Zwischen Vinyl und Insta: Arbeiten beim Rolling Stone
Sebastian Zabel über Musikjournalismus im Wandel der Zeit
Sebastian Zabel, seit über 12 Jahren Chefredakteur des deutschen Rolling Stone, hat sich mit uns auf eine Zeitreise durch die Höhen und Tiefen seiner Karriere begeben. Was wir dabei gelernt haben? Musikjournalismus ist wie eine Vinyl – manchmal knistert es, manchmal läuft's perfekt und manchmal bleibt die Nadel einfach hängen.
Traumberuf Musikjournalist
Bevor Sebastian Zabel mit seinem Job beim Rolling Stone quasi auf dem Rock'n'Roll-Thron landete, fing alles eher klein an. So richtig DIY-Style. Als Teenager hat er nämlich schon seine ersten eigenen Musikmagazine zusammengebastelt und die dann in Plattenläden verkauft. Bereits in jungen Jahren führte er dabei Interviews mit Künstler*innen und legte damit den Grundstein für seine zukünftige Karriere. Später führte ihn sein Weg über die renommierte (aber mittlerweile leider eingestellte) Musikzeitschrift Spex und diverse Tageszeitungen und schließlich 2012 zur Chefredaktion des deutschen Rolling Stone.
Wie genau er das geschafft hat und was er auf seinem Weg alles erlebt hat, erzählt uns Sebastian im Interview:
Rolling Stone-Chefredakteur Sebastian Zabel bei egoFM
Das Interview zum Anhören
Die Höhen und Tiefen des Musikjournalismus
In über einem Jahrzehnt beim Rolling Stone hat Sebastian Zabel zahlreiche Interviews und Projekte betreut, von denen einige für ihn persönlich herausragende Erlebnisse waren. Und wenn du als Musikjournalist so lange am Start bist wie Sebastian, erlebst du einiges. Eines seiner ersten Interviews beim Rolling Stone führte er mit Kevin Rowland von Dexys Midnight Runners – kein Billboard-Topstar, aber für Sebastian eine Herzenssache. So was wie dein erstes Konzertticket, das du bis heute nicht wegwerfen kannst, weil’s einfach zu bedeutend ist.
Ein weiteres Highlight war die Zusammenarbeit mit dem weltberühmten Fotografen Wolfgang Tillmans, der für den Rolling Stone eine Jahresrückblicksstrecke kuratierte. Solche Projekte, die Popkultur und Kunst verbinden, zählen für Sebastian heute zu den absoluten Highlights in seiner Arbeit.
Dennoch gab es auch Rückschläge
So ist es dem deutschen Rolling Stone-Team bisher nicht gelungen, ein Interview mit Bob Dylan zu bekommen – trotz zahlreicher Versuche. Aber wie Sebastian im Interview scherzhaft anmerkt:
"Was wir gekriegt haben: Wir haben mit Bob Dylan schon, ich glaub, zwei Singles gemacht. Wir machen ja manchmal so Vinyl-Singles, die dann auf dem Heft kleben. Und da war ich sehr stolz, dass wir 'Like A Rolling Stone', den Song von Bob Dylan bekommen haben um daraus eine Single zu machen." - Sebastian Zabel
Braucht es Musikjournalismus heute überhaupt noch?
Heute läuft Musikjournalismus ein bisschen anders als früher. Die Künstler*innen posten direkt auf Insta, X (ehemals Twitter), TikTok – und die Fans kriegen ihre Infos direkt von der Quelle. Diese Selbstvermarktung erschwert es traditionellen Musikjournalist*innen, exklusiven Content zu liefern. Trotzdem ist Zabel davon überzeugt, dass der kuratierende Musikjournalismus weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Gerade in einer Welt, wo Spotify dir jeden Tag die gleichen Algorithmen-Vibes um die Ohren haut, braucht es einfach Leute, die dir mal was ganz anderes zeigen.
Ein ausgewählter, kritischer Blick auf die Musiklandschaft bleibt seiner Meinung nach unverzichtbar.
Da bekommst du immer mehr von immer gleichen. Und da ist es, glaube ich, ganz gut, wenn es Stimmen gibt, die dir sagen, ey hör doch mal hier links und rechts hier was ganz anderes an. Das kennst du vielleicht so noch gar nicht. Und das ist die Funktion, die Musikjournalismus haben kann, wenn er gut ist." - Sebastian Zabel
Wie man in der Branche Fuß fasst
Sebastian Zabel gibt im Interview auch Ratschläge für Menschen, die selbst im Musikjournalismus Fuß fassen möchten. Sein erster Tipp: Schreib über das, was dich wirklich fasziniert – nicht einfach über die Band, die gerade in aller Munde ist, sondern über die Musik, die dich wirklich berührt.
Zweiter Tipp: Tief graben. Es ist entscheidend, sich tiefgehend mit der Musik und den Künstler*innen auseinanderzusetzen, anstatt nur oberflächliche Informationen zu sammeln. Die wahre Kunst ist, etwas zu erzählen, das andere noch nicht gehört haben.
Und sein dritter Tipp: Erzählen können. Nicht einfach nur Fakten aneinanderreihen, sondern die Leser*innen mit auf eine Reise nehmen, die sie in die Musik eintauchen lässt. Denn genau das ist Musikjournalismus – ein bisschen wie ein guter Song. Er lässt dich nicht mehr los.
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