Leoniden: Sophisticated Sad Songs

Das Album der Woche

Von Vitus Aumann

Die Kieler zeigen, wie man Betrübtheit und volle Energie unter einen Hut bekommt.

Typ Crowdsurft mit Klavier & singt virale TikTok Hits

Welche Band kriegt sowas hin? Eigentlich wirklich nur die Leoniden. Schon bevor das allererste, selbstbetitelte Album vor sieben Jahren rauskam, haben die Kieler jede Bühne, die sie in die Finger bekommen konnten, abgerissen. Diese Stages wurden dann immer größer, die Festivalslots immer dicker und wenn nicht die große Live-Zwangspause dazwischen gegrätscht hätte, wären die Leoniden mit Sicherheit schon ganz oben auf den Line Up-Plakaten. Sind die Leoniden also eine Partyspaßliveband?

Ihr neues Album Sophisticated Sad Songs zeigt, dass diese Aussage zu einhundert Prozent stimmt – und gleichzeitig komplett daneben liegt.

Tränen im Moshpit?

Traurigkeit ist halt schon irgendwie das allerletzte Gefühl was man spürt, wenn die Leoniden ihren Livewahnsinn zelebrieren. Dafür sorgt allein Gitarrist Lennart mit seinen einzigartigen Moves and der Gitarre. Aber Trotzdem: Wenn man sich mal in die Texte der Leoniden reinhört, bekommt man es plötzlich mit ziemlich viel Betrübtheit zu tun.

Das fällt meistens kaum auf, weil es die Leoniden eben perfekt verstehen aus traurigen Textzeilen energiegeladene Hooks zu bauen – aber eigentlich hat jeder ihrer Songs einen ziemlich unglücklichen Kern.
Auf "Nevermind" vom Debütalbum fing das mit Ziellosigkeit und Heimweh an und Sophisticated Sad Songs macht genau da weiter. Da gibt es "Motion Blur" Ein Song in dem sich Sänger Jakob nur noch wünscht mal inne halten zu können und nicht ständig die nächste Herausforderung vor den Latz geknallt zu bekommen. In "Never Never" bricht dann der ganze Frust des Erwachsenwerdens über den Song herein. "Keep Fucking Up" braucht eigentlich keine große Interpretation und "Tinnitus" sprüht vor Frust über einen scheinbar hoffnungslosen Kampf.

Ganz schön viel Traurigkeit für Zehn Songs, aber die Leoniden schaffen es trotzdem, dass man mit einem Lächeln aus Sophisticated Sad Songs rausgeht.

Bühnenabriss im Studio

Denn wie gesagt: Wenn die Leoniden etwas gemeistert haben, dann ist es live zu spielen. Und genau diese Energie haben sie auf Sophisticated Sad Songs in die Studioaufnahmen übertragen. Das Album ist zwar im Studio und nicht vor Publikum entstanden, aber die Leoniden haben ihre Arbeitsweise radikal verändert. Statt wie sonst wochenlang über Basslines, EQs und Songstrukturen zu diskutieren, wurde dieses Mal nach Bauchgefühl entschieden. Statt alle Instrumente einzeln aufzunehmen, kam die Band gerne mal als ganzes ins Studio und Sänger Jakob durfte das Gesangsmikrofon wie auf der Bühne durchs Studio wirbeln. So wirken die Sophisticated Sad Songs direkter, weniger verkopft aber eben perfekt für die Bühne – und vor dem geistigen Auge sieht man beim Hören schon den nächsten Moshpit aufreißen.

Die Leoniden sind einfach die perfekte Band um frustige Ereignisse in Weitermachenergie zu verwandeln.