicht lange und mit 15 heiratete sie erneut: Der Zugbegleiter Willie Baker wurde ihr zweiter Ehemann. 1925 verließ sie ihn, seinen Nachnamen aber behielt sie. 

1923 bekam sie eine Rolle in dem Musical Shuffle Along in New York und wurde dort von einem Talentscout entdeckt, 1925 war sie dann Teil der Show La Revue Nègre, die im Théâtre des Champs-Elysées in Paris Premiere feierte. 

Der Auftritt in Frankreich veränderte ihr Leben für immer

Das französische Publikum war hin und weg von Josephine Baker: Sie verkörperte das zur damaligen Zeit in den Köpfen noch oft verfestigte Bild des "Fremden, Exotischen" und faszinierte damit die Zuschauer*innen. Baker war das klar und sie spielte ganz bewusst mit Stereotypen der afrikanischen Kultur und inszenierte sich als wilde, freizügige und laszive Tänzerin - das tat sie ihr Leben lang. Sie griff Elemente aus Stammestänzen auf und in ihrer berühmtesten Nummer trug sie nicht mehr als einen Rock aus Plüschbananen. Bei anderen Auftritten stand sie oft nur in Perlen und Federn bekleidet auf der Bühne und wurde aufgrund ihres gesamten Auftretens auch als "Schwarze Venus" bekannt. 


Ein weiterer Grund, warum sie so gut ankam, war ihr Tanz: Sie brachte den bis dahin völlig unbekannten, neuartigen Charleston-Tanzstil auf die Bühne und machte ihn außerhalb der USA bekannt. Mit dieser Mischung, ihrer beeindruckenden Bühnenpräsenz und ihrer humorvollen Art gewann sie Menschen in ganz Europa für sich. Für viele Schwarze Frauen war sie ein Symbol der Freiheit, des Mutes und der Emanzipation.

1926 und 1927 war sie der Star des Folies Bergère, heiratete erneut und eröffnete ihren eigenen Nachtklub Chez Josephine in Paris.


1928 bis 1930 war sie dann auf erfolgreicher Welttournee, durfte allerdings auch aufgrund ihrer aufreizenden und freizügigen Show beispielsweise nicht in Städten wie Wien, Prag, Budapest und München auftreten. Vom allgemeinen Erfolg getrieben begann Josephine außerdem zu singen und zu schauspielern, sie spielte unter anderem die Hauptrolle in zwei großen Filmen: Zouzou (1934) und Princesse Tam-Tam (1935). Zu dieser Zeit war sie die bestbezahlte Entertainerin Europas, der Inbegriff der emanzipierten Frau der 1920er Jahre und 1936 sogar offiziell die reichste Schwarze Frau der Welt. 

Josephine Baker lebte ein glamouröses Leben und ließ sich oft mit ihrem Leoparden Chiquita blicken, der ein Diamantenhalsband trug und mit dem sie in ihrem Sportwagen durch Paris fuhr oder die Champs-Élysées entlang spazierte. Sie hat nie aufgehört die wilde, skandalöse Schönheit zu spielen und hat die Faszination der Menschen durchschaut und zu ihren Gunsten genutzt.

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Als Stilikone beeinflusste sie außerdem die Modewelt - damals wie heute

Ihre markante Frisur, der Glockenhut, die Hornbrille oder eine Federboa - Josephine Baker hatte ein markantes Erscheinungsbild und wurde für viele Frauen zu einer Stilikone und es gab damals auch beispielsweise Josephine Baker-Haarpflegeprodukte und Josephine Baker-Puppen. Ihr Einfluss ist auch nach wie vor präsent: Erst letzte Woche huldigte Dior Josephine Baker bei der Paris Haute Cotoure Fashion Week:


Mitglied der Résistance

1937 heiratete Baker erneut und nahm dadurch die französische Staatsangehörigkeit an. Während des zweiten Weltkriegs gab sie ihre Arbeit auf der Bühne dann zwischenzeitlich auf und wurde 1940 teil der Royal Air Force und schmuggelte außerdem geheime Dokumente für die Résistance und den Geheimdienst und spendete große Summen ihres Vermögens für den Widerstand. Dafür bekam sie später die Croix de Guerre-Kriegsauszeichnung verliehen.

Nach 1945 kehrte sie dann zurück auf die Bühne 

Und 1947 heiratete sie zum fünften und letzten Mal und adoptierte mit ihrem Ehemann Jo Bouillon insgesamt 12 Kinder - alle unterschiedlicher Nationalitäten, Ethnien und Religionen. Sie und ihr Rainbow Tribe, wie sie ihre Familie nannte, lebten alle zusammen in ihrem Schloss Les Milandes. Sie wollte der Welt zeigen, dass die unterschiedlichsten Menschen in Frieden und Harmonie zusammen leben können.

1951 tourte sie dann durch Amerika und setzte eigenständig durch, dass es bei ihren Auftritten keine Rassentrennung gab. Sie war die erste Entertainerin, die vor einem gemischten Publikum auftreten durfte. Sie war außerdem in der amerikanischen Civil Rights-Bewegung aktiv und arbeitete mit der NAACP zusammen, beim Marsch auf Washington 1963 war sie neben Martin Luther King eine der Hauptredner*innen. Sie ermutigte Schwarze Menschen für ihre Rechte zu kämpfen und war vor allem für viele Schwarze Frauen ein großes Vorbild. Sie bekam allerdings aufgrund ihres Engagements ein Einreiseverbot in die USA, welches erst 1963 von US-Präsident John F. Kennedy aufgehoben wurde. Ihre Auftritte wurden in dieser Zeit weniger und die Menschen scheuten vor ihrem politischen Engagement zurück.

Das Leben mit dem Rainbow Tribe im Schloss wurde Ende der 60er zur finanziellen Katastrophe und führte zur Insolvenz.

Rainier III., Fürst von Monaco, und Grace Kelly, Prinzessin von Monaco und eine langjährige Freundin von Baker, halfen ihr allerdings aus und unterstützen sie bei ihrem kurzen Comeback.

Am 8. April 1975 feiert die 68-jährige Josephine Baker ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum

Im Publikum saßen damals unter anderem Pierre Balmain, Alain Delon, Mick Jagger, Sophia Loren und Jeanne Moreau - die Menge war wieder begeistert. Zwei Tage später erlitt Josephine Baker dann allerdings einen Schlaganfall und verstarb am 12. April. 



Bei Josephine Baker sollte die Frage wahrscheinlich nicht lauten "Wer war sie?", sondern "Wer war sie nicht?".

Bekannt wurde sie als Sängerin, Tänzerin, Schauspielerin, Mitglied der Résistance, Civil Rights-Aktivistin, Stilikone, 12-fache Mutter und als Symbol für sexuelle Befreiung und Emanzipation. Sie erkämpfte sich ihren Weg von den Slums in St. Louis zur reichsten Schwarzen Frau der Welt und wurde sogar als französische Nationalheldin geehrt: 2021 wurde sie als erste Schwarze Frau in das Pariser Panthéon aufgenommen - symbolisch, ihr Grab blieb in Monaco.

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