Prof. Dr. Lambert Wiesing im Interview mit egoFM Sebastian
Schallplatten sind heute eigentlich ein übertriebener Aufwand, um Musik zu hören - aber genau das ist es, was den Akt zum Luxus macht, sagt Prof. Dr. Lambert Wiesing.
Ein teures Auto, Urlaub in einem 5-Sterne-Hotel oder ganz viel Zeit für sich selbst - was genau ist eigentlich Luxus? Damit setzt sich Prof. Dr. Lambert Wiesing aus philosophischer Sicht auseinander. Er ist Professor für Philosophie mit den Schwerpunkten Bildtheorie und Phänomenologie an der Uni Jena und hat sich in seinem Buch Luxus damit auseinandergesetzt, was Luxus eigentlich bedeutet. Und genau darüber hat er auch mit egoFM Sebastian im Interview gesprochen.
Prof. Dr. Lambert Wiesing über Luxus
Das komplette Interview mit egoFM Sebastian
Was ist eigentlich Luxus?
Ob etwas Luxus ist oder nicht, lässt sich nicht objektiv messen. Prof. Dr. Lambert Wiesing versucht deswegen zu bestimmen, welche Erlebnisse Menschen mit bestimmten Dingen haben müssen, um sie als Luxus zu bezeichnen.
"Insofern kann man einer Sache nicht ansehen, ob sie Luxus ist. Luxus ist immer 'Luxus für jemanden'." - Prof. Dr. Lambert Wiesing
Prof. Dr. Lambert Wiesing betrachtet das Thema aus einer philosophischen Perspektive und es war deswegen für ihn erstmal wichtig, überhaupt einen differenzierten Begriff für das Phänomen "Luxus" aufzustellen. Im Interview beschreibt er es als eine private Erfahrung im Besitz mit Dingen. Luxus ist also, im Gegensatz zu Protz, für ihn ein Phänomen, das ganz nach innen und nicht nach außen gerichtet ist. Im Allgemeinen Sprachgebrauch wird Luxus allerdings ganz verschieden verwendet und kann sowohl positiv, als auch negativ konnotiert sein.
"Es ist ein ganz seltener Fall, dass wir das selbe Wort als Kompliment und als Vorwurf verwenden können, das ist [bei Luxus] kontextabhängig." - Prof. Dr. Lambert Wiesing
"Luxus ist der Dadaismus des Besitzens"
Das schreibt Prof. Dr. Lambert Wiesing in seinem Buch Luxus. Was er damit meint ist Folgendes: Einerseits ist es ein entscheidendes Merkmal von Luxus, dass dieser an Besitz gebunden ist. Andererseits geht es für ihn bei Luxus immer auch um einen bewussten Bruch mit dem, was als normal, angemessen oder üblich angesehen wird - also weg von einer Zweckmäßigkeit. Ein Beispiel, welches viele seiner Student*innen dafür nennen, ist das Hören von Musik über Vinyl.
"Natürlich gibt es eine einfachere, billigere Möglichkeit, heute Musik zu hören. [...] Trotzdem gibt es eben auch diese Erfahrung, dass man als Mensch vielleicht nicht immer ein Subjekt sein möchte, dass der optimalen, zweckdienlichsten, effektivsten, patentesten, praktischsten und schnellsten Lösung gehorchen will. Und das ist eben dieser Punkt, dass wir Luxus nicht messen können, sondern er entsteht aus einer Erfahrung, die Besitzer mit übertriebenem Aufwand machen können." - Prof. Dr. Lambert Wiesing
New Luxury?
Viele Luxusforscher*innen beschäftigen sich natürlich auch damit, wie sich Luxus im Laufe der Zeit verändert hat und in Zukunft noch verändern wird. Dabei lässt sich beobachten, dass heute viele Menschen sagen, ihr größter Luxus sei freie Zeit. Zeit an sich ist zwar etwas Immaterielles, trotzdem kann man sie besitzen - oder eben nicht. Ob freie Zeit allerdings Erfahrungen ermöglicht, die von übertriebenem Aufwand geprägt sind und deswegen tatsächlich als Luxus bezeichnet werden kann, ist etwas, womit sich die Luxusforschung erst noch näher auseinandersetzen muss, sagt Prof. Dr. Lambert Wiesing.
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