Circa Waves: Never Going Under

Circa Waves: Never Going Under

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Die Welt ist chaotisch genug – wir leisten uns mal Optimismus.

Mal kurz den Schalter umlegen und in eine Parallelwelt abtauchen.

Eine, in der alles unkomplizierter, stressfreier und vielleicht auch sonniger ist – ewiges T-Shirt Wetter eben. Klingt verlockend, aber auch wenn der Bedarf für so einen Schalter in den letzten Jahren ziemlich angestiegen ist, existiert er ärgerlicherweise immer noch nicht. Deswegen muss eben mal wieder die Musik herhalten.

Da kommt es gerade Recht, dass die Circa Waves aus Liverpool ein Album abliefern, dass schnurstracks in die goldene Indiezeit zurückreisen lässt.


 

Zeitreise mit Steven Gerrard 

Natürlich ist auch in Liverpool die Zeit nicht stehen geblieben – auch dort benutzen Menschen mittlerweile Apps auf dem Mobiltelefon, um völlig fremden Leuten zu erzählen, was sie zu tun und zu lassen haben und der ansässige Fußballclub mit den roten Trikots hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Aber wenn man den Circa Waves zuhört, fühlt man sich plötzlich zurückkatapultiert: In eine Welt, in der man mit Gitarre in der Hand automatisch die coolste Person im Raum wird und man ewig darüber diskutiert, ob jetzt Karen O oder Julian Casablancas die größere Ikone ist. Denn die Circa Waves halten sich brav an alle Traditionen der Indie und Post Punk Revival Hochphase: Flotte Drums treiben das Tempo an, der Bass marschiert stoisch dazu, hin und wieder scheint ein Synthie durch und die Gitarren ziehen auch die Widerwilligsten auf die Tanzfläche.

Never Going Under ist also wirklich kein experimentelles Album, aber das, was die Circa Waves sich vorgenommen haben, wird ohne Kompromisse abgeliefert.


Langeweile kommt also trotz recht vertrautem Sound nicht auf. Dafür Sorgen Ohrwurmriffs wie bei "Do You Wanna Talk", epische Mitgröhlrefrains wie bei "Carry You Home" und kleine Momente, wo dann gegen Ende der Platte eben doch mal das Tempo gedrosselt wird und "Living in the Grey" mit einer gewissen Melancholie zurück ins richtige Leben führt.


Realitätsbewusste Flucht

Vielleicht funktioniert die Realitätsflucht mit den Circa Waves deswegen so gut, weil die Band selbst eben nicht in der Vergangenheit hängen geblieben ist. Aus der Indieband ist nämlich ein nahezu eigenständiges Unternehmen geworden und regelt von Albumproduktion über Social Media Auftritt alles in Eigenregie – quasi ein Muss in einer nicht mehr ganz so entspannten Musikwelt. Und auch die Texte von Sänger Kieran bleiben in der realen Welt: Auf Never Going Under verarbeitet der Liverpooler vor allem sein neues Leben als Vater. Während sich der Rest der Band durch die Songs schreddert, sinniert er darüber, wie plötzlich alles im Leben eine neue Richtung bekommen hat, überdenkt die Beziehung zum eigenen Vater und überlegt, in welcher Welt sein Kind aufwachsen wird. Aber immer wenn Zweifel und Sorgen aufkommen, bekommt Kieran wieder den Dreh zum Optimismus hin - und so sprüht Never Going Under regelrecht vor positiver Energie.

Trotz traditionellem Sound haben sich die Circa Waves also nicht komplett von der Realität abgewandt - sie erdreisten sich einfach nur trotz allem immer noch optimistisch zu sein.

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Tracklist: Circa Waves - Never Going Under

  1. Never Going Under
  2. Do You Wanna Talk
  3. Hell On Earth
  4. Your Ghost
  5. Carry You Home
  6. Northern Town
  7. Electric City
  8. Want. It All Today
  9. Golden Days
  10. Hold On
  11. Living in the Grey

Never Going Under von den Circa Waves wurde am 13. Januar 2023 via PIAS veröffentlicht.

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