5 berühmte Jamaikaner*innen

5 berühmte Jamaikaner*innen

Von Bobfahrern und Pop-Ikonen

Von  Viktoria Molnar
Der karibische Inselstaat ist so bunt wie die Flagge des Landes selbst. Wir stellen dir inspirierende Persönlichkeiten aus Jamaika vor.

Grace Jones

Sie war Model, Sängerin, Schauspielerin - kurz gesagt eine One-Woman Show, die ihr Leben der Performance verschrieb - bis heute. Grace Beverly Jones wurde 1948 bei Kingston, Jamaika geboren und wuchs bei ihren Großeltern auf - eine streng religiöse Kindheit, geprägt von Schlägen und Misshandlungen. Anfang der 60er Jahre holten sie ihre Eltern in die USA, wo sie mit der Theatergruppe ihres Colleges auf Tournee ging. Zuhause ausgezogen, performte sie als Go-Go-Tänzerin und betrat von dort aus die Welt der Mode. Extravagante Kleidung, kühle, klare Schnitte, immer ein bisschen androgyn - sie machte ihre Haut zur Marke und zur Leinwand: Von Keith Haring ließ sie sich bemalen und mit Andy Warhol zog sie durch das legendäre Studio 54, in den 80ern einer der angesagtesten Nachtclubs der Welt.

Das berühmteste Bild der Jamaikanerin hat übrigens der Vater ihres einzigen Kindes, der Fotograf Jean-Paul Goude, geschossen: Das Cover für ihr Album Island Life, eine Compilation-Platte, die zu ihren meistverkauften gehört und die ersten neun Jahre ihrer musikalischen Karriere zusammenfasst. Zum Album des Jahres 1981 wurde aber ihr Album Nightclubbing vom New Musical Express gewählt, dem Magazin, das als Pop-Institution gilt. Trotz ihres Erfolges oder genau deswegen, war die Powerfrau stets Außenseiterin - so wurde die Pop Diva auch zur Ikone der LGBTQ+ Szene. Und auch heute noch performt Grace Jones im Alter von 74 Jahren und wirkt dabei unwirklich jung geblieben. Vielleicht hat sie auch das ihrer unendlichen Energie zu verdanken.

 

Cool Runnings Team

Sie kannten keinen Schnee und das Bobfahren war für sie komplett neu. Sie wurden belächelt. Und trotzdem qualifizierten sie sich für die Olympischen Spiele 1988... im Bobfahren. Die wahre Geschichte der Cool Runnings Bobmannschaft aus Jamaika klingt beinahe wie ein Märchen. Die Ursprungsidee der Mannschaft hatten zwei Amerikaner bei einem Seifenkistenrennen. Als Zuschauer merkten sie, wie schnell die teilnehmenden Jamaikaner*innen die Kisten anschieben konnten - eigentlich kein großes Wunder, da Jamaika als die Nation des Sprints gilt. Statt Laufbahn also Eiskanal, dachten sie sich und rekrutierten kurzer Hand vier Männer vom jamaikanischen Militär - die zuvor angefragten Leichtathleten hatten die Idee nur belächelt. Trainiert wurde die neue Mannschaft von Howard Siler, einem Ex-Bobsportler. Und mit ihm geschah das Wunder.

Die Mannschaft aus Jamaika, einem Land in dem es auf den Bergen ganz selten einmal schneit, doch der Schnee niemals liegen bleibt, hatte sich 1988 für die Olympischen Winterspiele qualifiziert. Bei diesem ersten Start hatten sie noch mit vielen Unfällen und technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Vier Jahre später aber hatten sie sich so stark verbessert, dass sie den 14. Platz erreichten - vor Bob-Nationen wie den USA, Russland und Frankreich. Seitdem nimmt Jamaika immer wieder an den Spielen Teil, auch 2022 in Peking wieder. Und verkörpert dabei den olympischen Geist wie nur wenige. Der Film Cool Runnings hat übrigens relativ wenig mit den wahren Begebenheiten zu tun, doch diesen Sportsgeist hat er ganz gut getroffen.
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  • Cool Runnings Team
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  • Usain Bolt
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  • Sister Nancy
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  • Marcus Garvey
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Usain Bolt

2009, Leichtathletik WM, Berlin. Usain Bolt, der Spitzensportler aus Jamaika, knackt den Weltrekord im Sprint auf 100 Meter in sagenhaften 9,58 Sekunden. Bis heute ist der utopische Rekord ungeschlagen. Gedopt haben soll Bolt selbst nie, doch die Goldmedaille im Staffellauf wurde ihm zwecks Doping aberkannt. Nicht etwa er selbst war Schuld daran, sondern sein gedopter Teamkollege. Anerkannte Sportphysiolog*innen errechneten anhand Bolts Körperbaus übrigens, dass er die 100 Meter bei gutem Rückenwind auch in 9,46 Sekunden hätte laufen können.

Aber nicht nur Bolt, sondern auch etliche andere Jamaikaner*innen gewinnen Medaille um Medaille: Zuletzt seine Landsfrau Shelly-Ann Fraser-Pryce im Jahr 2022, als sie bereits zum fünften Mal Weltmeisterin auf 100-Meter wurde.

Aber was macht die Jamaikaner*innen so unglaublich schnell?
Laut einer Studie der Rutgers Universität in New Jersey könnte es an der Form der Knie liegen, die bei den Spitzensportler*innen auffallend symmetrisch ausfällt. Daher verlieren sie beim Bewegungsablauf weniger Energie. Ein anderer Grund könnte in der Kultur liegen: Leichtathletik ist Nationalsport und so werden Kinder und Jugendliche von Anfang an in Schulprogrammen gezielt im Sprint trainiert. Usain Bolt hat sich 2017 im Alter von 30 Jahren aus dem Spitzensport zurückgezogen und lässt somit dem Nachwuchs die Möglichkeit seine Rekorde zu brechen. Doch bis es soweit ist, bleibt Usain Bolt der schnellste Mann der Welt.

Sister Nancy

Jay-Z, Kanye West, Lauryn Hill - sie alle haben diesen Song gesampelt. Das Lied "Bam Bam" war über einhundert Mal Grundlage für Lieder verschiedenster Künstler*innen, wie auch für Werbungen und Filme. Die Sängerin Sister Nancy wurde dabei immer gefeiert als die Mutter des weiblichen Dancehalls. Und trotzdem hatte sie jahrelang nichts vom Welterfolg des Songs "Bam Bam", den sie - Zitat - "nur aufnahm", um das Album abzuschließen. Aber von vorne: Sister Nancy, wurde geboren in Kingston, Jamaika. Nachdem sie mit Künstlern wie YellowMan gespielt und auf dem Reggae Sunsplash, dem größten Festival der Reggae und Dancehall Szene, als erste Frau performt hatte, nahm sie 1982 ihr Debütalbum auf. Es sollte ihr letztes bleiben.

Gut 15 Jahre später, nachdem Sister Nancy bereits in die USA gezogen war, hörte sie ihren Song "Bam Bam" in einem US-amerikanischen Film und begriff daraufhin, was für ein Hit das Lied gewesen sein muss. Auf Jamaika war "Bam Bam" nämlich nie wirklich bekannt und ihr Produzent hatte sie auch nie über den Welterfolg informiert. Erst nachdem sie ihren Song in einer Reebok Werbung gesehen hatte, entschied sich Sister Nancy dazu, ihre Rechte einzuklagen. 32 Jahre nachdem der Song aufgenommen wurde, gewann sie den Prozess, bekam aber nur die letzten zehn Jahre kompensiert. Mittlerweile hat sie 50 Prozent der Rechte an ihrem Song "Bam Bam". Da es in den rassistischen 80ern üblich war, schwarzen Künstler*innen ihre Rechte vorzuenthalten, erhielt Sister Nancy übrigens bis dahin auch nur einen Cent für das Album One, two.

Marcus Garvey

Im 18. Jahrhundert noch war Jamaika der Hauptumschlagplatz für afrikanische Sklav*innen. Viele von ihnen wurden verkauft, viele mussten in den Zuckerrohrplantagen arbeiten. Ab 1807 dann wurde die Sklaverei auf Jamaika verboten. 80 Jahre später wird Marcus Garvey geboren in Saint Ann's Bay, Jamaika. Seine Familie lebte in Armut und von Kindesbeinen an bekommt er den vorherrschenden britischen Kolonialismus zu spüren. Garvey reift schon früh zu einem kritischen Denker heran und in ihm wächst die Idee einer revolutionären Bewegung. Nachdem er in Jamaika keine Anstellung mehr findet, dank antikolonialen Gedankenguts, zieht er über Umwege nach New York, wo er als Publizist und Verbandspolitiker arbeitet. Seine revolutionäre Idee wird konkret als er die UNIA gründet, eine Vereinigung mit dem Ziel alle People of Colour zu vereinen und sie aus der Kolonialisierung zu befreien.

 "Wir wollen alle Schwarzen in diesem Land vereinen. Wir wollen, dass jeder Schwarze für ein gemeinsames Ziel arbeitet, nämlich für den Aufbau einer eigenen Nation auf dem großen Kontinent Afrika." - Marcus Garvey

Das formuliert der charismatische Garvey in einer Zeit, in der People of Colour in US-amerikanischen Filmen und auf Plakaten außerordentlichem Rassismus ausgesetzt waren. Um dem zu entfliehen, so seine Idee, gründet er die Black Star Line, eine Schifffahrtsgesellschaft, die die Auswanderung aller Schwarzen nach Afrika propagiert. Die Gesellschaft geht wegen Missmanagements kurz darauf pleite und Garvey wird wegen Betrugs vom FBI abgeschoben. Er zieht nach London und stirbt 1940 vereinsamt. Auf seiner Heimatinsel Jamaika prophezeite er zu Lebzeiten die Krönung eines Schwarzen Königs in Afrika. Damit setzte er sich selbst ein Denkmal, denn noch heute wird er vor allem von den Rastafari gefeiert wie ein König.

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