Somatische Therapeutin Karina Leitner im Interview
"Familie ist am wichtigsten" - das heißt es oft immer noch. Nur was, wenn genau die uns nicht guttut und im schlimmsten Falle sogar toxisch ist? Muss man da auf Teufel komm raus trotzdem versuchen, mit ihr klarzukommen, weil es ja die Familie ist? Auf gar keinen Fall, meint Karina Leitner.
Schluss machen
Da denkt man erst mal an Trennung von der Exfreundin oder dem Exfreund. Mittlerweile wird auch immer öfter über das Beenden von Freundschaften gesprochen – das muss auch manchmal sein. Aber sich von der Familie zu trennen, das wird noch nicht als normal angesehen. Manchmal ist es aber nötig. Eine, die das gemacht hat und andere in solchen Situationen begleitet, ist Karina Leitner. Sie ist somatische Therapeutin und hat selbst keinen Kontakt mehr mit ihrer Mutter.
Warum sie keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern hat und wie sie mit ihren Erfahrungen anderen hilft, erzählt sie uns im Interview.
Wie macht man mit der Familie Schluss?
Somatische Therapeutin Karina Leitner im Interview
Wenn dich deine Familie krank macht
In Karinas erster Psychotherapiesitzung stand das Thema Familienabbruch noch gar nicht zur Debatte. Im Gegenteil – erst durch die Therapie, die Karina eigentlich wegen einer Angststörung machte, stellte sich heraus, dass das eigentlich nur ein Symptom für ein Entwicklungstrauma ist – hervorgerufen durch ihre narzisstische Mutter. Der Narzissmus hat sich im Alltag dann in ganz vielen Facetten in Karinas Fall gezeigt.
"Die hauptsächliche Ausprägung war, dass wir immer schon ein ganz, ganz schlechtes Verhältnis zueinander hatten und dass unsere Beziehung einfach geprägt war von Gewalt - körperlicher Gewalt, aber auch psychischer Gewalt. Und dass sie eben ganz, ganz viel emotionale Gewalt [...] ausgeübt hat bei mir. Und dass wir nie ein gutes Verhältnis hatten und ich für sehr viele Dinge bestraft wurde, die ich gar nicht gemacht habe." - Karina Leitner
Nachdem Karina wusste, dass ihre Eltern ihr nicht guttun, reduzierte sie den Kontakt zu ihnen immer mehr, indem sie diese etwa seltener besuchte oder sie weniger anrief. Hier spricht man auch vom sogenannten Low Contact. Und zunächst dachte Karina auch, dass das ausreichen würde. Allerdings entlud sich das toxische Verhalten ihrer Mutter mit der Zeit dafür immer extrem in den wenigen Kontaktpunkten, die sie noch hatten.
"Also die Menge der Belastungen und die Menge der Manipulation und des Stresses ist quasi gleich geblieben. Aber es hat sich einfach auf weniger Punkte verteilt und so ist mir dann irgendwann klar geworden: 'Na ja, da führt kein Weg daran vorbei. Ich muss da jetzt komplett raus, ich möchte gar keinen Kontakt mehr.'"- Karina Leitner
In einer letzten WhatsApp hat Karina das auch ihren Eltern kommuniziert und aufgelistet, warum sie diese Entscheidung fällen muss. Eine Reaktion erhielt sie darauf bis heute nicht.
Hilfe suchen und bekommen
Als somatische Therapeutin spricht Karina mit anderen Betroffenen und hilft ihnen dann auch, bei eventuellen Kontaktabbrüchen. Grund dafür seien meist emotionaler und/oder körperlicher Missbrauch durch die Eltern. Auf ihrer Website Mutterwundeund dem dazugehörigen Instagram-Kanal findest du noch weitere Infos.
Artikel teilen: