Fluchtursachen gibt es viele und oft sind sie miteinander verwoben.
Mythos von der Wanderlust
Die wirtschaftliche Situation, die politische Situation, die kulturelle oder religiöse Vorherrschaft oder auch die Klimasituation wie Dürren oder Fluten - das sind ein paar Beispiele für die Vielfalt an Fluchtgründen. Der Mythos vom Geflüchteten, der aufbricht in eine Welt voller Möglichkeiten ins glorreiche Europa ist schlichtweg falsch. Niemand möchte auf diese Art freiwillig seine Heimat verlassen. Eine Flucht ist immer auch mit einer Zwangssituation verbunden. Und niemand, der weiß, wie es beispielsweise in Moria aussieht, denkt es wäre unbeschwert.In Deutschland gibt es viele abwertende Worte für Geflüchtete von "Asyltourismus" bis "Wirtschaftsflüchtling".
Die Benutzung dieser Worte ist geradezu ekelerregend. Sogenannte "Wirtschaftsflüchtlinge" werden oft als angebliche Schmarotzer*innen, die das angeblich so tolle deutsche Sozialsystem ausnutzen möchten, beschrieben. Aber wenn es einem "wirtschaftlich nicht so gut geht" wird in Wohlstandsländern gerne mal damit assoziiert, dass man sich eben keinen Mercedes leisten könne. In der Realität ist es ein Euphemismus für Armut, keine Grundversorgung, schlechte Infrastruktur, miserable Gesundheitsversorgung. Eine Flucht kann auch patriarchale Ursprünge haben: misogyne Gewalt, trans Feindlichkeit, Homofeindlichkeit.Das Völkerrecht definiert Flüchtlinge als Menschen, die ein Land verlassen aus...
"Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung"
Trotz dieser eigentlich recht klaren Definition sieht die Lage in Deutschland der EU gravierend anders aus. Das Schutzrecht wird trotz offenkundiger, gewaltvoller Verhältnisse in der Heimat massiv angezweifelt.
Asylrechtsverfahrenslage in Deutschland
In Deutschland sind die Hauptherkunftsländer Geflüchteter Syrien, Afghanistan und Irak. Obwohl die Zahlen der ankommenden Menschen zurückgeht und momentan so wenige wie zuletzt 2012 in Deutschland Asyl suchen, hat sich die restriktive Asylpolitik des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht geöffnet. Nur etwa 35 Prozent werden als Flüchtlinge anerkannt. Ein sehr großer Anteil davon sind Familiennachzugsverfahren. Das bedeutet auch, dass Menschen die noch keine Familie in Deutschland haben es schwerer haben ihren Asylantrag bewilligt zu bekommen. Am Anfang der Coronapandemie wurden sogenannte Dublinverfahren aufgrund des Infektionsschutzes ausgesetzt. Das Dublinverfahren bezieht sich auf die "Rückverteilung" in die Ankunftsländer. Inzwischen sind wieder relativ viele Verfahren Dublinverfahren.Ganz zu schweigen von den unmenschlichen Situation an den EU Außengrenzen, die in diesen Zahlen nicht mit eingerechnet sind.
Fluchtursachen
Über 70 Prozent der in Deutschland Asylsuchenden fliehen vor Kriegen, Krisenherden und gewaltvollen Auseinandersetzungen. Die meisten davon aus Syrien, Afghanistan, Irak und Eritrea. Geflüchtete aus Syrien haben im Moment noch Schutzstatus und dürfen, auch wenn ihr Antrag abgelehnt wurde, nicht sofort abgeschoben werden, unter anderem weil es gerade keinen diplomatischen Austausch mit der Regierung in Süden gibt. Recherchen des Zeit Magazins zur Folge wird aber gerade daran gearbeitet, Abschiebungen nach Syrien vorzunehmen. Anders bei Menschen aus Afghanistan und dem Irak, die als sogenannte "sichere Herkunftsländer" gelten. Diese Bezeichnung ist ein Hohn und ungefähr so irreführend wie die Bezeichnung Friedensmission für einen Bundeswehreinsatz.Neben Kriegen, kann wie oben beschrieben auch Armut ein Grund zur Flucht sein.
Unterdrückung und Armut hängen zusammen. Frauen sind zum Beispiel deutlich mehr von Armut betroffen als Männer, was sie in patriarchale Abhängigkeitsverhältnisse bringen kann.Die Unterdrückung religiöser oder ethnischer Minderheiten
Zum Beispiel Kurd*innen, die gleichzeitig gegen den IS kämpfen und sich vor der türkischen Regierung schützen müssen. Und die tamilische Minderheit auf Sri Lanka, die dort Gewalt und Armut ausgesetzt sind. Auch die Sexualität oder Geschlechtsidentität kann ein Grund sein, fliehen zu müssen. Und im Iran zum Beispiel wird die christliche Minderheit verfolgt.Menschenrechtsverletzungen
900 Millionen Menschen werden laut der Vereinten Nationen in ihrer jeweiligen Gesellschaften diskriminiert, ausgegrenzt oder gar verfolgt. So droht noch heute in zehn Ländern die Todesstrafe für Homo- und Transsexuellen. Viele weitere Länder verhängen darauf Haftstrafen.Auch die Folgen des Klimawandels sind immer mehr eine Ursache zur Flucht.
Auf Inselgruppen wie den Marshallinseln oder Fidschi hat der Klimawandel bereits erhebliche Schäden angerichtet. Einige Inseln sind jetzt schon unbewohnbar, die Böden sind so mit Salzwasser durchdrängt, dass sie unfruchtbar geworden sind und keine Versorgung mehr stattfinden kann. Viele Bewohner*innen arbeiten jetzt schon für Niedriglöhne in der US-amerikanischen Industrie.Selbst Inseln in Deutschland sind bedroht. Sollte der Meeresspiegel bis 2050 wirklich einen Meter ansteigen, wäre Norddeutschland regelmäßig überflutet. Bis runter nach Bremen.
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Ein Thema wie Flucht und deren Ursachen ist zu komplex, um in der Kürze nicht oberflächlich zu bleiben. Zusammenfassend kann man sagen: Flucht ist nicht freiwillig, sondern eine Reaktion auf Zukunftslosigkeit und Einschränkungen des Lebens, die nicht tragbar sind. Die Tatsache, dass Flucht zur Illegalität führen kann und Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nach Europa kommen, einem manchmal tödlichen Risiko im Zuge ihrer Schutzsuche ausgesetzt sind, ist menschenverachtend.
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