Kraftklub: KARGO

Kraftklub: KARGO

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Kopf nicht Hängen lassen - Kraftklub sind wieder da.

Kraftklub hassen das Spießertum – aber ein paar Traditionen sind scheinbar eben doch wichtig.

Vor allem wenn es um die Rückkehr vom Soloprojekt zur Band geht. Ziemlich genau wie Peter Fox legt jetzt auch Kummer nach nur einem Album seine Solokarriere zu den Akten. Und auch wenn das erstmal schmerzt hat das auch sein Gutes – denn jetzt kann der Fokus wieder komplett auf Kraftklub liegen.

Und KARGO macht ziemlich schnell klar, dass fünf Jahre eine viel zu lange Zeit ohne Kraftklub Musik war.


 

Der König ist zurück an der Bar.

Irgendwie waren Kraftklub die letzte große Indieband, die noch wirklich alle mitgenommen hat. Bevor dann Wanda die Lederjackenrockstars, AnnenMayKantereit die Wollmützenfraktion und Bilderbuch die Glitzerkids unter sich aufgeteilt haben, wurde ausnahmslos von allen "Songs für Liam" mitgeschrien. Kein Wunder also, dass die Erfolgsformel immer noch nahezu unverändert umgesetzt wird: Sprechgesang in der Strophe, Mitschreien im Chorus, energiegeladene Gitarren und Textzeilen zwischen frechen Kommentaren und Herzschmerz.

Mit "Ein Song reicht" haben Kraftklub wahrscheinlich den Song abgeliefert, der die Band perfekt zusammenfasst – man fühlt sich gleich wieder so, als würde man neben den Jungs an der Bar im Atomino stehen.


Wie damals dort wohl die Meinung zu Tokio Hotel war? Der Featureauftritt von Bill Kaulitz dürfte einer der größten Plottwists des Jahres bleiben. Aber ganz egal ob man Bill die Textzeile über das Heimatministerium jetzt abkauft oder nicht – wenn man den Song einmal gehört hat, wird man diesen Ohrwurm ewig nicht mehr los. Und auch wenn Kraftklub seit jeher betonen, nicht Tocotronic zu sein: "Keine Regeln, Strafen und Gesetze, außer so zu leben, dass Franz Josef Wagner was dagegen hätte" hat auch schon ziemliches Slogan-Potential.

 

Mit Vollgas gegen den Frust.

Alles beim Alten also in der Krafktlub Welt? Ja und nein. Denn nach zehn Jahren auf dem Thron des Indiemainstreams hat sich schon ein bisschen Betrübtheit eingeschlichen. Schon "Teil dieser Band" setzt sich damit auseinander, dass die große Karriere ja theoretisch auch klein Enden könnte. Am Ende von "Kein Gott, kein Staat, nur Du" geht es sogar ins ewige Fegefeuer. Und "Vierter September" hinterfragt dann auch schonungslos den eigenen Aktivismus. Denn vier Jahre nach dem großen "Wir sind mehr"-Konzert gegen Fremdenfeindlichkeit sind sich Kraftklub nicht mehr sicher, wie viel von ihrer Botschaft hängengeblieben ist.

Eigentlich sind das genug Gründe, um den Kopf hängen zu lassen – aber hier zeigt sich die wahre Stärke von KARGO: Denn Kraftklub finden jedes Mal den Grund zum Durchhalten. Auch wenn nach dem "Wir sind mehr"-Konzert die Probleme natürlich immer noch da sind, findet die Band Kraft darin immerhin nicht allein zu sein. Das Fegefeuer wird auch mit Würde ertragen, weil die Liebe im irdischen Leben es einfach Wert war. Und selbst wenn die Karriere von Kraftklub eher im kleinen zu Ende gehen sollte – man könnte sich deutlich schlimmeres vorstellen.

Aber wenn Kraftklub weiterhin Alben wie KARGO rausbringen, bleibt dieses Szenario eh bloße Theorie.

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Tracklist: Kraftklub - KARGO

  1. Teil dieser Band
  2. Ein Song reicht
  3. Wittenberg ist nicht Paris
  4. Fahr mit mir (4x4) feat. Tokio Hotel
  5. Blaues Licht
  6. Kein Gott, kein Staat, nur Du feat. Mia Morgan
  7. Angst
  8. Vierter September
  9. So schön feat. Blond
  10. Der Zeit bist du egal
  11. In meinem Kopf

Kargo von Kraftklub wurde am 23. September 2022 via Universal veröffentlicht.

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