Die Fortsetzung eines Überraschungserfolgs: 'Missing' ist ein Thriller, der nur anhand von Bildschirmaufnahmen erzählt wird. Ob der Erfolg wiederholt werden kann, weiß egoFM-Kinoredakteur Fabian Broicher.
Eng verwandt mit dem vor allem im Horror zu verordnenden Stil des Found Footage, basiert die Handlung eines so genannten Desktop-Films ausschließlich auf Aufnahmen von Bildschirmen – Computer, Handys, selbst Smartwatches. Seit Anfang 2010 geistert der Begriff durch den Filmäther; richtig populär machten ihn Filme wie der gar nicht so schlechte Horror-Film Unknown User sowie Searching, ein Mystery-Thriller von 2018, in dem ein Vater auf die Suche nach seiner verschwundenen Tochter geht. Vor allem Searching wurde, nicht zuletzt dank einer intelligenten Story sowie dem tollen Schauspiel von John Cho, zu einem Überraschungserfolg, auf den nun mit Missing eine Fortsetzung folgt – allerdings mit neuen Charakteren; lediglich die Machart hat das Regie-Duo Will Merrick und Nick Johnson vom Vorgänger übernommen.
Worum geht's in Missing?
Eigentlich möchte die junge June ihre Mutter Grace nur vom Flughafen abholen. Zusammen mit ihrem neuen Freund Kevin war sie ein paar Tage in Kolumbien, und obwohl sich zwischen ihr und ihrer Tochter immer wieder Spannungen abzeichnen, vor allem seit dem Tod von Junes Vater, herrscht zwischen den zwei Frauen eine gewisse Vertrautheit. Doch Grace kommt aus diesem Urlaub nicht mehr zurück. Panisch, jedoch felsenfest entschlossen, ihre Mom zu finden, kontaktiert June die Behörden, die jedoch nicht dazu in der Lage sind, ihr zu helfen. Also begibt sie sich mithilfe des Internets auf die Spuren ihrer Mom, stößt dabei jedoch auf immer mehr Ungereimtheiten. Warum ist sie überhastet aus ihrem kolumbianischen Hotel abgereist? Weswegen ist die Standorterkennung an ihrem Handy abgestellt? Und noch dazu kommen immer mehr dubiose Details über Kevin ans Tageslicht, die June Sorgen bereiten – hat er vielleicht etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?
Missing
egoFM Trailer
So ist der Film
Dass Sev Ohanian und Aneesh Chaganty sich dazu entschließen, in Missing eine Geschichte mit anderen Charakteren als in Searching zu erzählen, war eine kluge Entscheidung, denn somit verschwendet der Nachfolger ihres Debütfilms keine Zeit mit müßigen Erklärungen, sondern kommt flink zur Sache. Natürlich benötigt man trotz des bereits bekannten Formats eine gewisse Affinität dazu, ständig Chat-Verläufe und Mauszeiger verfolgen zu müssen, um der Handlung zu folgen, allerdings sorgt das hohe Tempo, das die Regisseure Will Merrick und Nick Johnson für ihren Film wählen, dafür, dass kaum Langeweile aufkommt. Hinzu kommt eine erstaunlich emotionale Performance von Storm Reid, bekannt aus der fantastischen Serie Euphoria, die dem sonst etwas kühlen Format Menschlichkeit verleiht. Und auch der schmierige Ken Leung sowie der als herzensguter kolumbianischer Assistent überzeugende Joaquim de Almeide machen Spaß.
Obendrein weiß die Story, wie bereits im Vorgänger, mit einigen unvorhergesehenen, überraschenden Twists auf, die Spaß machen, wenngleich sie manchmal ein paar Logiklöcher zu viel aufweisen. Nichtsdestotrotz trübt das die Laune an einem wendungsreichen, spannenden Thriller kaum, wenn man sich auf ihn einzulassen vermag. Das macht Missing sicherlich nicht zu großem Kino, allerdings zu netter und kurzweiliger Unterhaltung.
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