Die Erfindung der Atomkraft

Die Erfindung der Atomkraft

Von der Wortherkunft bis zum Kernkraftwerk

Von  Kristina Paulini
Strahlende Kerne, springende Elektronen, freigesetzte Neutronen,... der Erfindung der Atomkraft ging eine lange Geschichte voraus.

Die Geschichte der Atomkraft - Wissenschaftliche Durchbrüche in der Kernphysik:



Die Anfänge der Atomkraft

Viren, Bakterien, Milben,... es gibt Dinge auf der Welt, die so klein sind, dass man sie mit bloßem Auge nicht sieht - und trotzdem existieren sie. Das wissen wir, weil deren Existenz von klugen, neugierigen Menschen unter anderem mit Geräten wie Elektromikroskopen nachgewiesen wurde. Heute ist diese Info der kleinen Dinge zwar immer noch beeindruckend, aber sagen wir so: unsere Gehirne haben die Existenz dieser zumindest theoretisch akzeptiert.

Ganz anders sah das im 5. Jahrhundert aus.

Als der griechische Philosoph Demokrit von Abdera als erster Mensch in der Geschichte von dem kleinsten Bestandteil der Materie redete: dem Atom. Aus dem Altgriechischem átomos, was "unteilbar" bedeutet. Daraus sollte nach Demokrits Vorstellung die Welt bestehen. Wenig überraschend setzte sich seine Idee zunächst nicht durch.

Erst als Anfang des 19. Jahrhunderts mehrere Chemiker*innen bemerkten, dass bei chemischen Reaktionen immer konstante Mengenverhältnisse vorkamen, wurde die Idee von Demokrit wieder rausgekramt. Mit diesem Hintergrundwissen entdeckte 1897 der englische Physiker Joseph John Thomson durch Versuche mit einem Kathodenstrahl, dass geladene Teilchen aus den Atomen kommen. Thomsons Teilchen wurden Elektronen genannt, die sich in der Hülle des Atoms befinden.

Später wurden dann noch Protonen und Neutronen im Atomkern nachgewiesen. Also lag Demokrit richtig und falsch zugleich mit seiner Wortfindung "Atom": Denn zwar lässt sich das Atom mit chemischen Methoden nicht mehr weiter zerlegen, doch besteht es trotzdem aus verschiedenen Teilen. Nicht ganz unteilbar, aber vor allem: spaltbar. Aber das ist eine Story für sich.
 

Was ist Radioaktivität und wie wurde sie entdeckt?

Wir schreiben das Jahr 1896, als der Physiker Henri Becquerel Uransalz auf eine Fotoplatte legte und kurze Zeit später feststellte, dass sich diese Platte schwarz verfärbt hatte. Mysteriös, oder? Ne, Radioaktivität, denn das Uransalz gab eine Art Strahlung ab. Der Physiker war begeistert von diesem Phänomen und setzte eine Doktorandin darauf an. Die Polin Marie Curie. Ja, dieser Name kommt uns doch bekannt vor. Marie taufte das Phänomen "Radioaktivität".

Oft wird Radioaktivität mit Atomkraft gleichgesetzt, jedoch beschreibt Radioaktivität in erster Linie die Eigenschaft instabiler Atomkerne: also den Zustand von Atomkernen, welche von selbst in andere Kerne zerfallen. Strahlende Kerne, sogenannte Radionuklide, sind in der Umwelt ständig vorhanden, sowie zum Beispiel Uransalz.

Daher sind wir zu einem gewissen Grad auch ständig Radioaktivität ausgesetzt.

Schon zu dieser Zeit vermutete man, dass die Radioaktivität etwas mit der Umwandlung von Atomen zu tun hatte. Und dass bei dieser Atomkernumwandlung eine Menge Energie im Spiel war. Doch bislang war diese Umwandlung nicht vorhersehbar und dadurch nicht wirklich nützlich. Erst 1933 sollte Marie Curies Tochter Irène und deren Mann Frédéric herausfinden, dass man radioaktive Stoffe auch künstlich durch Bestrahlung mit Alpha-Teilchen herstellen konnte. Aber das ist eine Story für sich.
  • Die Anfänge der Atomkraft
    Am Anfang war das Wort und das Wort war Atom
  • Was ist Radioaktivität und wie wurde sie entdeckt?
    We're All Radioactive
  • Wie ist ein Atom aufgebaut?
    Atomare Lupenbetrachtung
  • Von der ersten Kernspaltung bis zur Verbreitung von Atomtechnologie
    Wenig Kontrolle und viel Macht


Wie ist ein Atom aufgebaut?

Dass ein Atom aus verschiedenen Teilen besteht, wurde schon 1897 mit der Entdeckung des Elektrons bemerkt. Aber war da nicht noch mehr? Diese Frage ließ Ernest Rutherford nicht los. 1911 entdeckte er immerhin schon, dass das Atom aus Kern und Hülle zusammengesetzt ist, und entwickelte ein Atommodell, bei dem die positiven Ladungen, später sogenannten Protonen, im Kern saßen, und die Hülle von den Elektronen gebildet wurde. Nah dran, aber immer noch nicht ganz richtig, denn mit diesem Modell konnten nicht alle beobachteten Eigenschaften von Elementen erklärt werden. Erst mit einem neuen Modell von seinem Schüler Niels Bohr hatten sie die Lösung: Die Elektronen bewegen sich ausschließlich auf festen Umlaufbahnen in der Atomhülle. Sidenote: Sie konnten auch von einer Bahn auf die andere "springen" – tada: dies ist der berühmte "Quantensprung".

Also: Protonen im Kern, Elektronen auf festen Routen in der Hülle fliegend.

Wir haben's bald! Nach 8 Jahren Trial and Error, gelang es 1919 Rutherford endlich ein Element in ein anderes zu verwandeln, durch Bestrahlung mit Alphateilchen. Genauer gesagt: Stickstoff in Sauerstoff. Was ihm dabei auffiel: aufgrund der Abstoßung müssten die Protonen im Atomkern auseinanderfliegen. Guess what, taten sie nicht. So vermutete er, dass es neben den positiv geladenen Teilchen als eine Art Klebstoff neutrale Teilchen geben müsse. Sogenannte Neutronen.

Nachgewiesen wurde das Neutron dann erst 1932 von Rutherfords Mitarbeiter James Chadwick.

Wir sagen nur: langer Atem. So aber jetzt: Damit war das Bild des Atoms bekannt, dass im Prinzip auch heute noch gilt. Und mit dem Wissen der Neutronen-Existenz konnten schon ein Jahr darauf nicht nur Stickstoff in Sauerstoff umgewandelt, sondern auch radioaktive Stoffe hergestellt werden. Aber das ist eine Story für sich.


Wo wir gerade über Atomkraft sprechen - wusstest du, dass es in "Forever Young" gar nicht um den Wunsch nach ewiger Jugend, sondern um die Angst vor einem Atomkrieg geht? Mehr dazu kannst du hier lesen. Und um noch einen drauf zu legen: In dem vermeintlichen Sommerhit "Vamos a la Playa" geht es um die Folgen für die Umwelt nach einer Atombombenexplosion, mehr dazu hier.


Von der ersten Kernspaltung bis zur Verbreitung von Atomtechnologie 

Die Herdplatte anlassen oder mal aus versehen die Klospülung nicht betätigen: so ein Maleur kann schon mal passieren, ohne das man es merkt. Aber unbemerkt eine Kernspaltung durchführen? Klingt schwierig, aber genau das ist dem Physiker Enrico Fermi passiert. Er versuchte mit Hinzufügen von Neutronen Uran-Atome zu verändern und joa, dabei spaltete er als erster Mensch auf der Welt 1934 die Atomkerne - jedoch ohne dies zu merken. Schade für ihn.

Aber kein Sorge, inspiriert von den Versuchen von Fermi, versuchten drei begeisterte Forscher*innen namens Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann mit derselben Methode ihr Glück und tatsächlich: 1938 fanden sie in ihrer bestrahlten Uran-Probe plötzlich das Element Barium. Der Urankern war einfach "zerplatzt". Sie hatten die Kernspaltung bemerkt, bei der eine große große Energiemenge freigesetzt wurde (im Vergleich zur winzige Uranmenge). Schnell wurde klar: Dieser große Energiebatzen kann praktisch genutzt werden, wenn bei der Spaltung des Uran-Kerns neue Neutronen freigesetzt werden, die ihrerseits wieder Atomkerne spalteten und so on: also eine Art Lawinen-Effekt. 

Die meisten Physiker*innen glaubten, dass eine Nutzung der Atomenergie nicht möglich sei, andere hatten Angst, dass dieses Wissen in die falschen Hände komme könnte.

Beides wurde bittere Realität, als 1942 Enrico Fermi die erste atomare Kettenreaktion gelang  – und 1945, nur drei Jahre später, Hiroshima und Nagasaki mit Atombomben beworfen wurden. Nach dem Krieg wollte die Allgemeinheit die Verbreitung von Atomtechnologie verhindern, doch einige Wissenschaftler*innen dachten auch über eine zivile Nutzung der neuen Energiequelle nach. Und nach grotesken Ideen wie mit Atombomben die Polkappen abzuschmelzen, um eine angenehmeres Weltklima zu schaffen, (kein scheiß) kam die Idee der Atomkraftwerke.

Dabei musste erstmal die Kettenreaktion kontrolliert werden, indem pro Kernspaltung genau ein Neutron überbleibt, das eine weitere Kernspaltung auslöst. Absolute Kontrolle oder weiter ein waghalsiges Unterfangen? Ja, das ist eine andere Geschichte.



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