Weltbekannt in... Russland

Pussy Riot

Egal, wie wenig du dich für Musik aus Russland interessiertst, von der Moskauer Punk-Band Pussy Riot hast du ganz bestimmt schon was gehört. Gut, eventuell weniger durch ihre Musik und viel mehr durch den unermüdlichen feministischen, kirchen- und regierungskritischen Aktivismus. Spontane Aktionen in ganz Moskau, bei denen die Frauen der Riot Grrrl-Gruppe knallbunte Sturmhauben tragen, haben einzelne Mitglieder nicht nur in die weltweiten Nachrichten, sondern auch ins Gefängnis, beziehungsweise Arbeitslager gebracht. 

Während ihre Diskografie nach zehnjährigem Bestehen gerade mal drei EPs umfasst (Kill the Sexist (2012), Won't Get Fooled Again (2015) und XXX (2016)), haben Pussy Riot in ihrer Musikkarriere einen Haufen einzelner Singles veröffentlicht - oft mit anderen Musiker*innen zusammen. Allein 2021 waren es acht Songs, unter anderem zusammen mit MARINA oder Our Lady Peace. 

Motorama

Fan von Joy Division zu sein ist so basic - sei doch lieber Fan von einer russischen Band, die wie Joy Division klingt! Von Motorama, nämlich. Dabei ist die Gruppe viel mehr als nur ein Abklatsch. Ihre Songs sind teilweise melodischer, eingängiger als die der Briten. Zudem hat sich ihr Klang im Laufe ihrer Diskografie nicht festgefahren, wandelt sich immer wieder und weist so auch Elemente aus New Wave auf. 
Die Post-Punk Band aus Rostov-on-Don gibt es bereits seit 15 Jahren, in denen Motorama insgesamt sieben Alben veröffentlichten. Das letzte, Before The Road, erschien erst dieses Jahr. Mit ihrem Sound und möglichweise auch, weil sie anders als viele ihrer russischen Musikkolleg*innen in den allermeisten Fällen auf Englisch singen (es gab lediglich ein Album auf Russisch, Утро (Morgen)), konnten sich Motorama eine weltweite Fanbase erarbeiten.

МЫ

МЫ - übersetzt "Wir" ist ein Dream Pop Duo, das sich aus Daniil Shaikhinurov und Ksenia Khrustaleva zusammensetzt. Letztere kam allerdings erst später dazu und löste damit die Vorgängerin Eva Krause ab. Daniil gilt dabei als musikalischer Tausendsassa, der sich mit seinem Talent in der russischen Musikszene einen guten Namen machen konnte. So wurde eines Tages auch der ehemalige Chefredakteur der russischen GQ, Mikhail Idov, auf Daniil aufmerksam und bat ihn darum, den Soundtrack für die TV-Serie Optimists zu kreieren, was noch einige Folgeprojekte einbrachte.

Das Projekt um МЫ wiederum entstand, als Daniil via Instagram auf Evas Gesangstalent gestoßen ist. In kürzester Zeit haben die beiden ein Doppelalbum, eine EP und mehrere Singles rausgehauen. Wegen größeren Meinungsverschiedenheiten trennten sich die beiden allerdings 2018. Eva machte sich unter dem Namen Mirèle als Sängerin selbstständig. Daniil setzte das МЫ-Projekte in Zukunft einfach mit Ksenia fort. Das letzte Album, New World, Part 1, erschien im August 2021.

Krasnoznamyonnaya Diviziya Imeni Moyei Babushki

Was für ein fantastisch langer Bandname - genieß ihn hier und jetzt noch einmal in kyrillischen Buchstaben: Краснознамённая дивизия имени моей бабушки. Hach, herrlich, ein Traum für Radiomoderator*innen! Ansonsten tappen wir dezent im Dunkeln und loten die Grenzen von Google Translate aus. Denn alles, was man zu dieser Band findet, ist auf Russisch. Der Bandname selbst ist dabei auch schon ein dezentes Fetzenrätsel. "Krasnoznamyonnaya Diviziya Imeni Moyei Babushki" soll dem Übersetzungs-Tool so viel heißen wie: "Die erste Rote Armee wird meine Großmutter genannt"…? Scheinbar wurde dieser Name aber von der New Yorker Band Gogol Bordello, beziehungsweise viel mehr vom Musikkritiker Ivan Chernyavsky inspiriert - letzterer schrieb einst nämlich, erstere wären nach Nikolai Wassiliewitsch Gogol benannt. Und Gogol ist auf Russisch wohl das gleiche Wort wie Rotes Banner aka Rote Armee. Puh. Naja. Kommen wir aber nun zum Wesentlichen: der Musik.
Wir kürzen die Moskauer Band in Zukunft einfach mit KDIMB ab - für alle Beteiligten das Beste. Also: KDIMB wurde 2008 gegründet, setzt sich aus acht Leuten zusammen und weist ein recht vielfältiges Klangrepertoire auf - zwischen experimentellem Rock bis hin zu eingägigem Synth-Pop ist bei KDIMB alles zu hören. Sechs Klangbündel haben KDIMB bisher veröffentlicht. Das letzte Album, Катакомба (Katakomben), erschien 2020.

Jenia Lubich

Gut, also wenn jede*r Musiker*in in jedem Land dieser Welt ein ähnlich klingendes Äquivalent hat, dann ist Jenia Lubich die russische Version von Charlotte Gainsbourg. Hin und wieder singt die Sankt Petersburgerin sogar auf Französisch und war auch schon mal kurzeitiges Mitglied von Nouvelle Vague! Auf einem Konzert der französischen Band in St. Petersburg drückte die Sängerin dem Produzenten Marc Collin eine ihrer CDs in die Hand - der war natürlich von ihrer sanft, souligen Stimme beeindruckt und lud sie schließlich zu sich nach Frankreich ein, um ein paar gemeinsame Songs aufzunehmen. Fast als Konsequenz daraus singt sie auf ihrer zweiten Platte, Code Morse (2015), größtenteils auf Französisch. Allerdings verleugnet Jenia Lubich nie ihre Herkunft, nein, nein. Das wird in "Russian Girl" deutlich:

I am just a simple Russian girl,
I've got vodka in my blood.
So I dance with brown bears
And my soul is torn apart...

Jenia Lubich hat drei Studioalben im Repertoire: C'est la vie (2011), Азбука Морзе ("Morse Code") (2015) und Снежно ("verschneit") (2016).

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Playlist: Alternative Musik aus Russland

Neben diesen fünf wundervollen Künstler*innen gibt es natürlich noch weitaus mehr zu entdecken in der russischen Musiklandschaft. Deswegen haben wir auch gleich eine ganze Playlist angelegt - mit dabei natürlich auch Eduard Anatoljewitsch Chil. Muss sein. Verdammte Legende.