So soll die Kindergrundsicherung Armut vermeiden

So soll die Kindergrundsicherung Armut vermeiden

Daniel Grein im Interview

Von  Gloria Grünwald (Interview) | Miriam Fischer (Artikel)
Aktuell gibt es viel Streit um Kindergrundsicherung und Elterngeld. Worum genau es dabei geht und warum es eine Reform bei der Bekämpfung von Kinderarmut benötigt, erklärt Daniel Grein vom Kinderschutzbund.

"Am besten wäre es, wir würden im Bereich von Familien und Kindern gar nichts sparen."

Das sagt Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes. Um die Schuldenbremse einzuhalten, sieht der aktuelle Haushaltsplan für 2024 allerdings vor, dass die Ausgaben im Vergleich zu diesem Jahr um 30 Milliarden Euro auf gut 445 Milliarden sinken. Alle Ressorts bis auf das Verteidigungsministerium müssen dabei mit Kürzungen klarkommen.

Über den Bundeshaushaltsentwurf hat die Bundesregierung am Mittwoch beraten und abgestimmt, noch gibt es allerdings große Unsicherheiten, zum Beispiel beim Thema Kindergrundsicherung. 
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Ziel der Kindergrundsicherung ist Armutsvermeidung

Dafür soll sie andere Sozialleistungen zusammenfassen und aufstocken, um das aktuelle System, das nicht gut funktioniert, reformieren. Daniel Grein erklärt, dass aktuell zwar einerseits viel Geld in soziale Sicherungssysteme gesteckt wird, andererseits Kinderarmut so aber nicht effizient bekämpft wird – jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet.
"Also wir haben zu viele arme Kinder und ein System, das offensichtlich nicht geeignet ist darauf zu reagieren. Also bietet sich's an, nicht im bestehenden System überall mal weiter rumzuschrauben, sondern mal [...] ein Paradigmenwechsel einzuleiten und die Kindergrundsicherung - eine gute Kindergrundsicherung - könnte sowas hinkriegen." - Daniel Grein

Familienministerin Lisa Paus veranschlagte eigentlich 12 Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung, Bundesfinanzminister Christian Lindner möchte allerdings nur mit 2 Milliarden pro Jahr planen. Das sieht Daniel Grein sehr kritisch:
"Ja, ich glaube, wenn man mit 2 Milliarden rausgeht, kann man schon deutlich machen, dass das Sparpolitik gegen Kinder ist eigentlich. Das ist kein kinderfreundlicher Haushalt, der vorgelegt wird, also vor allem gegen arme Kinder. Weil wenn wir Kinderarmut wirklich bekämpfen wollen, müssen wir im Bereich der niedrigen Einkommensgruppen wirklich mal was tun." - Daniel Grein

Denn Kindergelderhöhungen werden aktuell beispielsweise im Bereich des SGB II oder bei Alleinerziehenden angerechnet, weswegen dort davon auch nichts ankommt und die Bedarfe seit Jahren nicht gedeckt sind. Das soll bei einer Kindergrundsicherung anders sein. Kritiker*innen sagen allerdings, dass das nicht der richtige Weg sei und es beispielsweise stattdessen viel mehr Ganztagsschulen oder Nachmittagsbetreuung bräuchte. Für Daniel Grein steht das aber nicht im Widerspruch zur Kindergrundsicherung:
"Natürlich brauchen wir gute Ganztagsschulen, natürlich brauchen wir gute Jugendarbeit, natürlich brauchen wir eine Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, die gut ist und die auch für arme Kinder was Gutes bietet, aber das widerspricht diesem monetären Aspekt nicht, das muss ihn ergänzen, das ist keine Alternative." - Daniel Grein


Aber nicht nur die Kindergrundsicherung, auch Elterngeld ist gerade ein großer Streitpunkt.

Die Obergrenze für Paare soll künftig nämlich von 300.000 Euro auf 150.000 Euro Jahreseinkommen herabgesetzt werden. Einerseits wird kritisiert, dass das ein Rückschritt im Hinblick auf Gleichstellung sei, andererseits äußern viele den Einwand, diese Kürzung würde ohnehin nur einen sehr kleinen Prozentsatz sehr wohlhabender Eltern treffen. Daniel Grein hält beides für richtig:
"Es ist es kein Glanzstück zur Gleichstellung, weil ich glaube mit dem Elterngeld - auch in höheren Einkommensgruppen - schaffen wir gleichstellungspolitische Impulse. Gleichzeitig müssen wir feststellen, das Elterngeld ist keine existenzsichernde Leistung, im Gegensatz zur Kindergrundsicherung oder anderen Leistungen wie dem Kinderzuschlag, die Armut vermeiden sollen, dient es der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auch der Gleichstellung von Frauen. Das ist ein ganz anderer Ansatz." - Daniel Grein

Er räumt ein, dass es zwar, wenn überhaupt, vernünftiger ist, dort zu sparen, wo Menschen nicht in unmittelbare Not kommen – und das ist sicher bei den hohen Einkommensgruppen des Elterngeldes eher der Fall als im Bereich der existenzsichernden Leistungen – es grundsätzlich aber falsch ist, bei Familien zu sparen.
"Da ist die Frage, [...] wenn wir wenig Ressourcen haben, wo wollen wir die hin tun. Am Besten wäre es, wir würden im Bereich von Familien und Kindern gar nichts sparen." - Daniel Grein



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Daniel Grein | Kinderschutzbund



Was ist eigentlich ein Haushaltsplan?

Im Haushaltsplan werden jedes Jahr die Ausgaben und Einnahmen des Bundes festgelegt. Vorher erstellt das Finanzministerium einen Entwurf für Haushaltsplan und Haushaltsgesetz. Dieser wird dann von der Bundesregierung beraten und muss anschließend durch Bundestag und Bundesrat, um in Kraft treten zu können.

Der Weg zum Haushaltsplan des Bundes beginnt aber noch früher, nämlich in den Haushaltsreferaten der Bundesministerien. Sie machen nach bestimmten Vorgaben Vorschläge für ihren eigenen Haushalt. So sind zum Beispiel alle voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen zu erfassen und deren Summe muss jeweils übereinstimmen. Das Finanzministerium sammelt alle Voranschläge, vergleicht sie mit den geschätzten Steuereinnahmen und erstellt auf dieser Basis den Entwurf.

Die entscheidende Stelle im Bundestag ist der Haushaltsausschuss. Der Ausschuss erarbeitet nämlich Änderungen am ursprünglichen Entwurf zwischen den Parlamentslesungen. Außerdem kontrolliert der Haushaltsausschuss permanent den Umgang des Bundes mit den Steuergeldern – auch in Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof.

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