Politisch und gesellschaftlicher waren die 90er Jahre ein Jahrzehnt voller Umbrüche, Veränderungen und wegweisender Entscheidungen – wir werfen ein Blick darauf, wie Deutschland wieder eins wurde und Europa sich neu formierte.
Was ist in den 90ern passiert?
Zugegeben, diese Frage ist – gerade für Deutschland – nicht so einfach zu beantworten. "Die wilden Neunziger" trifft auf dieses Jahrzehnt durchaus zu, denn es war ziemlich ereignisreich, stellenweise ging's drunter und drüber und es ist einfach wahnsinnig viel passiert. Statt die kompletten 1990er jetzt hier für dich zusammenzufassen, haben wir einige Ereignisse herausgepickt, die dir noch mal in Erinnerung rufen, wie das Leben in den 90ern war.
Also schnall dich an, wir starten eine kleine Zeitreise!
Politik und Gesellschaft
Das waren die 90er
1990: Ein Land wird eins
Knapp ein Jahr nach dem Fall der Mauer wird aus Ost und West wieder ein Land, die DDR ist Geschichte – in der Nacht des 2. auf den 3. Oktober feiern in der ganzen Republik Millionen von Menschen. Viele ehemalige DDR-Bürger*innen sehen die Möglichkeit, endlich Reisefreiheit und westlichen Lebensstandard zu genießen. Doch gleichzeitig wird schnell klar, dass die Integration der ostdeutschen Wirtschaft in das westdeutsche System nicht einfach ist: Viele Betriebe stehen vor dem Aus, und die Arbeitslosigkeit steigt rapide an. Zusätzlich trifft die Einführung der D-Mark viele finanziell hart. Gleichzeitig finden in Ostdeutschland die ersten freien Wahlen statt, die eine klare Entscheidung für die Demokratie zeigen. International endet 1990 der Kalte Krieg, als die Sowjetunion sich aufzulösen beginnt.
1991: Hauptstadt-Drama und die Welt im Wandel
1991 stellt man sich in Deutschland einer wichtigen Frage: Muss die neue Hauptstadt auch Regierungssitz sein? Im Juni 1991 dann aber die Entscheidung: Mit einer knappen Mehrheit entscheidet der Bundestag in Bonn den Umzug nach Berlin. Das dauert zwar, aber 1999 ist es geschafft, nachdem 5 Jahre vorher schon der Bundespräsident umgezogen war. Auf globaler Ebene ist 1991 das Jahr des Golfkriegs, der mit der Befreiung Kuwaits endet und die Weltordnung neu definiert. In Jugoslawien bricht der Krieg aus, der in den kommenden Jahren Europa beschäftigen wird.
1992: Europa und dunkle Schatten
Auch auf anderer Ebene herrscht Aufbruchstimmung: 1992 wird mit dem Vertrag von Maastricht die Grundlage für die Europäische Union gelegt. In den Neuen Bundesländern weicht die Hoffnungen auf schnellen Wohlstand und ein besseres Leben 1992 einer gewissen Ernüchterung. Viele Ostdeutsche erleben, dass ihre Qualifikationen nicht anerkannt werden, was zu einer zunehmenden Frustration führt. Schreckliche Bilder gibt es im Sommer desselben Jahres aus Rostock. Im Stadtteil Lichtenhagen kommt es zu rassistischen Ausschreitungen. Danach gibt es Vorwürfe wegen populistischer Kampagnen an Politik und Medien. Die kommenden Jahre werden später als Baseballschlägerjahre bekannt und hinterlassen insbesondere in den Neuen Ländern ihre Spuren. Gleichzeitig wird in Deutschland das Asylrecht verschärft, was in der Gesellschaft kontrovers diskutiert wird.
1993: Abschottung und Reformen
Das Jahr 1993 ist geprägt von der Diskussion über das neue Asylgesetz, das schließlich verabschiedet wird und den Zugang zu Asyl stark einschränkt. In Dresden wird der Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Frauenkirche begonnen, ein Symbol für Versöhnung und Frieden. Auf internationaler Ebene eskaliert der Bosnienkrieg, der mit dem Massaker von Srebrenica einen traurigen Höhepunkt erreicht.
1994: Abschied und Aufbruch
Bundespräsident Richard von Weizsäcker verlässt nach zehn Jahren sein Amt und wird von Roman Herzog abgelöst. Gleichzeitig rückt der Umzug der Regierung nach Berlin immer näher – die ersten Ministerien machen sich auf den Weg. Währenddessen findet in Ruanda ein Völkermord statt, der das Versagen der internationalen Gemeinschaft offenbart.
1995: Digitalisierung und historische Prozesse
Das Internet hält Einzug in deutsche Haushalte und beginnt, die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, zu verändern. Mehr zu den technischen Neuerungen erfährst du hier. In Nürnberg beginnt der Prozess gegen den ehemaligen DDR-Spionagechef Markus Wolf, der die Vergangenheit der Stasi weiter aufarbeitet. International wird das Schengen-Abkommen umgesetzt, das die Grenzen innerhalb Europas öffnet – Reisen wird so einfach wie nie zuvor.
1996: Debatten und Konflikte
Das Jahr 1996 steht im Zeichen der Auseinandersetzung um die Rentenreform, die das Land spaltet. In Ostdeutschland wächst die Unzufriedenheit über den langsamen wirtschaftlichen Aufschwung, während in Bonn die ersten politischen Debatten über die Einführung des Euro geführt werden. Auf globaler Ebene hält der Tschetschenienkrieg die Welt in Atem und zeigt die instabile Lage in Russland.
1997: Abschied von einer Prinzessin und politische Weichenstellungen
Der Tod von Prinzessin Diana bewegt die Welt – die Trauerfeier sehen angeblich rund 2,5 Milliarden Menschen im Fernsehen. In Deutschland sorgt der Bundestag für Aufsehen, als er die Weichen für die Einführung des Euro stellt. Gleichzeitig rückt die Diskussion über die Osterweiterung der Europäischen Union immer mehr in den Fokus der Politik. Viele junge Ostdeutsche sehen 1997 keine Perspektive in ihrer Heimat und entscheiden sich, in den Westen zu ziehen. Die Abwanderung verstärkt die demografischen Probleme in vielen ostdeutschen Regionen, die bis heute nachwirken.
Ein Jahr später, 1998, hat US-Präsident Bill Clinton mit einem Skandal zu kämpfen:
"I did not have sexual relations with that woman, Ms. Lewinsky."
Ein halbes Jahr später gibt Clinton doch zu eine "unangemessene Beziehung" zu Monica Lewinsky, damals Praktikantin, gehabt zu haben, bleibt aber im Amt.
Anders in Deutschland: Mit der rot-grünen Mehrheit wird Gerhard Schröder Bundeskanzler und Joschka Fischer der erste grüne Außenminister in der Geschichte. Außerdem wird in Deutschland die Ökosteuer eingeführt, ein erstes großes Projekt der neuen Regierung.
1999: Ein neuer Präsident und ein neues Zentrum
Das Jahr 1999 markiert den endgültigen Umzug der Bundesregierung nach Berlin – die neue Hauptstadt strahlt in politischem Glanz. Auf internationaler Ebene übernimmt Wladimir Putin die Macht in Russland und läutet eine neue Ära ein, die die Weltpolitik prägen wird. Gleichzeitig beteiligt sich Deutschland zum ersten Mal aktiv an einem Krieg, als die Bundeswehr im Kosovokrieg zum Einsatz kommt – eine Entscheidung, die das Land spalte.
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