Die Aussprache

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Von  Fabian Broicher
Mit 'Die Aussprache' kommt ein weiterer Film in die Kinos, der sich eindeutig auf die #metoo-Bewegung bezieht. Ob es das braucht, weiß egoFM Kinoredakteur Fabian Broicher.



Es dauert nicht lange, bis Sarah Polley in Die Aussprache das Übel zeigt, dem ihre Charaktere ausgesetzt sind. Bereits in den ersten Einstellungen, changierend zwischen Grausamkeit und Schönheit, zeigt die Regisseurin und Schauspielerin, dass es hier um Frauen geht. Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Miriam Toews, der auf einer wahren Geschichte in einer bolivianischen Kommune beruht, bekommt Polley hinter der Kamera nicht nur Unterstützung von Brad Pitt, sondern vor der Kamera auch von der stets umwerfenden Frances McDormand, die zuletzt mit der Buchverfilmung Nomadland einen Oscar für den besten Film gewann – worauf auch Die Aussprache hoffen kann.

Worum geht's in Die Aussprache?

Die Anhänger*innen der mennonitischen Kommune irgendwo in den USA führen ein sehr einfaches Leben. Zurückgezogen, bäuerlich, unzeitgemäß für das Jahr 2010. Umso mehr erschüttert es die Glaubensgemeinschaft, als mehrere Frauen, darunter auch Kinder, von den Männern angegriffen und vergewaltigt werden. Zum ersten Mal in ihrem Leben sind die Frauen, ansonsten durch ihren Glauben in absoluter Demut erzogen, damit konfrontiert, eigene Entscheidungen treffen zu müssen. Also führen sie eine Abstimmung durch, um über ihre nächsten Schritte zu entscheiden. Denn zumindest das steht für die Frauen fest - sie möchten zusammenstehen.

Als es für die Optionen des Verbleibs in der Kommune und dem Weiterziehen eine Stimmengleichheit gibt, trifft sich eine kleine Gruppe der betroffenen Frauen in einer Scheune, darunter die heißblütige Salome sowie die analytische Ona. Dort diskutieren sie darüber, ob sie in der Gemeinde bleiben wollen, um den Männern zu vergeben, oder die Mennoniten sowie das Dorf zum ersten Mal in ihrem Leben verlassen möchten, um in das Unbekannte zu ziehen. Dabei sehen sie sich mit den Grundsätzen ihres Lebens konfrontiert.
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So ist Die Aussprache

Es dauert eine Weile, um den Ton, den Sarah Polley für ihren Film wählt, zu begreifen. Anfangs treffen entrückte, expressionistische Bilder, die teils grauenvolle Dinge zeigen, auf eine kühle weibliche Stimme aus dem Off. Doch sobald die Besprechung der Frauen auf dem Heuboden beginnt, nimmt auch Die Aussprache Fahrt auf, obwohl eigentlich gar nicht viel passiert. Doch durch die Reduktion auf einen Handlungsspielort erzielt Polley eine fast kammerspielartige, beklemmende Atmosphäre, angereichert durch unglaublich starkes Schauspiel ihrer Darstellerinnen, die allesamt zu überzeugen wissen.

Obendrein behandelt Die Aussprache einige wirklich gravierenden Themen, die an die Substanz gehen. Wie gelangen die mennonitischen Frauen etwa an die Selbstbestimmtheit und Identität, die ihnen zustehen – und wie fühlt es sich an, ein Leben ohne sie zu führen? Zu welch grässlichen Dingen sind Männer unter dem Deckmantel von Glauben, Religion und Erziehung in der Lage? Und vor allem, ob die Wahrheit gegenüber des Glaubens gewinnt. All das wird geerdet von den bereits erwähnten hervorragenden Schauspielleistungen, allen voran Rooney Mara und Claire Foy, sowie den beeindruckenden Bildern von Kameramann Luc Montpellier.

All das macht Die Aussprache zu einem ruhigen, behutsam erzählten Film, der dennoch unter die Haut geht und noch lange nach dem Anschauen präsent bleibt. Dafür gibt’s 8 von 10 Heuböden.

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