Kann man zwei Filme, die fast nicht unterschiedlicher sein könnten, miteinander vergleichen? "Klar!" - sagt unser Kinoredakteur Fabian.
Manchmal schlägt die Filmwelt verwunderliche Bahnen ein
Entwickeln sich die großen Blockbuster der Franchise-Welt, etwa
Indiana Jones und das Rad des Schicksals und
The Flash, zurzeit zu finanziellen Misserfolgen, starten aktuell gleich zwei ebenso unterschiedliche wie viel diskutierte Blockbuster in einer Woche in den Kinos. Zum einen
Oppenheimer von Christopher Nolan, mit dem der
The Dark Knight- und
Inception-Regisseur den Erfinder der Atombombe zu würdigen versucht, zum anderen Greta Gerwigs
Barbie, der dank einer so makellos wie Puppenhaut getakteten Werbekampagne bereits vor Kinostart hohe Wellen schlug.
Fraglos gehören Nolan und Gerwig beide zu den visionärsten Filmschaffenden ihrer Zeit, die das Mainstream-Kino in den vergangenen Jahren auf ihre individuelle Art geprägt haben: Nolan mit seinen bombastischen Breitwand-Spektakeln, Gerwig mit ihren Charakterstudien wie
Ladybug und
Little Women.
Ähnlichkeiten & Unterschiede zwischen Oppenheimer und Barbie
Bereits hier könnten die Parallelen zwischen
Barbie und
Oppenheimer enden, schließlich gibt es augenscheinlich kaum Gemeinsamkeiten zwischen ihnen. Auf eine krude Art und Weise jedoch ergänzen sich die beiden Filme, als hätten sie es geplant, in ihren Stärken und Schwächen erstaunlich gut.
So ist Oppenheimer
Während sowohl Oppenheimer als auch Barbie eine wenn schon nicht universelle, so eine zumindest im öffentlichen Konsens präsente Idee in den Mittelpunkt stellen – eben Barbie, die womöglich bekannteste Puppe der Welt, und … nun ja, die Atombombe –, wählt Nolan im Gegensatz zu Gerwig für seinen Film einen theoretischen Ansatz. Zunächst lässt er seinen Hauptdarsteller Cillian Murphy von einem räumlich wie zeitlich praktisch nichts mit dem nächsten gemein habenden Handlungsort springen, wo er die Hände von Wissenschaftlern schüttelt (unter anderem Matthias Schweighöfer als Werner Heisenberg!), zwischen möglichen kommunistischen Spionen hin und her hetzt, immer wieder unterbrochen von traumartigen, bruchstückhaften Sequenzen der Bombenexplosion, während denen Soundeffekte und der vor sich hin hanszimmernde Score von Ludwig Göransson den Kinositz zum Vibrieren bringen.
So ist Barbie
So schwer Nolan es seinen Zuschauer*innen macht, so leicht fällt das Eintauchen in Greta Gerwigs Barbie-Universum – und das, obwohl viele Elemente dagegen sprechen, schließlich präsentiert sie hier eine Mischung aus Dada, Dystopie und düsterer Gesellschaftskritik. Alleine die Anfangssequenz, in der sie grenzgenial aus Stanley Kubricks
2001: Odyssey im Weltraum zitiert, stemmt sich mit aller Gewalt gegen Sehgewohnheiten. Dass ihr Film dennoch funktioniert, liegt nicht nur an den fantastisch und mit sichtlichem Spaß aufspielenden Margot Robbie und Ryan Gosling, sondern auch an dem zwar nicht immer hintergründigen, aber stets feinen Humor sowie dem hohen Tempo, mit dem es aus dem Barbie-Universum in die echte Welt geht. Hinzu kommen augenzwinkernde Brechungen mit der vierten Wand, zuletzt für grässliche Meta-Witze vor allem in Horrorfilmen missbraucht, die hier jedoch, wenn die Erzählerin sich auf Margot Robbies fantastisches Aussehen bezieht oder Barbie im Mattel-Hauptquartier auftaucht, großen Spaß machen.
Plötzlich erzählt Nolan gradlinig und mitreißend, allerdings ohne die Schönheitsfehler des holprigen Starts auszubessern. Dem bis in die hinterletzte Nebenrolle perfekt besetzten Cast wird keine Möglichkeit gegeben, sich zu präsentieren – das ärgert vor allem dann, wenn brillante Akteur*innen wie Florence Pugh und Rami Malek in zwei oder drei Szenen abgehandelt werden. Überhaupt besaß Nolan noch nie ein Händchen für Frauenfiguren, was auch in
offenkundig wird.
Denn obwohl man dem Charakter des Robert Oppenheimer nie wirklich nahe kommt, ist Nolans Film mit Abstrichen zu empfehlen, schließlich bemüht sich der Regisseur mit einer historischen Biografie darum, Tiefgang ins Mainstream-Kino zu hieven.
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