Killt der Brexit die Musikindustrie?

Killt der Brexit die Musikindustrie?

Musikagent Ian Smith über den Brexit

Von  Sabrina Luttenberger
Auf internationale Tour gehen - für Musiker*innen wohl eins der Highlights. Der Brexit macht das für viele aber um einiges komplizierter, für manche sogar unmöglich. Wie genau er die Musikindustrie verändert, erfährst du hier.


Der Einfluss des Brexits

Leere Gemüseregale, zu wenig Sprit an Tankstellen und ohne Reisepass geht sowieso nichts. Seit 2020 ist der Brexit in Kraft und beeinflusst viele Lebensbereiche der Brit*innen. Unter anderem auch den kulturellen Sektor: Musiker*innen haben immer wieder Probleme auf ihren Touren - sowohl britische Bands, die in der EU touren als auch EU-Künstler*innen, die Konzerte im UK planen. Mit dem Brexit kam einiges an Papierkram auf sie zu und selbst wenn jedes Dokument passt, garantiert das nicht unbedingt die Einreise in eins der Länder - immer wieder werden Konzerte deshalb spontan abgesagt. Die Musikindustrie kämpft mit den Folgen des Brexits.

Ian Smith im Interview

Musikagent Ian Smith ist seit Jahrzehnten tief in der britischen Musikszene verankert - ob als Agent, Promoter, Manager, Soundtechniker oder als Landesvorsitzender der UK Musicians' Union. Als dann die Entscheidung für den Brexit fiel, gab es Anfangs so gut wie keine Infos der Regierung darüber, wie es denn nun für die Kreativbranche weitergehen könne. Denn vor dem Brexit war hin- und herreisen für Kreative, ob Künstler*innen oder aber auch Techniker*innen oder Roadies, kein Problem.

"There were no problems as such. That's it." – Ian Smith

Ein- und ausreisen und Equipment und Merchandise einchecken war vor dem Brexit überhaupt keine große Sache. Das hat sich nun allerdings geändert.

Um die komplizierten Regelungen für alle verständlich zu machen, hat Ian die Seite ukeartswork.info ins Leben gerufen. Dort und auf YouTube fasst er die einzelnen Anforderungen für alle EU-Länder und UK übersichtlich zusammen. Denn das ist eins der großen Probleme: Die Komplexität und die verschiedenen Bestimmungen, die schnell unübersichtlich werden. Mit egoFM Redakteurin Sabrina hat er über die aktuelle Lage für Musiker*innen und über langfristige Auswirkungen auf die Musikindustrie gesprochen.

"Most people in the music industry are not full time and many people have other jobs. So it's not just the small indie bands or the small punk bands. It's the bands from there up to the sort of mid-level. [...] The big problem we have in both directions at the moment is the 90 in 180 day rule which means that you cannot enter either the UK or Schengen beyond 90 in a 180 days which is killing the indsutry for many technicians in particular but also anybody who tours regularly." – Ian Smith

Das komplette Gespräch mit Ian Smith kannst du hier hören:
  • Ian Smith im Interview
    Das komplette Gespräch zum Anhören


Die Bands KranK und Trigger Cut durften nicht nach England einreisen

Die Stuttgarter Punkband Trigger Cut hatte bereits die Mietwagen bezahlt, sich um teure Zollerklärungen gekümmert und auch das Ticket für die Fähre gekauft. Sieben Konzerte hatten sie in England geplant. Dann aber wurden sie von den britischen Grenzkontrollen abgewiesen. Ähnlich ging es auch einer anderen deutschen Punkband: KranK. Auch sie hatten sich um bürokratische Anforderungen gekümmert und das sogenannte "Permitted Paid Engagement" für die Einreise vorgezeigt. Die Regelungen dafür: Man muss als Expert*in in seinem Gebiet gelten und den Job (in dem Fall Musiker*in) hauptberuflich ausüben. Beide Regeln lassen allerdings sehr viel Interpretationsspielraum. Und genau deshalb kam es auch für KranK zu einer bösen Überraschung, erzählt Ian Smith:

"One particular immigration officer decided to interpret the rules in an extremely strict way in that they should be experts and she did not consider them to be experts. So I don't think that's fair. It's within the guidance but it depends on the interpretation." – Ian Smith


"We need to see real change!"

Es muss sich etwas tun, meint Ian Smith. Nächstes Jahr sind Wahlen im UK, vielleicht ändere sich dann die Herangehensweise meint er. Der Brexit sei hier und man habe jetzt keine Wahl, aber weil der UK einer DER Musikstandorte sei, müsse sich zumindest etwas ändern an all diesen Regelungen. Bis dahin empfiehlt er Menschen in der Kreativbranche vor allem eins: Miteinander reden. Außerdem empfiehlt er zum Beispiel auch andere Websites wie Touring-Artists.
"Keep talking to each other. And creatives are...creative! They're actually trying to find ways around this utter mess that is totally unnecessary. [...] Please keep talking to each other, talk to your UK colleagues [...] and keep checking all the sides!" – Ian Smith

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