Schule in Zeiten der Pandemie

Schule in Zeiten der Pandemie

Das komplette Interview aus egoFM Reflex mit Laura Körner

Von  Gloria Grünwald (Interview) | Miriam Fischer (Artikel)
Seit zwei Jahren herrscht für Schüler*innen absoluter Ausnahmezustand und die Situation wird immer problematischer - die Kampagne #WirWerdenLaut wendet sich jetzt mit einem offenen Brief und einer Petition an die Politik.

Laura Körner ist in der Landesschüler*innenvertretung von NRW und Mitinitiatorin der Kampagne "Wir werden laut - Schulen in der 5. Welle", die mehr als 100 Schüler*innenvertreter*innen gestartet haben. Im Interview mit Gloria spricht sie darüber, wie es ihr und vielen ihrer Mitschüler*innen im Moment geht und welche Forderungen #WirWerdenLaut an die Politik stellt.

Schulen im Ausnahmezustand

Schulschließungen, Distance Learning, Wechselunterricht, Maskenpflicht - seit zwei Jahren befinden sich Schulen im Ausnahmezustand und die fünfte Welle trifft Bildungseinrichtungen besonders hart. Die meisten Bundesländer setzten aktuell aber nach wie vor auf Präsenzpflicht, was immer wieder diskutiert wird.
  • Laura Körner im Interview
    Das komplette Interview zum Anhören

Laura erzählt, dass sich viele Schüler*innen mit den aktuellen Regelungen unwohl und vor allem nicht sicher fühlen: 
"Man fühlt sich da auch selber in einer ganz komischen Verantwortung, wenn man weiß 'ich saß gestern neben einer Person, die nachgewiesener Maßen Omikron hat und ich muss aber trotzdem weiter in die Schule'. Ich hab dann die ganze Zeit die Sorge, dass ich jetzt alle um mich herum anstecke und ich glaube, das geht gerade ganz, ganz vielen so, dass man sich einfach super Sorgen macht, darüber, dass es einem selber schlecht geht, dass man zu Hause Leute ansteckt oder generell auch eben in der Schule Leute ansteckt." - Laura Körner


Sie haben den Eindruck, von der Politik übergangen und im Stich gelassen zu werden.

Die Kampagne #WirWerdenLaut will das ändern. Mehr als 100 Schüler*innenvertreter*innen haben sich in einem offenen Brief direkt an Politiker*innen gewandt und fordern unter anderem eine Bildungspflicht, statt Präsenzpflicht.
"Unsere wichtigste Forderung ist, dass wir nicht mehr dazu gezwungen werden, uns diesem Risiko auszusetzen und weiterhin in die Schulen gehen zu müssen." - Laura Körner

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Laura Körner, Mitinitiatorin von #WirWerdenLaut

#WirWerdenLaut fordert explizit eine Bildungspflicht und keinen grundsätzlichen Distanzunterricht.

Distanzunterricht verstärkt Chancenungleichheit und ist deswegen keine Lösung, sagt Laura deutlich. Stattdessen soll sich jede*r Schüler*in frei entscheiden können, ob sie daheim oder in der Schule unterrichtet werden will. Das bedeutet einerseits aber auch, dass Schüler*innen zu Hause mit entsprechenden Materialien von der Schule versorgt werden müssen und andererseits, dass an den Schulen höhere Sicherheitsvorkehrungen herrschen müssen. Für ihre Forderungen hat sich die Initiative an den RKI S3 Richtlinien orientiert: Es müssen zum Beispiel ausreichend Luftfilter an den Schulen vorhanden sein und FFP2-Masken sollen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. 


Wie es aktuell mit den Luftfilteranlagen an Schulen ausschaut, haben wir dir hier noch mal kurz in unserem egoFM Reflexikon zusammengefasst. 


Immer mehr Schüler*innen infizieren sich

In dem offenen Brief heißt es "Der aktuelle Durchseuchungsplan ist unverantwortlich und unsolidarisch." Die Regierung betont allerdings immer wieder, dass es einen solchen Durchseuchungsplan nicht gibt - der Eindruck, der bei vielen Schüler*innen entsteht, ist aber ein anderer: Immer mehr junge Menschen infizieren sich in der Schule und das wird - so kommt es bei vielen an - billigend in Kauf genommen. Laura hat, genau wie viele andere, das Gefühl, diese Situation wird klein geredet und die Regierung legt es eben insgeheim doch auf eine Grundimmunität, eine "Durchseuchung", an. 
"Es kommen so viele Hilfeschreie von Eltern, von Schüler*innen und es wird immer wieder runter geredet mit "es ist doch nur Omikron" und das finden wir einfach komplett falsch. Weil ja, es ist vielleicht nicht so schlimm vom Verlauf her wie Delta und trotzdem ist es für einige Schüler*innen super gefährlich. [...] Da haben wir einfach den Eindruck, es wird ignoriert und in Kauf genommen, dass sich alle infizieren." - Laura Körner


Außerdem braucht es mehr Schulpsycholog*innen und Schulsozialpädagog*innen: 

Junge Menschen werden seit zwei Jahren mit dieser mental äußerst belastenden Situation im Stich gelassen und keine*r hat Kapazitäten, sich darum zu kümmern, sagt Laura. Die Lehrer*innen versuchen es zwar immer wieder, aber zum einen sind sie eben nicht dahingehend ausgebildet und zum anderen auch einfach selbst am Limit. Laura erzählt, dass es dringend zusätzliche Menschen braucht, mit denen man reden und die Probleme der letzten zwei Jahre aufarbeiten kann. 


Den Initiator*innen von #WirWerdenLaut ist es wichtig, dass Schüler*innen endlich mit einbezogen werden.

Sie betonen, dass endlich mit ihnen statt nur über sie geredet werden muss. Sowohl Bildungsministerin Stark-Watzinger, als auch die Präsidentin der Kultusminister*innenkonferenz Karin Prien haben via Twitter bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Auch mit Abgeordneten aus dem Bundestag stehen die Initiator*innen in Kontakt. Die Politik reagiert also zumindest, was daraus wird, bleibt abzuwarten.

Die Petition #WirWerdenLaut hat jedenfalls bereits über 130.000 Unterschriften und wenn auf ihre Forderungen nicht eingegangen werden sollte und keine Veränderung stattfindet, schließt #WirWerdenLaut auch Schulstreiks nicht aus, sagt Laura.

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