Son Little - aloha

Son Little - aloha

Der Lieblingstonträger der Woche

Son Little singt über das Loslassen - egal ob frei- oder unfreiwillig.


Es gibt so Momente im Leben, da ist man einfach komplett hilflos.


Stammstreckensperrungen zum Beispiel. Harter Tobak. Oder wenn die Kaffeemaschine im Büro gereinigt wird und man den Arbeitstag mit zu geringem Koffeinspiegel durchstehen muss. Schlimm! Und natürlich, der Albtraum jedes*r Studenten*in: Die Festplatte, die eben doch noch funktionierte und dann plötzlich ohne Vorwarnung den Dienst verweigert. Der reinste Horror.

So ein Datenverlust kann einem sprichwörtlich das Genick brechen. Manchmal kann er aber auch regelrecht beflügeln: So geschehen bei Son Littles neuem Album aloha.


Erzwungene Spontanität

Das dritte Album von Aaron Earl Livingston, besser bekannt als Son Little, sollte im legendären Studio Ferber in Paris entstehen. Natürlich hatte sich der Amerikaner wie verrückt auf diese Aufnahmesession vorbereitet – bis dann eine gute Woche vor dem Starttermin die Festplatte mit allen fertigen Demosongs unwiederbringlich in die ewigen Datenjagdgründe einging.  

Eigentlich ein wahrhaftiger Grund zum Durchdrehen – nicht nur, aber erst recht wenn man wie Son Little gerne jeden einzelnen Ton komplett unter Kontrolle hat.

Das ganze Album musste also in acht Tagen komplett neu geschrieben werden – viel spontaner und mieser kann eine Deadline eigentlich nicht sein.  


Aber Son Little hat trotz aller kosmischer Ungerechtigkeit den Kopf nicht in den Sand gesteckt: Er hat den unfreiwilligen Neustart dafür genutzt, ein spontanes, emotionales und unberechenbares Album zu schreiben.

aloha ist das erste Son Little Album, das weniger nach Kopf, dafür mehr nach Herz klingt.



Abbild der Seele

Bitte nicht falsch verstehen: Das bedeutet auf gar keinen Fall, dass aloha ein simpel gestricktes Album geworden ist. Son Littles kreatives und abwechslungsreiches Songwriting ist natürlich noch da. Er schwurbelt munter zwischen gefühlvollem R&B, erhabenem Soul und akustischem Gitarrenzupfen hin und her.

Aber jeder Song lässt sich eben ganz klar einer bestimmten Stimmung oder Emotion zuordnen – man hört deutlich, dass sich Son Little beim spontanen Schreiben stärker von seinen Gefühlen treiben gelassen hat. Dass das eigentlich nicht wirklich seine Art ist, merkt man auch an den Texten: Viele Songs handeln vom Kontrolle abgeben und dem neu gefundenen Freiheitsgefühl, das dadurch entsteht.

Die zweite textliche Hauptrolle spielt – wie es sich für ein echtes Herzensalbum gehört - natürlich das Zwischenmenschliche.


Son Little hat es sich dabei zur Aufgabe gemacht, wirklich alle Phasen der Liebe abzudecken: Es geht also beim allerersten Funkensprung los ("belladonna"), macht bei der jungen, etwas peinlichen Liebe weiter ("bbbaby), bis die Beziehung dann in "after all" langsam aber sicher den Bach runter geht – nur um dann in "about her. again" unvermeidlich wieder aufzukeimen.

So ganz eindeutig will sich Son Little nie ausdrücken: Sogar in den Songs, die eigentlich noch voller liebevoller Euphorie sprühen, macht er gerne schon einmal den Schwenker zu düstereren Zeiten. Dafür gibt es aber auch in den tendenziell traurigen Songs immer noch den einen kleinen Hoffnungsschimmer, der einen auch beim wiederholten Durchhören noch ein Lächeln auf's Gesicht zaubern kann.

Son Little kann eben überall die positiven Seiten sehen. Wer schließlich mal einen Festplattencrash eine Woche vor der Deadline überwunden hat, lässt sich eben von gar nichts mehr aus der Ruhe bringen.




Tracklist: Son Little - aloha

01 hey rose
02 about her. again
03 mahalia
04 bbbaby
05 suffer
06 that's the way
07 3rd eye weeping
08 don't wait u
09 belladonna
10 o clever one
11 never give up
12 after all (i must be wrong)


aloha ist am 31. Januar bei Epitah erschienen.

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