Stimme des Fußballs

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Sportreporter Günther Koch im Interview mit egoFM Vicky

Von  Viktoria Molnar (Interview)
Günther Koch ist seit über 40 Jahren als Sportredakteur sowohl im Radio als auch im Fernsehen tätig und unter Fußballfans eine echte Legende.

Mit egoFM Vicky hat er über seinen Quereinstieg, Traditionsvereine und die maßlose Kapitalisierung des Leidenschaftssports gesprochen:

  • Sportreporter Günther Koch im Interview mit egoFM Vicky

Fußball im Radio oder doch lieber auf der Mattscheibe?

Als Sportredakteur war Günther Koch jahrelang sowohl im Radio als auch im Fernsehen tätig. Das ist natürlich ein gewaltiger Unterschied - nicht nur für die Zuschauer*innen- beziehungsweise -hörer*innnen, sondern für ihn als Sportreporter selbst. Bei der Fußballreportage im Radio spricht Günther durchgehend über das, was auf dem Spielfeld passiert. Er muss es also schaffen, Bilder im Kopf der Zuhörer*innen zu erzeugen, um sie am Ball zu halten. Dadurch hat er natürlich auch eine gewisse Freiheit und kann teilweise Dinge kreativer ausschmücken, als sie vielleicht in Wirklichkeit sind. Das macht wahnsinnig viel Spaß, ist bei einem 90-minütigen Spiel aber auch extrem anstrengend für den*die Reporter*in. Und es liegt nicht jedem*r - in Günthers Augen und auch seiner Erfahrung nach als Coach, haben gute Sportreportagen auch etwas mit Begabung zu tun. Bei der Arbeit beim Fernsehen ist das jedoch anders, sagt er: 
"Eigentlich bist du als Kommentator überflüssig. Das Bild lebt ohne dich fast besser - also Klappe halten."- Günther Koch

Wie wird man Sportreporter?

Bevor Günther übrigens Karriere als Sportreporter machte, war er Lehrer und hat auch lange während seiner Tätigkeit als Reporter in seinem ursprünglichen Beruf weitergearbeitet. Hörfunk- und Fernsehreporter wurde er mehr als Quereinsteiger durch "Frechheit und Selbstbewusstsein", wie er selbst sagt: Damals ging er mit seiner sechsjährigen Tochter eine Art Wette ein, die ihn dazu ermutigte, sich beim Radio als Reporter zu melden. Gesagt, getan - am Ende gab er 1977 als Quereinsteiger sein Debüt als Reporter beim BR. Aber Frechheit und Selbstbewusstsein sind natürlich nicht das einzige, was Günther letztlich zu einem der besten und bekanntesten Sportreporter Deutschlands machte. Seine Leidenschaft für den Fußball ist hörbar und seine Vorliebe für Sprache spielte ihm natürlich zusätzlich in die Karten.
"Ich hab immer drauf geachtet, dass jeder Satz druckreif ist. Das hat mir gefallen - ich liebe die Sprache. Und daher hab ich da schon große, große Freude richtig rüber zu kommen sozusagen." - Günther Koch

Apropos Leidenschaft - Günther hat gut 40 Jahre als bekennender Fan des 1. FC Nürnberg kommentiert. Da stellt sich natürlich die Frage - darf man als Sportreporter*in eigentlich Partei ergreifen? Günther meint ja, auf jeden Fall. Denn wenn ein*e Reporter*in mit offenen Karten spielt - auch was die eigenen Vorlieben angeht - ist das nun mal um einiges ehrlicher. 
"Aber bei aller Parteilichkeit muss er - und das klingt jetzt nur widersprüchlich, ist es aber nicht - unparteiisch und objektiv sein und muss sagen 'Hey Leute, die anderen sind wirklich besser [...]'." - Günther Koch



Veränderungen im Fußball

Durch seine langjährige Erfahrung hat Günther auch selbst direkt miterlebt, wie sich sein Lieblingssport über die Zeit verändert hat. Heutzutage werden Fußballspiele auf Amazon Prime, DAZN, Sky und etlichen anderen Pay-TV Sendern gezeigt. Für Zuschauer*innen reicht die GEZ als Gebühr, um sich ein Spiel im TV anzusehen, also selten aus. Diese Kapitalisierung des Sports sieht auch Günther kritisch:
"Es ist nicht mehr der Fußball. Es ist ein ganz dreckiges Geschäft. Der Fußball ist kaputt. [...] Das ist entsetzlich, da regieren Investoren und fremde Mächte. Pfui, kann ich da nur sagen. Da geh ich lieber zu den Amateuren. Oder in der zweiten Liga - da wird noch halbwegs [...] sauber gespielt und gekämpft." - Günther Koch

Auch in seiner im letzten Jahr erschienen Biografie Wir melden uns vom Abgrund die Jürgen Roth in enger Zusammenarbeit mit Günther geschrieben hat, wird deutlich, dass der Reporter mittlerweile kein Fan mehr des heutigen Fußballs ist.
"Ich boykottiere den. Ich seh kein einziges Champions League Spiel. Ich werde auch bei der Katar-WM eher Protestveranstaltungen organisieren, als dass ich mir ein einziges Spiel ansehe. Und ich hoffe, dass das andere Fans und Fan-Clubs - und egal von welchem Verein, da müssen wir mal alle solidarisch sein - auch machen. Denn sonst können wir die Tür zumachen und können sagen 'Servus, Ade, Bye Bye'." - Günther Koch

Günther prognostiziert einen weiteren Rückgang der Zuschauer*innenzahlen für die Zukunft - nicht nur aufgrund der Pandemie, sondern auch aufgrund der Unzufriedenheit mit dem Sport. Er glaubt, dass die Zuschauer*innen bei den Pay-TV-Formaten beim Fußball weiter zurückgehen. Spätestens aber, wenn der Fußball mit dieser Kapitalisierung Rock Bottom erreicht hat, hofft Günther aber, dass sich grundlegend etwas ändern wird.
"Und dann wird man merken - hoppla, wir stehen vor dem Abgrund. Und dann wird man hoffentlich [...] durchsetzen: Höchstgrenze bei den Gagen, dann einige Änderungen bei den Transfers - joah, da kann man was machen. Da kann man operieren." - Günther Koch

Auch wenn Günther glaubt, dass sich die Fans weiter abwenden werden, wenn es im Fußball so weiter geht, glaubt er auch, dass die generelle Begeisterung für den Sport doch bleibt.



Auch egoFM Simon ist großer Fußball-Fan, sieht die Entwicklung des Sports in den letzten Jahren aber ebenfalls kritisch. Warum, erklärt er dir hier.

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