10 Stunden in DIONYSOS STADT

10 Stunden in DIONYSOS STADT

...in den Münchner Kammerspielen

Die Münchner Kammerspiele laden für eine Theaternacht in die Dionysos Stadt ein und machen die Tragödien und Komödien der alten Griechen im Spiegel der Zeit erlebbar.

Theater früher hieß: Die Stadt versammelt sich, trinkt Wein und schaut sich den ganzen Tag über Dramen an. Volksfest und -versammlung zugleich. Nebenbei wird Politisches besprochen. Dieser Spirit ist in unserer Zeit irgendwie etwas abhanden gekommen - außer in den Münchner Kammerspielen.

Christopher Rüping nimmt sich dort nämlich nun wieder die Dionysien - das Theaterfestspiel der alten Griechen - zum Vorbild und inszeniert ein zehnstündiges Antikenspektakel.


Eine ganze Nacht lang Serien binge watchen... das hat ja fast jeder schon mal gemacht. Aber eine ganze Nacht im Theater verbringen, das ist neu. Zehn Stunden lang werden in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2019 verschiedene Stücke auf die Bühne gebracht, in denen die Konflikte der damaligen Zeit behandelt werden – im Spiegel von heute. Mit dabei sind unter anderem Prometheus, Achill, Kassandra, Elektra und Odysseus, was verrückter klingt als jedes Festival Line Up, oder?

Christopher Rüping überschreibt die antiken Tragödien und verwendet dafür Texte von Homer, Goethe bis zu Heiner Müller.

Pausen dürfen dabei nicht zu kurz kommen.

Natürlich kann niemand zehn Stunden lang ruhig dasitzen und sich hochkonzentriert Theaterstücke ansehen. Das ist bei der Theaternacht allerdings auch überhaupt nicht so geplant. Es findet nämlich ungefähr alle zwei Stunden eine längere Pause statt. Dann gibt es Kaffee, Kuchen, Fingerfood und gute Gespräche, manchmal sogar die Möglichkeit zu tanzen. So kann man sich immer wieder ein bisschen auflockern und Energie für den nächsten Teil tanken. Am nächsten Morgen gibt es dann sogar noch ein gemeinsames Frühstück. In den Pausen kann man außerdem Menüs vorbestellen, es wird angestoßen und genossen - ein bisschen nach griechischem Vorbild. Nur wird es dabei wahrscheinlich nicht ganz so ekstatisch zugehen. Schließlich wird auf der Bühne harter Tobak besprochen:
"Die Macht der Götter, der Fluch der Atriden, unauflösliche Konflikte, nicht enden wollende Kriege. Doch die nicht ganz so alten Griechen wollen nicht länger Opfer des Schicksals sein, von äußeren Zwängen determiniert werden, die ständig und unausweichlich über sie hineinbrechen.
Sie treten in Konflikt mit den Göttern und der Welt der Mythen, beginnen zu hadern, auch wenn jeder Ausweg zunächst der Falsche zu sein scheint, schuldbeladen und fatal."
Diesen Themen soll sich laut Münchner Kammerspielen aus zeitgenössischer Perspektive genähert werden - in einem einzigartigen Setting.

Der Schauspieler Benjamin Radjapour erzählt im Interview, dass es bisher fast nur positive Rückmeldung zu den zehnstündigen Aufführungen gab.

Die waren bisher immer tagsüber, die Theaternacht ist am 8. Februar einmalig. Zuschauer und Schauspieler müssen sich natürlich immer wieder stärken, um konzentriert und wach bleiben zu können, aber Theater-Bingewatching kann tatsächlich ziemlich bereichernd sein. Die Themen, von denen die Stücke handeln, sind keine eingestaubten Schinken, sondern auch für unsere heutige Zeit aktuell und relevant. 
Übrigens ist eine zehnstündige Nachtvorstellung natürlich nicht nur für alle Zuschauer eine ganz neue Erfahrung, sondern auch für die Schauspieler, die dafür ziemlich lange fit bleiben und jede Menge Text lernen müssen. 

Musikalische Untermalung gibt es übrigens von Matze Pröllochs von Me and my Drummer.





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