Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik

Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik

Woran manche Musiker*in glaubt

Von  Kristina Paulini
Übers Christentum, den Islam, Kanye West und The Power of Music - wir stellen dir vier unterschiedlich gläubige Musiker*innen vor.

Julien Bakers Glaube ans Christentum

Bartlett im US-Bundesstaat Tennessee - 15 Meilen nordöstlich von Memphis. Die Stadt wirkt altbacken, doch auch friedvoll. Hier ist die Welt noch in Ordnung, könnte man denken, wenn man die hübschen kleinen Läden sieht, die vielen Grünflächen, das Wetter ist sowieso immer bombe, ah ja und Homosexualität kann dort geheilt werden.… Ähm wie? Ja, Bartlett befindet sich leider im erzkonservativen Süden der USA - dort wo es immer noch sehr weit verbreitet ist, Homosexualität als Krankheit anzusehen. In diesem Ort, Bartlett, wurde die Musikerin Julien Baker in eine streng religiöse Familie hineingeboren. Nicht unbedingt das beste Setting, um sich mit 17 Jahren als homosexuell zu outen. Doch anders als bei Freund*innen von Julien, wurde sie von ihren Eltern weder in ein "Heilungscamp" gebracht, noch dazu gezwungen, ihre Sexualität zu verstecken.

Religiös ist die inzwischen 26-jährige Julien auch trotzdem noch. Hat Religion für sich selbst nur anderes definiert - anders wie sie jahrelang erzogen wurde. An Gott glauben? Ja. An die Hölle? Nein, und schon gar nicht, dass man dort landet, weil man homosexuell ist. Ein faszinierender Glaubensweg, der sicherlich alles andere als leicht war und auch immer wieder in ihrer großartigen Musik aufgegriffen wird. Und eins ist sowie so klar: sollte es einen Gott geben, wäre dieser genauso ein Fan von Julien Baker wie wir. 


Cat Stevens' Glaube an den Islam

Bei einem schicksalhaften Erlebnis zu Gott finden: von diesem Phänomen hat man schon ein paar mal gehört, aber so wirklich begreifen kann man das wahrscheinlich nur, wenn man es selbst erlebt hat. Danach folgen oft radikale Veränderungen in dem Leben der neuen Gläubigen. Paradebeispiel: Cat Stevens – beziehungsweise Yusuf Islam. Oder nur Yusuf – oder Cat Stevens / („Slash“) Yusuf Islam. Ok, wir sind verwirrt, aber zu unserer Verteidigung: es ist nicht einfach, wenn ein weltbekannter Künstler von heute auf morgen seinen Namen ändert. Aber von vorn...

Cat Stevens war bereits ein Superstar, als er durch eine schwere Tuberkulose-Erkrankung 1968 für Monate ans Bett gefesselt war. Eine Zeit in der er nicht nur dutzende Songs komponierte, sondern sich auch mit Religion auseinandersetzte. Ein Badeausflug bei dem er fast ertrank, war das Zünglein an der Waage, das ihn dazu brachte, zum Islam zu konvertieren und sich von nun an Yusuf Islam zu nennen. Musik gab es erstmal auch nicht mehr, die Gitarre, ein westliches Instrument, lehnte er ab. Doch Mitte der 90er startete er einen Neuanfang mit arabischen Liedern. Mit eher geringer Erfolgsquote.

Heute hat er für sich entschieden, dass es doch wieder ok ist, seine Gitarre in die Hand zu nehmen und seine alten Songs zu spielen. Auch mit seinem Namen ist er nicht mehr ganz so streng. Cat Stevens oder Yusuf Islam – Hauptsache gute Musik.
  • Julien Bakers Glaube an das Christentum
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  • Cat Stevens Glaube an den Islam
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  • Jon Hopkins Glaube an die Musik
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Kayne Wests Glaube an Kanye West

Mal ehrlich: Keine Ahnung, wie man mit dem Thema einsteigen sollen. Vielleicht ja mit einem Quiz – ja, das lockert die Stimmung: Von wem stammt dieser Spruch: "Ich bin der größte Künstler, der jemals von Gott erschaffen wurde" - ist das A) von Jesus B) von Picasso oder C) von Kanye West? Na? Richtig! Kanye "Mr. Größenwahnsinnig" West! Wobei witziger Fun Fact: Nicht nur der Spruch stammte von ihm, nein er hat sich ebenfalls schon mal mit Jesus UND Picasso verglichen.
Rausgehauen hat er diese... arg selbstüberzeugte Aussage bei dem Konzert Schrägstrich Gottesdienst 2019 in der Lakewood-Church in Houston, als er sein Album "Jesus is King" vorstellte.

Und auch sonst sind Kanye und Gott Best Buddys – also nach der Meinung von Kanye. Beziehungsweise Ye, wie er seit einiger Zeit nur noch genannt werden möchte. Mit seinen sogenannten "Sunday Services" pilgerte Ye quer durch die USA und hält als Prediger Gottesdienste ab. Der bislang letzte Gottesdient fand am 31. Oktober 2021 auf einem Hausdach statt. Ganz in weiß gekleidet durfte dann einem Kinderchor und Tracks von seinem derzeitig neuen Album gelauscht werden. Und falls das nicht schon weird genug ist: Justin Bieber und Marylin Manson waren auch am Start.

In letzter Zeit wurde es zwischen Gott und Kanye recht ruhig, liegt vielleicht daran, dass er damit beschäftigt war, Hasstiraden und Drohungen an seine Exfrau Kim und ihren neuen Freund auf Instagram zu posten. Bis ihn Insta endlich gesperrt hat. Denn selbst wenn dich Gott persönlich zu uns gesandt hat: Get your shit together!

Jon Hopkins Glaube an die Musik

Hast du schon mal etwas von einer Ketamin-Therapie gehört? Nein, das ist weder ein Codewort für ein Wochenende ohne Schlaf im Berghain noch ein Entzug nach demselbigen Erlebnis. Aber erstmal eine Begriffserklärung für alle, die nur Bahnhof Zoo verstehen: Ketamin oder auch kurz Keta ist ein Narkose- und Schmerzmittel, welches unter anderem in der Notfall- und Tiermedizin zur Anwendung kommt. In der Partyszene ist es beliebt, weil es in niedriger Dosierung zu Halluzinationen führen kann – aber Vorsicht: Zwischen krassem Trip und Lebensgefahr liegen nur wenige Milligramm. Was jedoch wenige wissen: Ketamin hat sich sehr vielversprechend erwiesen, um die Häufigkeit schwerer depressiver Episoden bei Personen mit psychischen Erkrankungen zu verringern und die Selbstmordgefahr einzudämmen. Alles unter ärztlicher Betreuung, versteht sich.

Schon seit Jahrtausenden werden in den verschiedensten Kulturen Pflanzen mit psychotropen Wirkstoffen in rituellen religiösen Zeremonien verwendet oder als spiritueller Wegweiser benutzt. Ganz wichtig dabei: das richtige Setting. Unter anderem auch die richtige Musik.
Der Musiker Jon Hopkins will diese religiösen Zeremonien in den heutigen Zeitgeist bringen und produzierte 2021 kurzerhand ein Album. Music for Psychedelic Therapy: eine Platte, die genauso lang gehen soll wie ein Ketamin-Trip. Und dabei handelt es sich eben nicht um psychedelische Musik, die einfach nur super trippy klingt, sondern Musik, die wirklich helfen soll, den Geist auf eine ganz bestimmte Weise zu erforschen. Und wir kommen von dem Gedanken nicht los, was passieren würde, wenn man das im Berghain auflegen würde...

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