Dr. Natasha A. Kelly beantwortet jede Woche eine Frage aus der egoFM Community zum Thema Rassismus. Diese Woche: Was ist der Zusammenhang zwischen Rassismus und Sprache?
Natasha ist Afrofuturistin, promovierte Soziologin, Kommunikationswissenschaftlerin, Autorin, Kuratorin, Künstlerin und Mutter.
Bis zum 30. Juni hattest du die Möglichkeit, deine Fragen rund um das Thema Rassismus zu stellen und ab jetzt kommen von Natasha wöchentlich die Antworten.
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Wie ist der Zusammenhang zwischen Rassismus und Sprache?
Wichtig ist es zu verstehen, dass Sprache im konstruktivistischen Sinn eine Form des Handelns darstellt. Durch unsere Wortwahl, das sogenannte Sprachhandeln, können also Intentionen ausgedrückt und Gewalt ausgeübt werden.Oft wird die diskriminierende Wirkung von Sprache auf Schimpfwörter begrenzt, was allerdigns zu einfach gedacht ist.
Schon in den Begrifflichkeiten, mit denen wir zum Beispiel PoC bezeichnen, spiegelt sich dies wider. Viele dieser Bezeichnungen sind sprachkulturell in unserer Gesellschaft verwurzelt, jedoch mit einer klaren, negativen Konnotation geschaffen worden. Viel wichtiger noch - es sind Namen, die Schwarzen gegeben wurden. Sie wurden sich nicht selber ausgesucht, sondern von einer weißen, privilegierten Mehrheit benannt.
"Rassismus wird durch Sprache transportiert." - Natasha A. Kelly
Rassistische Sprache und Formulierungen stellen also eine rassistische Handlung dar, geben einer Ideologie ihre Begrifflichkeiten.
Sprache als Waffe
Sprache hat Macht. Das wurde beispielsweise besonders deutlich in der Nazi-Propaganda des NS-Regimes. Durch gezielte Formulierungsarbeit wurde Antisemitismus und das sogenannte Rassendenken nicht nur verharmlost, sondern ideologisiert und zu einem politischen Instrument gemacht. Auch die AfD bedient sich sprachlich klar am Wortschatz der Nazis. Gezielt werden Begriffe wie "Lügenpresse", "Flüchtlingswelle" und "Bio-Deutsche" verwendet, um ihre rassistische Ideologie zu vermitteln.Dabei muss man nicht mit dem Finger auf die AfD zeigen, um den rassistischen Gebrauch von Sprache in unserer Gesellschaft zu finden.
Schon länger wird gefordert, dass der Begriff der "Rasse" aus dem Grundgesetz Artikel 3 gestrichen wird, da der Begriff Rassenunterteilungen innerhalb der Menschheit impliziert. Dabei gibt es nur eine Rasse - Homo Sapiens. Allerdings wird mit der Streichung dieses Wortes das Rassedenken nicht einfach aus der Gesellschaft verschwinden. Dazu braucht es mehr, wie beispielsweise eben auch Veränderungen unserer Sprache.Kultur und Sprache
Auch sonst wird sich oft an veralteten Begriffen nahezu festgeklammert, meistens mit dem Argument, dass es ja Teil der Kultur sei. Dass ein Teil dieser Kultur allerdings strukturellen Rassismus beinhaltet und dieser dadurch auch in unserem Sprachbild vertreten ist, wird dabei vergessen. Selbst ein Begriff wie "Deutsch" ist in der Allgemeinheit noch mit vor allem einer Eigenschaft konnotiert: weißer Hautfarbe."Wir müssen immer auf unsere Sprache achten, wenn wir nicht rassistisch sein wollen." - Natasha A. KellyDenn unsere Sprache drückt uns aus. Wenn unsere Sprache rassistisch ist, handeln wir rassistisch. Es braucht also Reflexion und Änderung in unserem Sprachgebrauch. Allerdings dürfen diese Veränderungen nicht von weißen Menschen bestimmt werden, sondern Personen, die durch unsere Sprache benachteiligt und diskriminiert werden.
Denn Rassismus ist in seinem Ursprung eine Ideologie - durch Sprache kriegt sie Gehör.
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