Von Biodiversität und Kommunikation der Pflanzen

Von Biodiversität und Kommunikation der Pflanzen

Prof. Dr. Helge Bruelheide im Interview mit egoFM Elise

Von  Elise Hoffmann (Interview)
Wie kommunizieren Bäume miteinander? Was können wir tun, damit die Biodiversität auf unserem Planeten nicht verloren geht? Das erklärt Prof. Dr. Helge Bruelheide.

Prof. Dr. Helge Bruelheide ist Geobotaniker an der Universität Halle und Co-Direktor des deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Als Geobotaniker beschäftigt er sich nicht nur mit Botanik, sondern auch mit der räumlichen Verbreitung von Pflanzen. Außerdem leitet er die Initiative "sPlot", in deren Rahmen am iDiv die erste globale Datenbank zur Vegetation der Erde aufgebaut wurde. Im Interview spricht er über die riesige Vielfalt der Pflanzen auf unserer Erde, aber auch die Bedrohung dieser Biodiversität.
  • Geobotaniker Prof. Dr. Helge Bruelheide zu Gast bei egoFM Elise
    Das Interview zum Anhören

Ein Datenschatz voller Pflanzen

300.000 Arten höherer Pflanzen, also Bäume, Sträucher, blühende Kräuter, Farne und deren Verwandte - so viele gibt es auf unserem Planeten. Viele davon sind Teil der Datenbank sPlot, die Prof. Dr. Helge Bruelheide leitet. Es ist die erste globale digitale Datenbank, in der Forscher*innen alle Pflanzenvorkommnisse weltweit sammeln. Und obwohl diese Zahl schon beachtlich ist, ist sich der Pflanzenforscher sicher, dass es noch viele unerkannte Pflanzen gibt. Vor allem im Regenwald ließen sich noch neue Arten finden, erzählt der Geobotaniker. Das Problem hierbei jedoch: Der Regenwald stirbt durch die Abholzung und den Klimawandel schneller weg, als dass er komplett erforscht werden kann.


Verlust von Biodiversität

Der Verlust des Regenwalds geht auch einher mit dem Artensterben. Prof. Dr. Helge Bruelheide erwähnt einen Bericht des Instituts für Biodiversität IPBES: Circa acht Millionen Tier- und Pflanzenarten gebe es nach dessen Schätzung auf unserem Planeten. Davon stünden aber circa eine Million auf der roten Liste und seien somit vom Aussterben bedroht.
"Wir können davon ausgehen, dass wir mehr als 10 Prozent unserer Arten, die auf dem Planeten leben, in nächsten Jahren verlieren werden, wenn wir nicht dringend etwas tun." – Prof. Dr. Helge Bruelheide

Wenn man die Habitate richtig pflegt, so der Geobotaniker, könne man die Biodiversität in eine positive Richtung lenken und das Aussterben sogar rückgängig machen. Trotzdem stünden aber immer noch ein Drittel aller Arten auf der roten Liste. Vorne mit dabei sind vor allem die Bewohner der Acker. Aufgrund von effektiver Landwirtschaft wachsen diese nicht mehr darauf und auch in Mooren, die durch den Klimawandel austrocknen oder vom Menschen trockengelegt werden, gehen immer mehr Arten verloren.

 

Bäume warnen sich gegenseitig

Vor bestimmten Gefahren können sich Pflanzen aber sogar gegenseitig warnen, sagt Prof. Dr. Bruelheide. Wenn ein Baum gefressen wird, also wenn zum Beispiel eine Raupe ein Blatt anknabbert, scheide er flüchtige Substanzen über die Luft aus. So kann er Nachbarbäume vor Fressfeinden warnen. Der Baum bildet dann Unverdauliches, dass die Raupe nicht weiterfrisst und gibt dieses Signal an andere Blätter und andere Bäume weiter. Ob das auch mit unterschiedlichen Arten möglich sei, also eine Birke eine Eiche warnen könnte, ist laut ihm noch nicht erforscht.

 

Kommunikation von Menschen und Pflanzen

Und können wir Menschen mit Pflanzen kommunizieren? Eher indirekt, meint Prof. Dr. Bruelheide. Der Geobotaniker erwähnt ein Gen, das Dr. Maria Pimenta Lange und Prof. Theo Lange vom Institut für Pflanzenbiologie der Technischen Universität Braunschweig entdeckt haben. Demnach würde beim Streicheln von Pflanzen ein Hormon ausgeschieden, das das Wachstum fördert.
"Da ist natürlich keine Kommunikation verbunden, sondern es ist nur der Berührungsreiz gewesen […]. Aber es geht jedenfalls auch mit Streicheln." – Prof. Dr. Helge Bruelheide

Zusammenhang von Pflanzenwelt und Klimawandel

Nochmal zurück zur Biodiversität: Wie jegliches Leben auf unserem Planten reagiert auch die Pflanzenwelt auf sich verändernde Temperaturen und Niederschläge. Der Forscher erklärt, dass Wälder nur dort existieren können, in denen es mindestens 300 Millimeter Niederschlag, also 300 Liter Wasser pro Quadratmeter regnet. Mit vielen trockenen Sommern ist die Existenz von Wäldern also gefährdet.
"Wenn sich solche [trockenen] Jahre wiederholen, müssen wir davon ausgehen, dass wir die Wälder zumindest in der Ebene verlieren, wo es nicht mehr regnet wie im Gebirge und außerhalb der Flussauen." – Prof. Dr. Helge Bruelheide

Für Biodiversität und gegen Klimawandel

Wie müssten wir denn beispielweise in Deutschland unsere Wälder, Wiesen, Parks, Gärten gestalten, sodass wir dem Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität entgegenwirken können? Der Geobotaniker sagt, es sei wichtig, sich die Frage zu stellen, wie man die Landwirtschaft resistenter gegen Trockenheit machen könne. Es gebe zwar bereits Bestrebungen, die richtigen Sorten anzubauen, die trockenresistenter sind. Momentan sei die Landwirtschaft aber noch häufig auf einen möglichst hohen Ernteertrag ausgerichtet, anstatt auf bedachte Auswahl der Sorten. Hier fordert Prof. Dr. Bruelheide ein Umdenken. Auch die Acker seien durch die Landwirtschaft der letzten Jahre durch starke Pflügungen und Düngung extrem misshandelt worden, meint der Forscher. Dadurch ist der Humusgehalt gesunken. Diese organische Substanz ist aber eigentlich wichtig, damit der Boden Wasser speichern kann. Abseits von der Landwirtschaft sei auch Veränderung in der Stadt und in unseren Gärten nötig:
"Die Städte sind mittlerweile für derartige Tierarten Zufluchtsort geworden. Deswegen kann man nur dafür plädieren, dass Leute ihre Gärten blumenreich gestalten." – Prof. Dr. Helge Bruelheide

Was einzelne Städte bereits gegen den Klimawandel und für Biodiversität tun, findest du zum Beispiel hier.

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