Die Essbare Stadt

Die Essbare Stadt

Katrina Mc Kee im Interview mit egoFM Max

Von  Max Klement (Interview)
Mitten in der Stadt gärtnern, um so die Versorgung von Menschen und Tieren anzukurbeln. Wie das Prinzip der Essbaren Stadt funktioniert und was es bringt, erklärt Katrina Mc Kee von der Essbaren Stadt Köln.

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Foto: egoFM
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    Katrina Mc Kee im Interview mit egoFM Max

Platz für den grünen Daumen

Es ist doch immer wieder derselbe Struggle: Du kaufst dir einen Basilikum, um dann richtig edel deine Spaghetti oder Tomate Mozzarella zu garnieren. Der Topf steht auf dem Fensterbrett und sieht erstmal auch schön aus. Zumindest für so zwei Tage. Denn dann ist der Basilikum auf einmal trocken und braun, verliert alle seine Blätter und dein Kräuterherz bricht erneut. Okay, vielleicht bist du ja auch DER*DIE Expert*in und denkst bei diesen Zeilen jetzt nur stolz an deinen bepflanzten Balkon. Aber egal ob grüner Daumen oder nicht: Vor allem in Städten ist es nicht immer easy mit dem Gärtnern. Nicht jede*r von uns hat Platz und die Grünflächen sind knapp. Um das zu ändern, gibt es ein Prinzip, das Bürger*innen motiviert, mitten in der Stadt zusammen zu gärtnern: Die Essbare Stadt.



Ernte aus dem urbanen Raum

Die erste ist 2008 in Todmorden in England entstanden. Die Idee war, immer mehr Städte anzuregen, im urbanen Raum Lebensmittel selbst herzustellen. Auch Köln ist seit einigen Jahren eine Essbare Stadt. Katrina Mc Kee vom Ernährungsrat Köln koordiniert das Projekt. Konkret gehe es darum, sich zu fragen, wie man städtisches Gebiet für Mensch und Tier essbar gestaltet. Laut Katrina zählen dazu in Köln auch Insektenweiden oder Blühwiesen. Mittlerweile gibt es über 40 stadtweite Initiativen, die zum Beispiel Gemeinschaftsgärten aufbauen, in denen die Menschen zusammenkommen und Gemüse ernten können – selbst wenn sie nicht unbedingt die waren, die es angebaut haben. Die Initiativen werden ermutigt, sich nicht abzugrenzen und keine Zäune aufzustellen, denn so bestehe Hoffnung, dass durch die Motivation immer mehr Gärten entstehen und alle davon profitieren können.
"Es ist schon auch etwas, was dieses Prinzip von Eigentum und Privatbesitz aufbrechen soll. Ganz konkret geht’s eben darum, dass die Stadt auch als Gemeingut genutzt wird und eben auch das, was dort angebaut wird." – Katrina Mc Kee



Sorge vor Vandalismus?

Durch diesen offenen Ort hätten Initiativen zwar anfangs manchmal Angst vor Vandalismus, schließlich hat meistens jede*r Zutritt zu den Gärten. Diese Sorge versuchen Katrina und ihr Team aber zu nehmen und geben folgenden Tipp:
"Die Leute vor denen ihr am meisten Angst habt, bezieht die mit ein […]. Guckt, dass ihr mit denen zusammenarbeitet, dass auch nicht so ein Gefühl von wir und die entsteht […]. Auf einmal achten viel mehr Leute auf den Garten, weil sie [ihn] auch als Anteil von sich auch sehen, das klappt meistens ganz gut." – Katrina Mc Kee

Unterstützung der Initiativen

Das Projekt unterstützt die Initiativen außerdem dabei, wenn es darum geht, eine Fläche zu finden, Kompost für Hochbeete zu beschaffen oder einen Wasseranschluss zu installieren. Immer wieder gibt es Events wie das Saatgustfestival, die Jungpflanzentauschbörse oder Workshops mit Tipps fürs Gärtnern.

 



Bewusstsein für unsere Lebensmittel

Neben dem Ziel, Lebensmittel zu erzeugen will die Essbare Stadt auch das Bewusstsein über unser Essen stärken. Auch unabhängig von dem Projekt empfiehlt Katrina, sich damit auseinander zu setzen, beispielsweise mit Dokumentationen und beim Einkaufen sich folgende Fragen zu stellen, um den Blick für Lebensmittel zu schärfen:
  • Was ist gerade in Saison?
  • Welches Gemüse und Obst gibt es regional?
  • Wie weit war der Transportweg?
  • Wer baut mein Essen an und wie sind ihre Bedingungen und Bezahlung?


Inklusion und Zusammenkommen in der Essbaren Stadt

Ein weiterer wichtiger Punkt, den das Projekt verfolgt, ist die Menschen zusammenzubringen. Durch die Auflockerung des öffentlichen Raums, erklärt Katrina, werde ein Ort der Begegnung geschaffen. Hier können sich die Bewohner*innen austauschen, kennenlernen und ihre Nachbarschaft stärken. Auch Menschen aus anderen Ländern haben die Möglichkeit, Gemüse aus ihrer Heimat anzubauen. Der soziale Aspekt soll vor allem auch im Winter gestärkt werden. Während der kalten Jahreszeit, in der nur noch wenig angepflanzt wird (Katrina empfiehlt wenn dann Beerensträucher oder Wintersalate), eigne sich die Zeit, um sich ums Netzwerken zu kümmern oder Gruppendynamiken für den Sommer aufzubauen.





Essbare Stadt fürs Klima

Neben dem Bewusstsein für unsere Lebensmittel und der Zusammenkunft der Menschen, ist der essbaren Stadt aber vor allem Eines wichtig: Als Stadt resilienter gegen die Klimakrise zu werden. Dies gelinge, so Katrina, vor allem durch die kurzen Transportwege, schließlich kommt das Gemüse und Obst direkt aus Köln. So können die Emissionen im Lebensmittelsektor verringert werden. Außerdem hilft die Begrünung der Stadt, die Temperatur zu regulieren. Laut einer Studie der University of Plymouth helfen begrünte Wände vor allem bei alten Gebäuden, die Tagestemperaturen stabil zu halten, wodurch im Winter weniger geheizt werden muss. Im Sommer kühlen dann Bäume die Städte ab, laut der ETH Zürich sogar um bis zu 10 Grad. Die Essbare Stadt sei dabei zu fordern, dass 70 Prozent der Neubepflanzung essbare Gehölzer sind, die sowohl Schatten spenden, aber auch erntbar sind. Um immer wieder Flächen für die Begrünung zu finden, arbeitet die Essbare Stadt kooperativ mit der Stadt Köln zusammen.



Wie wird deine Stadt eine Essbare Stadt?

Wenn du selbst mitmachen möchtest und in Köln lebst, kannst du einfach auf die Homepage der Essbaren Stadt klicken und die Initiativen kontaktieren, für die du dich interessierst. Und falls du in einer anderen Stadt wohnst, in der das Projekt so noch nicht existiert, dann hat Katrina einen Ratschlag: Am Ball bleiben!
"Egal wie klein das Beet ist, das man anlegt, das hat stadtplanerisch und politisch Einfluss und das hat eine Wirkung. Und wenn man das eben in den Kontext von klimagerechter Stadt und ernährungsgerechter Stadt setzt, dann ist das eben auch ein brisantes Thema. […] Und das ist auch wichtig für den Diskurs." – Katrina Mc Kee

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