Auch bei einer Erkältung will der Arbeitgeber den gelben Zettel - manchmal sogar schon ab dem ersten Krankheitstag. Den gibt es nun per WhatsApp.
Lange im keimverseuchten Wartezimmer rumsitzen, bis du endlich die Unterschrift auf dem Krankenzettel hast? Ein Hamburger Unternehmen möchte das ändern.
Es bietet den gelben Zettel per WhatsApp an, wenn du nur eine Erkältung hast. Um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bekommen, musst du zunächst auf der Internetseite des Start Ups ein paar Fragen beantworten. Beispielsweise welche Symptome du genau hast und ob du in der letzten Zeit Kontakt zu einem anderen Erkälteten hattest. Außerdem werden durch die Fragen sogenannte Risikofaktoren, wie Schwangerschaft oder eine chronische Herzerkrankung ausgeschlossen.
Wenn das soweit passt, musst du nur noch deine Kontaktdaten hinterlassen und neun Euro als Bearbeitungsgebühr bezahlen. Nachdem du ein Foto deiner Versicherungskarte per WhatsApp an den Anbieter geschickt hast, erhältst du die Krankschreibung (natürlich nur, wenn der Arzt oder die Ärztin dich wirklich als krank einstuft) - zunächst digital und einen Tag später auch phsyisch, so zumindest das Versprechen.
WhatsApp-Krankschreibung rechtlich sicher?
Can Ansay ist nicht nur Gründer des Unternehmens, sondern auch Jurist. Er versichert, dass sein Angebot rechtlich wasserdicht ist. Durch eine Lockerung des sogenannten Fernbehandlungsverbotes im letzten Jahr sei Telemedizin in dieser Art möglich. Er räumt allerdings ein, dass Arbeitgeber stutzig werden könnte, wen der oder die behandelnde Ärtz*in in einem andere Bundesland tätig ist. Daher ist auf der Krankschreibung vermerkt, dass diese per Telemedizin erfolgt ist.Nur für Erkältungen
Besonders bei Erkältungen eigne sich der Weg über WhatsApp, denn diese seien ungefährlich und zudem allein mittels Fragen gut zu diagnostizieren, so Ansay. Außerdem wisse der Patient, dass er nur eine Erkältung habe und brauche den oder die Ärzt*in daher lediglich für die Krankschreibung. Für andere Krankheiten kannst du den Dienst aber nicht nutzen. Der Unternehmensgründer sieht den Vorteil daher vor allem für die Patient*innen. Sie müssen sich nicht mehr krank auf den Weg in ein volles Wartezimmer machen, in dem sie im schlimmsten Fall noch andere Menschen anstecken.Kritik: Datenschutz und Missbrauch
Die Landesärtztekammer Schleswig-Holstein sieht das Konzept der Krankschreibung via WhatsApp jedoch kritisch. So laufe die Kommunikation in dem Messenger zwar Ende-zu-Ende verschlüsselt, wird "aber systemimmanent über amerikanische Server abgewickelt". Außerdem motiviere das Konzept zu sehr zum Blaumachen."Es erscheint verlockend und einfach, für dann 18 Euro jeweils 'ein paar Tage nicht zur Arbeit zu müssen' wie ein Discount-Produkt im Internet bestellen zu können" – so die Landesärtztekammer Schleswig-Holtstein via Pressemitteilung.
Allerdings ist eine Krankschreibung nur zweimal pro Jahr möglich.
Der Start Up Gründer Can Ansay kann letzteres Argument der Landesärtztekammer Schleswig-Holstein nur bedingt nachvollziehen. Zwar seien sicherlich auch Personen unter seinen Kunden, die gar nicht krank seien, insgesamt stelle dies aber kein Problem dar. Um die Gefahr von einfach zusätzlichem Urlaub zu minimieren, kannst du den Service eh nur zwei Mal pro Kalenderjahr nutzen. Dann aber bis zu fünf Tagen, beziehungsweise bis zu drei Tage rückwirkend. Ob du aber wirklich die vollen fünf Tage krank geschrieben wirst, hängt nicht vom Unternehmen, sondern von dem oder der behandelnden Ärtzt*in ab.Für die Landesärtztekammer Hamburg ist unklar, wie der oder die Ärtzt*in sicherstellt, dass „der Mensch, welcher das Foto einer Versichertenkarte über WhatsApp schickt, tatsächlich der Patient ist, der auf der Versichertenkarte genannt ist“, wie uns die Landesärztekammer Hamburg per Mail erklärt hat. Für Can Ansay zählt dieses Argument nicht. Denn welchen Nutzen könne eine Person mit einem gelben Schein haben, der gar nicht auf ihn ausgestellt sei?
Can Say möchte seinen Service übrigens noch ausbauen. Zum einen mit mehr Ärzt*innen, die Krankschreibungen via WhatsApp verschicken. Zudem entwickelt der gelernte Jurist aktuell noch weitere Produkte für den medizinischen Bereich.
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