Real Talk: Wir müssen uns vom Gedanken dieser starren Arbeitsmodelle verabschieden - ganz im Sinne der Gemeinwohlökonomie.
Zwischen Selbsterfüllung und bloßer Existenz
Ach, sie hat es schon schwer heutzutage und muss alles gleichzeitig erfüllen - Leidenschaft sein, dem Menschen Sinn geben und Erfüllung bringen. Die Arbeit. Dabei ist sie (mit den richtigen Privilegien) eigentlich eine Quelle von Energie und gibt dem Menschen Selbstwirksamkeit. Doch der Leistungsdruck heutzutage wird immer größer.Einen Beitrag zum Gemeinwohl leistet, wer zufrieden ist.
Wie man das erreichen kann? Durch Arbeitsmodelle, die das menschliche Wohlergehen über die Arbeit stellen. Welche Modelle gehen einen Schritt in Richtung Gemeinwohl? Vicky hat sich damit auseinandergesetzt.Der Druck steigt, Überstunden häufen sich
Man muss mehr schaffen - in kürzerer Zeit. Und trotzdem sammeln wir Menschen fleißig Überstunden - rund 1,7 Milliarden im letzten Jahr alleine in Deutschland. Entgegen diesem Wahnsinn hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2019 erlassen, dass die Arbeitszeit eines jeden Arbeitnehmers erfasst werden muss. Beschäftigte dürfen so pro Woche maximal 48 Stunden arbeiten und müssen täglich elf Stunden Ruhezeit am Stück bekommen. Ob die sogenannte Stechuhr des 21. Jahrhunderts aber wirklich Abhilfe schafft und dem Menschen mehr Zufriedenheit schenkt, sei dahingestellt. Gut wäre es, denn zufriedene Menschen sind nicht nur glücklicher, sondern sind auch entspannter im Umgang mit ihrem Umfeld - haben also einen positiven Effekt auf das Gemeinwohl.Moderne Arbeitsmodelle, jetzt!
Um das zu bewerkstelligen, muss die Arbeit aber nicht unbedingt verkürzt, sondern in Ihrer Essenz neu gedacht werden. Sie sollte dem Menschen Sinn und Kreativität zu schenken. Zukunftsweisende Arbeitsmodelle hierfür gibt es bereits.Gleiche Aufgabenmenge, aber kürzere Arbeitszeit?
Lasse Rheingans von der Agentur Rheingans hat seine Mitarbeiter*innen mit einem mutigen Ansatz vor vollendete Tatsachen gestellt: Er hat einen fünf Stunden Arbeitstag eingeführt, bei gleicher Bezahlung und gleichem Urlaubsanspruch. Erster Gedanke hierbei: mehr Freizeit. Zweiter Gedanke: gleiche Arbeit in weniger Zeit.Um den 5-Stundentag möglich zu machen hat das Team um Lasse Rheingans geschaut, wo Zeit gespart werden kann: Meetings und Emails wurden gekürzt, der Arbeitsplatz verändert. Und der Plausch an der Kaffeemaschine wird jetzt nach der Arbeit erledigt. Klingt nach mehr Effizienz, aber auch mehr Druck? Genau das bezweckt Lasse Rheingans, um seine Mitarbeiter*innen im Nachgang zu entlasten:
"Wir haben am Anfang auch rigoros gesagt: 'Um 13 Uhr wird hier zu gemacht', um auch diesen Druck aufrecht zu erhalten und Erkenntnisse herauszupressen. Um eine Krise auszulösen, die Erkenntnisse bringt."
Und der 5-Stundentag bringt einen offensichtlichen, aber großen Vorteil mit sich - mehr Zeit:
"Mal Zeit zum Innehalten, damit ist Platz geschaffen worden, um runter zu fahren, alte Hobbys kommen wieder hoch. Auch gemeinsam mit Kollegen: Die können machen, was sie wollen und das jeden Tag ab 13 Uhr."
Mehr Selbstbestimmung
Der gemeinnützige, eingetragene Verein Mein Grundeinkommen, der sich für das bedingungslose Grundeinkommen einsetzt, geht mit seinen 20 Mitarbeiter*innen noch einen Schritt in Richtung Gemeinwohl:"Bei uns gibt es selbstbestimmte Gehälter und man legt auch selbst fest, wie viel man arbeitet und wie viel Urlaub man hat. Es gibt keine Hierarchien, also keinen Chef." - der Begründer Michael Bohmeyer
Selbstbestimmte Gehälter? Richtig gehört:
"Das nennt sich das Bedarfsprinzip, dabei ermittelt jeder und jede, was er oder sie braucht, damit der Kopf frei ist zum arbeiten, damit er kreativ werden kann. Bei uns kriegt jeder Mensch das Geld, damit alle Kosten gedeckt sind und damit man sich wohlfühlt."
Michael Bohmeyer erklärt das so: Ähnliche wie beim Grundeinkommen selbst erhalten die Mitarbeiter*innen einen Vertrauensvorschuss. Aus diesem heraus, erwächst eine Eigenverantwortung. Um dieser zu genügen, wachsen die Mitarbeiter*innen über sich selbst hinaus.
Zusammengefasst bedeutet das: Neue Arbeitsmodelle geben den Mitarbeiter*innen mehr Verantwortung und dadurch auch mehr Freiheit und Freizeit die sie nutzen können, um kreativer zu sein. Oder auch einfach mal abzuschalten. Die Zufriedenheit wächst und damit steigt auch das Gemeinwohl.
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