Bücher mit Plastikmüll bezahlen

Bücher mit Plastikmüll bezahlen

Das können alle Kinder bei einem italienischen Buchhändler

Alle Kinder bis 14 Jahre bekommen ein Buch geschenkt, wenn sie dafür Plastikmüll aus der Umwelt sammeln und zum Buchladen von Michele Gentile bringen.

Michele lebt in Polla, einer kleinen Stadt mit knapp 5.300 Einwohner*innen, gut 100 Kilometer südöstlich von Neapel. Er betreibt ein kleines Café, zu dem auch eine Buchhandlung gehört. Doch nicht nur die Literatur liegt ihm am Herzen, sondern auch die Natur.

Umweltschutz und Bildung

Begonnen hat alles bereits vor ein paar Jahren. Auf einem Spielfeld wurden Unmengen an Abfall hinterlassen, der größte Teil davon bestand aus Metall - das bekanntlich nicht verrottet, sondern lediglich zerfällt. Wertlos waren die Müllberge aber nicht, Gentile schätze den Schrottpreis der Hinterlassenschaften auf 300 bis 400 Euro. Zusammen mit einer Schule der Umgebung organisierte er eine Sammelaktion für das Aluminium und den anderen Müll des Spielfelds. Am Ende kamen 200 Kilogramm Müll zusammen, für die der Buchhändler vom Recyclingzentrum 500 Euro bekam. Von diesem Geld kaufte er Bücher für die ganze Klasse, die an der Aktion beteiligt war.
"Mein Ziel ist es, die Leidenschaft und Liebe für Bücher bei denen in Italien zu wecken, die sonst nicht regelmäßig lesen und gleichzeitig etwas Gutes für die Umwelt zu tun" - Michele Gentile
Seine Initiative war so erfolgreich, dass er sie weiterführen wollte.
"Warum nicht immer Bücher an Kinder geben, die mir Plastikmüll und Aludosen bringen?", dachte er sich.

Aktion: Biete Buch gegen Müll an

Mittlerweile hat er seine Idee in eine dauerhafte Maßnahme umgesetzt: Jedes Kind zwischen 0 und 14 Jahren, das ihm eine Aludose und eine Plastikflasche bringt, bekommt dafür ein Buch geschenkt. 
Der Buchhändler will damit gleich zwei grundlegende Probleme auf einmal lösen. Zum einen wird dadurch der Müll aus der freien Natur gesammelt, gleichzeitig lesen die Kinder wieder mehr Bücher beziehungsweise Kinder, die sonst keine Möglichkeit zum Lesen haben, bekommen die Bücher kostenlos.

Vorbild: "aufgeschobener Kaffee"

Inzwischen ist die Initiative von Michele Gentile äußerst erfolgreich: Bis zu 60 Bücher verschenkt er jeden Tag. All diese Bücher selbst zu kaufen kann sich der italienische Buchhändler aber nicht leisten. Er hat eine andere Finanzierungsquelle: Sein Konzept orientiert sich an dem Caffè sospeso (auf deutsch bedeutet das so viel wie "aufgeschobener Kaffee"). Diesen Brauch gibt es vor allem in Neapel. In vielen Bars der Stadt kannst du zusätzlich zu deinem eigenen Kaffee auch einen weiteren Kaffee bezahlen. Dieser zweite Kaffee wird von der oder dem Barista notiert und auf Nachfrage an eine/n Bedürftige*n ausgeschenkt. Genauso macht es auch der Buchhändler: Seine Kund*innen bezahlen teilweise mehr Bücher, als sie mitnehmen. Dadurch füllen sie den Fundus für die Kinder mit den Plastikflaschen und Aludosen und finanzieren Michele Gentiles Aktion.

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