Marlon Craft - Funhouse Mirror

Marlon Craft - Funhouse Mirror

Der Lieblingstonträger der Woche

Bis vor kurzem war er uns noch komplett unbekannt. Dieser New Yorker Rapper ist eine echte Musikentdeckung und zudem noch ein richtig guter Typ.

Große Rapkarrieren beginnen im Internet. Soundcloud und YouTube bieten aufstrebenden Talenten die Möglichkeit sehr schnell eine sehr große Zahl an Followern zu generieren - auch und gerade im Hip Hop.

Nur wenige Rapper schaffen es über einen kurzlebigen Hype hinaus, landen vielleicht mal einen viralen Hit oder werden den Ruf als dauerkiffende Studentenrapper nie los.

So viele es da draußen gibt - die allermeisten werden einfach vergessen. 

Dann gibt es aber noch Ausnahmen wie Marlon Craft. Mehrere Millionen Views haben die Videos, die er seit 2014 auf seinem YouTube-Kanal hochgeladen hat. Dass es so lange gedauert hat, bis er sein Debütalbum rausgebracht hat, liegt daran, dass er es sich selbst es so ausgesucht hat. Lieber Untergrund und eine treue Fanbase als Labeldeal und Erfolgsfans.

Mafia und Bandenkriege: Hell's Kitchen

Marlon ist Anfang 20, spielt gerne Basketball an der Ecke in Hell's Kitchen. Einst das gefährlichste Viertel Manhattans, hat die Gegend bis heute einen zwielichtigen Ruf. Es ist ein rauhes Pflaster. Die typische New Yorker Ernsthaftigkeit prägt auch Marlons Rap.

In seinen Texten geht es weniger um bisschen Kiffen auf Studentenpartys, sondern um Familie, Loyalität und darum, sich im vielfrequentierten Rap-Business einen Namen zu machen.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Marlon Craft ist kein bierernster Dauerdepri. Tracks wie "Gang Shit", eine Horrorshow an HipHop-Klischees, "Shallow" (zusammen mit Dizzy Wright) stehen dafür, wofür Hip Hop auch schon immer steht: Bisschen Posen, Protzen und Tanzen. Richtig schön ist, wie jener fast sieben Minuten lange Song dann aber bricht und in der zweiten Hälfte in ein reflektierendes Selbstgespräch Marlons auf einem ultrajazzigen Saxophonbeat morpht.

Jazziger Gesamteindruck

Und damit sind wir auch schon beim Gesamtklang des Albums. Funhouse Mirror ist rundum smooth, lässig und gespickt mit vielen gefühlvollen Soul- und Jazzeinflüssen. "Right Now", "Personal" und besonders "Dribblin" ist das anzuhören.



Kumpel und Beatproduzent Arbus Beats wurde dafür eigens von Marlon aus Schweden nach New York eingeflogen um dieses Klangbild zu perfektionieren. Auch Papa Craft dürfte großen Einfluss auf den Sohnemann gehabt haben – als Jazzmusiker spielt er regelmäßig in New Yorker Clubs und ist einer der größten Fans und erster Unterstützer von Marlon Craft. Ihm ist der rührende Song "Family" gewidmet. Auch Mama und Schwester kriegen ihren Vers.

Spätestens hier kommt man nicht umhin, einen gewissen Loyle Carner als Vergleichsgrundlage heranzuziehen.

Auch der Südlondoner rappt regelmäßig Liebeserklärungen an seine Familie, lässt seine Mum sogar zu Wort kommen. Auch er kommt aus einer Gegend, wo es oftmals etwas gröber zugeht. Beide zeigen aber auf sehr eindrucksvolle Art und Weise, dass man kein machistischer Proll sein muss, um sich dort Gehör zu verschaffen. Beide tragen den Independent- und Selfmade-Spririt in sich. Und beide verströmen eine sehr relaxte, sehr oldschoolige - weil Jazz und Soul und so - Stimmung in dem was sie sagen und wie sie es sagen.

Wenn du also schon den einen ganz gut findest, wirst du vermutlich auch Fan des anderen werden. Wir tun es und wollen dir hiermit Marlon Craft, unsere Musikentdeckung aus Hell’s Kitchen, sehr ans Herz legen.

 


Tracklist: Marlon Craft - Funhouse Mirror


01 Speakin‘ (Intro)
02 Word To My Mother (feat. Nyck Caution)
03 Show Up
04 Cheat Code
05 Shallow (feat. Dizzy Wright)
06 (not) Everybody
07 Dribblin‘
08 Love Hate Interlude
09 Right Now
10 Gang Shit
11 Personal (feat. Ricky Motion & Evan Cromett)
12 Family
13 Still Speakin‘ (Black Milk’s Outro)
 

Funhouse Mirror ist am 18. Juni auf Same Plate Entertainment erschienen.

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