Sie sind benannt nach Persönlichkeiten, Bäumen oder Blumen. Und dann gibt es Straßennamen mit einem komplett anderen Ansatz.
Straßennamen und die Geschichte dahinter
Muss in Deutschland eine Straße neu benannt werden, entscheidet normalerweise die Vertretung des jeweiligen Stadtbezirks über ihren Namen. Eine der wichtigsten Regeln: Jeder Name darf in einer Stadt nur einmal vorkommen. Logisch, sonst wird's schwierig für das Navi, Google Maps oder... uns selbst eben. Oft finden sich in einem Viertel sowieso thematisch ähnliche Namen, beispielsweise von Schriftsteller*innen. Da kann es gut sein, dass die Goethestraße in der Nähe der Schillerstraße ist und die Beethovenstraße sich mit der Haydnstraße kreuzt (zum Beispiel in München). Historiker*innen kritisierten schon oft den Mangel an weiblichen Straßennamen. Außerdem wurde in den letzten Jahren die Debatte um problematische Straßennamen immer lauter. Viele diskutieren darüber, ob man Straßen, die nach Nationalsozialist*innen oder Antisemit*innen benannt sind abändern sollte. Und dann gibt es aber auch Straßennamen, die uns einfach nur zum Schmunzeln bringen:Pesto und Rahmschwammerl
Die Petersilie – ob glatt oder kraus - ist ein gern gesehenes Kraut, besonders in der bayerischen Küche. Anders als bei dem zum Verwechseln-ähnlichen und polarisierenden Krautbruder, dem Koriander, gibt es eigentlich keinen Grund, die Petersilie nicht zu lieben. Warum es aber in Hann. Münden eine Straße namens Petersilienstraße gibt, hat eine ganz andere Geschichte. Die Petersilienstraße lag in einem armen Viertel, die unter anderem auch eine bekannte Anlaufstelle für Freier war. Schon damals war bekannt, dass Petersilie eine aphrodisierende Wirkung hat, weshalb sie besonders in dieser Straße häufige Verwendung fand. Doch der Petersilie wurde noch eine ganze andere Wirkung zugesprochen. Verhütung war in diesen Zeiten leider noch kein Thema und ungewollte Schwangerschaften an der Tagesordnung. Nach damaligem Brauch sollte jedoch ein Sud aus Petersilie helfen, die Schwangerschaft abzubrechen. Heute wissen wir, dass das grüne Kraut in entsprechenden Mengen tatsächlich abortive Eigenschaften hat. Aber keine Angst, wir reden hier wirklich von kiloweise Petersilie, die nicht einfach so wegzumampfen ist, weder in unserem geliebten Petersilienpesto, als Taboule oder als Deko auf Rahmschwammerl.Von Glühwein-Geysiren und Bierbächen
Häuser mit Wänden aus Pfannkuchen, Bäume tragen die schönsten Schmuckstücke, Brathähnchen fliegen einem in dem Mund, sobald man ihn nur öffnet. Und überkommt einen der Durst, muss man seinen Kopf nur in den Bierbach tauchen. Hach so ein Schlaraffenland, wie es das Märchen von Ludwig Bechstein beschreibt, wär schon was Feines. Ein Land, das die Faulen zu Grafen und Gräfinnen ernennt und die Tüchtigen des Landes verweist...Okay, denkt man da länger drüber nach, ist das ganze Land zum Scheitern verurteilt. Also aus der Traum von fliegenden Brathähnchen und Bierbächen. Wobei, den Bierbach gibt's tatsächlich. Wenn auch nur als Straßenname in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Und das kam so: Schon die Mönche in Greifswald wussten, was gut ist. Immerhin waren sie für das Bierbrauen im Kloster bekannt. Für die Herstellung von Bier ist Wasser unabdingbar und in direkter Nähe der Brauerei befand sich ein kleiner Bach. Da zu dieser Zeit bei kirchlichen Themen auch nicht lange diskutiert wurde, ob es rechtens ist, einen Bach einfach sein Eigen zu nennen, riss sich das Kloster den Bach kurzerhand unter den Nagel. Auch wenn es die Brauerei seit Jahrzehnten nicht mehr gibt, erinnert heute der Straßenname "Am Bierbach" in Greifswald an die einstige Existenz. Und wir träumen jetzt mal weiter von echten Bierbächen, Weißweinschorlen-Wasserfällen und Glühwein-Geysiren.Elfenbein und Vorhangphobie
Quizfrage: Warum heißt in München eine Straße Tangastraße? A: Die Straße verläuft im Dreieck, wie die Form eines Tangas. B: die Bewohner*innen dieser Straße haben grundsätzlich etwas gegen Vorhänge oder C: In dieser Straße wohnte Alfred Tanga, der Erfinder des Tangas... Okay, keine der Antworten ist richtig. Wobei wir diese Storys echt toll gefunden hätten. Aber jetzt mal ehrlich, warum Tangastraße? Tatsächlich hat der Straßenname so gar nicht mit dem minimalistischen Kleidungsstück, sondern etwas mit deutscher Kolonialgeschichte zu tun. Also - hier eine kleine Geschichtsstunde: Tanga ist die zweitgrößte Hafenstadt von Tansania an der Küste Ostafrikas und war Ende des 19. Jahrhunderts ein Umschlagplatz für Elfenbein und Sklaven. Zum Leidwesen von Tier und Mensch war zu dieser Zeit beides äußerst beliebt. Und ganz nach dem Motto der Kolonialgeschichte: "Was ich will, nehm ich mir", hat sich Deutschland die Stadt unter den Nagel gerissen. Damit hatte England natürlich ein Problem, denn auch sie wollten dem Kolonialmotto treu bleiben. So kam es 1914 zur "Schlacht bei Tanga", in der eine deutsche Truppe eine britisch-indische Einheit zurückschlug. Zur Erinnerung an diese Schlacht wurden in deutschen Städten Straßen danach benannt, so eben auch in München. Geschichtsstunde zu Ende. Ja ganz klar, Antwort "B", also freizügige Bewohner*innen ohne Vorhänge, wäre definitiv die bessere Story gewesen.Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
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