Über die Zukunft des Bahnverkehrs

Über die Zukunft des Bahnverkehrs

Im Gespräch mit Philipp Kosok

Philipp Kosok ist Sprecher für Bahnverkehr und ÖPNV beim ökologischen Verkehrsclub Deutschland.

Wir haben mit ihm über die Veränderung des Bahnverkehrs und der Mobilität allgemein gesprochen. Und darüber, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Transrapid irgendwann durch Deutschland und Europa fährt.
  • Philipp Kosok vom Ökologischen Verkehrsclub Deutschland
    Das komplette Interview zum Nachhören

Nachhaltigkeit und Treffpunkte

Die Corona-Pandemie hat unsere Mobilität natürlich sehr beeinflusst. Öffentliche Verkehrsmittel werden weniger genutzt, die Menschen sind weniger unterwegs. Doch Corona mal ausgeblendet, in den Städten geht der Trend zur nachhaltigen Mobilität:
"Eigentlich alle Städte, die wirklich versuchen, eine nachhaltigere und vor allem lebenswertere Stadt für ihre Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, die setzen derzeit massiv auf den Ausbau des Schienenverkehrs und auf den Ausbau der Radinfrastruktur."
Die deutschen Städte, die zukunftsorientiert sind, holen sich Inspiration aus unseren Nachbarländern und schauen, was passiert zum Beispiel in Wien, Amsterdam oder Kopenhagen.
"Da brauchen wir einfach nicht nur eine klimaneutrale Mobilität, das ist natürlich ein ganz wichtiger Faktor, aber die Menschen hätten auch gerne wieder mehr Flächen in ihrer Stadt, die sie nutzen können, um sich zu begegnen, um sich dort aufzuhalten und nicht nur, um dort Autos zu parken."

Die Stadt von morgen


Welche Konzepte gibt es für die Stadt von morgen?
Philipp erzählt uns:
"Die Stadt von morgen, die ist glaube ich eine Stadt, die eher kleinteiliger wird, wo man sich wieder mehr im Quartier bewegen, aufhalten und begegnen kann."
Zum Beispiel gibt es schon das Projekt "12qmKultur". Bürger*innen aus der Umgebung bespielen eine ungefähr zwölf Quadratmeter große Fläche eines Parkplatzes mit Kulturprogramm, und zeigen so, was man mit dieser Fläche Besseres machen könnte, als nur dort zu parken. Das Ziel: den Autoverkehr reduzieren und Flächen, die für Parkplätze draufgehen, sinnvoller nutzen.

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Ein Transrapid-Netz durch Europa?


Es gibt das Bestreben, Menschen dazu zu animieren, aus Umweltgründen weniger zu fliegen (mehr zum Thema Flugscham findest du hier). Im Raum steht die Idee eines europaweiten Transrapid-Netzes. Philipp hält das Ganze für unwahrscheinlich. 
"Ich glaube nicht wirklich, dass wir das erleben werden. Was die Europäische Union hat und verfolgt, ist, dass es überhaupt eine Art transeuropäisches Netz gibt. Also dass es wichtige Verbindungen zwischen den großen Zentren gibt, auf denen man gut reisen kann."
Pläne für diese Verbindungen gibt es bereits. Doch einen Transrapid brauchen wir da gar nicht, meint Philipp. Er wünscht sich, dass das bestehende Eisenbahnnetz ausgebaut und modernisiert wird. Ein Transrapid wäre natürlich schneller, könnte höhere Geschwindigkeiten fahren und wäre somit ein besserer Ersatz für den Flugverkehr. Aber die Eisenbahn könnte auch schneller sein, als sie gerade ist. 
"Zum Beispiel sind Grenzübergänge zwischen den Ländern in Europa nicht gut ausgebaut, Streckennetze sind überlastet. Und das Schienennetz gerade in Deutschland ist eigentlich viel zu voll. Die Fahrgastzahlen sind seit Jahren stark gestiegen, das Netz hingegen ist immer weiter geschrumpft."
Auf der recht neuen Strecke zwischen Berlin und München braucht man mit dem Zug jedoch genauso lang wie mit dem Flugzeug (berechnet man die Boarding-Zeit mit ein). Und ein Transrapid bräuchte außerdem ein komplett eigenes Schienensystem mit einer neuen Infrastruktur. Das wäre viel zu teuer und wurde deshalb in Deutschland nie durchgeführt. Berühmtestes Beispiel: Die Idee, einen Transrapid vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen zu bauen. 

Wie kann die Bahn noch attraktiver werden?


Philipp sieht drei wesentliche Maßnahmen, die es bräuchte, um die Bahn attraktiver zu machen.
"Das Erste ist: Wenn ich heute ein Ticket quer durch Europa buchen will, ist es wahnsinnig kompliziert. Im Flugverkehr kennen wir ja ganz viele Buchungsseiten, wo ich mir mit drei Klicks bei allen Fluggesellschaften ein Ticket besorgen kann. Im Bahnverkehr fehlt etwas Vergleichbares."
Ein weiterer Punkt ist der Ausbau des europäischen Schienennetzes, dass leider noch viele Lücken hat und öfter mal überlastet ist. Hier sollte mehr investiert werden, was gerade auch schon beginnt. Der dritte und schwierigste Punkt ist das Steuersystem:
"Heute ist es so, wenn man sehr umweltfreundlich reist, also zum Beispiel auf der Schiene, dass das Steuersystem das im Grunde überhaupt nicht belohnt. Das Steuersystem macht es möglich, dass Billigflieger für zehn Euro von Deutschland nach Spanien fliegen können. Das erfordert also vor allem mehr Mut von den Regierungen, endlich hier die ganzen Umwelt- und Klimakosten mit einzupreisen."

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