Recht auf Stillen in der Öffentlichkeit

Recht auf Stillen in der Öffentlichkeit

In Deutschland sind Stillende nicht gesetzlich geschützt

Warum müssen so viele Stillende immer noch engstirnige Kommentare ertragen, wenn sie ihre Babys in der Öffentlichkeit füttern? Es sollte normal sein - und das Recht im Gesetz verankert sein.

Stillen in der Öffentlichkeit ist noch immer nicht selbstverständlich

Zumindest zeigt das eine Umfrage von einem Babyartikelhersteller (MAM) aus diesem Jahr: Unter 1.900 Müttern in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben über 67 Prozent negative Erfahrungen mit Stillen in der Öffentlichkeit gemacht.
Aktuelle Beispiele gibt es gerade aus NRW: In einem Hallenbad in Essen wurde eine Mutter zum Beispiel beschimpft, weil sie ihr Kind gestillt hat und in Oberhausen wurde eine Frau sogar aus einem Geschäft geworfen.

Grundsätzlich ist das Stillen in der Öffentlichkeit zwar zulässig, allerdings gibt es ein Problem: das Hausrecht.

Wenn es einem Gastwirt zum Beispiel nicht passt, wenn jemand dort sein Kind stillt, kann er von seinem Hausrecht Gebrauch machen und die Person theoretisch einfach rauswerfen.

"Sollen sie doch einfach zum Stillen aufs Klo gehen!"

Das bekommt man ja gerne zu hören. Aber komm: Würdest du gerne dein Pausenbrot in einer Klokabine essen? Und überhaupt: 

Stillende Brüste sind anstößig, aber in Dessous auf Werbeplakaten okay?

Jetzt kann man generell wieder diskutieren, warum die weibliche Brustwarze im Vergleich zur Männlichen überhaupt so verrucht ist, dass sie versteckt werden muss. Allerdings sieht man die ja meistens nicht mal, weil sie von einem Babykopf verdeckt wird. Stattdessen scheint die Mehrheit der Gesellschaft es eher zu tolerieren, dass zu jeder werblichen Gelegenheit Frauen und ihre Brüste auf Werbeplakaten, Rohreinigungsfirmenwagen oder in Tageszeitungen (die meistens in denselben Cafés ausliegen, in denen man sich über stillende Frauen beschwert) sexualisiert werden, als dass eine Person auf der Parkbank oder in einer Ecke im Café mal eben ihr Kind füttern könnte. Ist das nicht merkwürdig? Könnte man mal mehr drüber nachdenken und weniger unverschämt glotzen.

Es braucht ein Recht auf Stillen in der Öffentlichkeit

Josefine Paul, die Familienministerin von NRW, wirbt deshalb jetzt für ein bundesweites Recht auf Stillen in der Öffentlichkeit. Ein Vorschlag ist zum Beispiel, das Antidiskriminierungsgesetz zu erweitern und dort das Stillen als Rechtsanspruch zu verankern. In anderen Ländern gibt es das auch schon, zum Beispiel in den USA, Schottland oder Australien. Auch der Deutsche Hebammenverband macht sich bereits seit Jahren für das Thema stark, eine Online-Petition der Verbands fand in der Vergangenheit allerdings keinen großen Zuspruch.

Dabei würde eine gesetzliche Klarstellung einerseits Müttern den Rücken stärken und außerdem wäre es dann vielleicht auch irgendwann einfach selbstverständlich, wenn eine Mutter ihr Kind stillt - egal wo. Im NRW-Landtag ist öffentliches Stillen zum Beispiel schon Normalität. Da hat letzte Woche eine Abgeordnete ihr Baby gestillt. Das Baby hat leise gequäkt und ein anderer Abgeordneter hat dann einfach nur kommentiert: "Das sind die schönsten Zwischenrufe." So kann's gehen.

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