Deswegen gruseln wir uns gerne

Deswegen gruseln wir uns gerne

Professor Peter Walschburger im Interview mit egoFM Elise

Nach einem richtig schlimmen Horrorfilm denken wir uns oft: "Nie wieder!" - und schauen dann doch den nächsten an. Aber warum gruseln sich manche Menschen überhaupt so gerne?


Erst die Angst, dann die Entspannung

Peter Walschburger ist pensionierter Professor für Biopsychologie an der freien Universität Berlin und ist Experte wenn es ums Gruseln und die Angstlust geht. Im Interview mit egoFM Elise erzählt er, was hinter dem Spaß am Gruseln steckt und warum sich manche Menschen lieber gruseln als andere.
  • Professor Peter Walschburger über das Gruseln
    Das komplette Interview zum Anhören


Gruseln - eine Mischung aus Angst und Lust

"Dieses Gruseln ist ein gemischtes Gefühl, was auch zeitlich prototypisch ungefähr so aufgebaut ist, dass zunächst eine Art Erschrecken da ist, eine gewisse Gefahrensignalisierung, die unsere Angst oder unsere Furcht erregt und das wird aber gleich gefolgt von einer gewissen Erleichterung." - Professor Peter Walschburger

Dieses Angst-Lust-Gemisch vermittelt immer dann Genuss, wenn wir uns erregen, ohne dass wir befürchten müssen, in einer Erregungssituation zu sterben, erklärt Professor Peter Walschburger weiter. Bei Angstlust treten die beiden Gefühle Angst und Lust also meist direkt nacheinander auf: Erst gruseln wir uns und haben Angst und wenn die Angst überstanden ist, kommt die Entspannung und wir freuen uns. Diese Angstlust empfinden wir aber nur dann, wenn wir uns grundsätzlich sicher fühlen.

Angstlust hängt mit unserem Urvertrauen zusammen

Natürlich gruseln wir uns nicht alle gleich gerne. Das hängt unter anderem damit zusammen, wie stark unser Urvertrauen ausgeprägt ist. Wenn wir auf die Welt kommen sind wir zu erst einmal hilflos und schnell von unserer Umgebung verängstigt und brauchen viel Sicherheit, erzählt Professor Peter Walschburger. Wenn unsere Bezugspersonen unser Bedürfnis nach Sicherheit aber befriedigen, bauen wir nach und nach Urvertrauen auf. 

"Und wenn das dann einigermaßen gelungen ist und so ein Urvertrauen entstanden ist, dann wächst deshalb auch unsere Unternehmungslust. Und zwar gerade dann, wenn wir wissen, uns kann eigentlich selber nichts passieren." - Professor Peter Walschburger 

Zum Beispiel wenn wir in Sicherheit daheim auf der Couch sitzen und uns einen Horrorfilm anschauen, aber auch wenn wir Thriller lesen, uns Gruselgeschichten erzählen oder Horror-Games spielen. Unsere Angstlust ist dabei eben ganz unterschiedlich ausgeprägt, manche brauchen nur milde Gefahrenreize, andere hingegen größere. Es kann allerdings durchaus passieren, dass unsere Erregungsschwelle mit der Zeit immer höher wird und wir sozusagen abstumpfen. Professor Peter Walschburger hat den Eindruck, dass viele von uns durch die neuen digitalen und sozialen Medien einer Art Reizüberflutung ausgesetzt sind, was wiederum Auswirkungen auf die Abstumpfungseffekte hat.

"Die mediale Gesamtwirkung scheint mir in die Richtung zu gehen - und das sehe ich etwas als problematisch an - dass wir mit dieser aufgeblähten, informationellen, virtuellen Welt - vor allem im bildhaften Bereich - tendenziell überfordert sind und neue Normen brauchen, um uns da auch abzuschirmen und uns kultiviert damit zu befassen." - Professor Peter Walschburger 

Häufig schauen wir Thriller- und Gruselfilme lieber in Gemeinschaft 

"Es ist eben so, wenn Menschen zusammen sind, fühlen sie sich - gerade unter Gefahrenerleben - sicherer und fühlen sich wohler. Wir haben eine intuitive, angeborene Tendenz uns unter Gefahr besonders sozial zu verhalten." - Professor Peter Walschburger



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