Fontaines D.C. - Dogrel

Fontaines D.C. - Dogrel

Der Lieblingstonträger der Woche

Teufel noch eins! Da ist uns doch tatsächlich eins der tollsten Alben des Jahres durchgerutscht. Einfach so! Eine verspätete Liebeserklärung.

Ok, gleich zu Beginn: Wir wissen, dass wir zu spät dran sind. Es gibt bestimmt einige von euch, die die Band aus Dublin schon seit kurz nach ihrer Gründung vor drei Jahren auf dem Schirm hatten. Oder als sie die Band Shame auf Tour begleiteten. Oder spätestens im April, als ihr mit Spannung erwartetes Debüt Dogrel erschien. Tja, wir haben all das verschlafen. Uppsi und ‘tschuldigung!

Dann eben jetzt.

Es war kurz vor dem Redaktionsausflug zum Roskilde Festival, als wir "Sha Sha Sha" zum ersten Mal hörten und ins egoFM-Programm aufnahmen. Rotzige Gitarren, mehr Blaffen als Singen, "London Calling"-Vibes – wir waren hellhörig geworden. Und wollten unsere neue Musikentdeckung direkt mal live begutachten.

Ein paar dürre Jungs in alten Anzügen und Fresh-Out-of-Bed-Frisuren. Frontmann Grian stolziert über die Bühne, wie ein Tiger im Zoo, der ein leckeres Stück Besucherfleisch hinter der Scheibe ins Visier nimmt.

Eine Stunde später laufen wir verschwitzt an eine der Bars und wissen, dass wir gerade eine unserer Lieblingsacts des Jahres erlebt haben.


Unmissverständlich Irisch

Die Art und Weise wie Grian (in breitestem irischen Akzent) seinen Unmut über seine Heimatstadt Dublin herausblökt, über Heuchler, falsche Freunde und generelle Trottel, gepaart mit den wütenden Gitarren und durchgepeitschten Drums - das ist Punk pur. Dazu mischt sich eine leichte Indie-Melancholie und catchy Gallagher-Hooks. Fantastisch.

Die Poesie der Arbeiterklasse

Literatur und Poesie sind zwei der Haupteinflüsse der Band. Dogrel bezeichnet eine typisch irische Form von Arbeiterpoesie. Laut Definition ein plumper Vers mit geringem künstlerischem Wert. Es so sagen, wie es ist. Ein Redeschwall im Pub mit den ander'n vom Stammtisch. Kurz aufregen, noch ein Bier bestellen.

Dabei hat der Frontmann seine Mitdubliner genau beobachtet. Und kennt ihren Charakter, weiß um ihre Handlungen und sortiert sie messerscharf in ihr Umfeld ein.

Die Schizophrenie der irischen Hauptstadt aus hochmodernem Industriestandort und erzkatholischer Biederkeit gießt weiteres Öl in Grians Feuer.

"Dublin in the rain is mine, a pregnant city with a catholic mind" singt er direkt im Eröffnungstitel "Big".

In "Roy's Tune" geht es um eine junge Liebe, die sich von kapitalistischen Kräften testen lassen muss. Der Song ist eine kurze Verschnaufpause, danach nimmt das Album mit "The Lotts" wieder Schwung auf, um uns danach "Chequeless Reckless" zu präsentieren.

"A sellout is someone who becomes a hypocrit in the name of money, an idiot is someone who lets their education do all their thinking",
...heißt es da und ist von der ganzen Anti-Haltung und Wut der punkigste Song auf dem Album.

Und wieder: Es so sagen, wie es ist, ohne groß Drumrumzureden. Dogrel.



Fontaines D.C. haben mit ihrem Debüt Dogrel ein Punk-Album in all seinen Facetten abgeliefert, das sich bei The Clash gleichermaßen wie bei den Strokes bedient.

Trotzdem ist dieses Album unmissverständlich der eigene Sound der Band, weil es einen detaillierten Querschnitt durch die moderne irische Arbeiterklasse und den Zeitgeist einer gespaltenen Stadt perfekt einfängt.

Wenn das nur der Anfang war, freuen wir uns schon auf weitere Alben der Jungs mit den alten Anzügen. Und versprechen: Das nächste Mal verschlafen wir garantiert nicht!



Tracklist: Fontaines D.C. - Dogrel

01 Big
02 Sha Sha Sha
03 Too Real
04 Television Screens
05 Hurricane Laughter
06 Roy’s Tune
07 The Lotts
08 Chequeless Reckless
09 Liberty Belle
10 Boys In The Better Land
11 Dublin City Sky

Dogrel von Fontaines D.C. ist bereits am 12. April auf Play It Again Sam erschienen.

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