Totally Enormous Extinct Dinosaurs bei egoFM

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Das Album der Woche, das Interview und die Privataudienz zum Anhören

Von  Vitus Aumann
Nach dem er uns mit seiner neuen Platte bereits ein fantastisches 'Album der Woche' geliefert hat, war Totally Enormous Extinct Dinosaurs jetzt zu Gast bei egoFM Max. Außerdem verrät er uns bei der Privataudienz die Geschichten hinter seinen pesönlichen Lieblingssongs.


Totally Enormous Extinct Dinosaurs bei egoFM

Das Album der Woche: When The Lights Go

Totally Enormous Extinct Dinosaurs zu Gast bei Max: Das komplette Interview zum Anhören



Das Album der Woche: When The Lights Go

Ob die Lichter an oder ausgehen sollen wird nie beantwortet – ist aber auch nicht nötig.

Wie sah die Welt vor zehn Jahren aus?

Alle hatten zum Beispiel Angst vor dem Weltuntergang – nur war damals noch ein Hollywood Regisseur, der einen Kalender falsch gelesen hat dran Schuld und nicht der Blick aus dem Fenster. Sachen, die man auf Social Media gepostet hat, sind damals noch nicht nach 24 Stunden wieder mehr oder weniger verschwunden. Und es gab diesen Song aus der Handywerbung, der seinen Künstler in jede Indiedisco auf der Welt befördert hat.

Ganze zehn Jahre später sind die Handys längst Geschichte – aber Totally Enormous Extinct Dinosaurs ist wieder da und legt mit When The Lights Go sein zweites Album vor




Lebenslaufunoptimiertes Tanzen

Eine zehnjährige Pause kennt man sonst nur von etablierten Legenden der Musikgeschichte - und selbst da ist so eine Auszeit immer noch ein ziemlicher Aufreger. Für ein zweites Album lässt sich eigentlich niemand so viel Zeit. Orlando Higginbottom hat aber eben auch nicht den ganz normalen Karriereweg hinter sich. Anstatt sich nach seinen erfolgreichen Anfängen als Remixer jahrelang durch die abgefahrensten Clubs der Welt zu spielen, verging ihm schnell die Lust daran. Stattdessen gab es nach einiger Zeit Funkstille immer wieder einzelne Tracks in verschiedene Soundrichtungen – darunter eine ganze EP aus Vogelgesang (ja ernsthaft) und ein absolutes Tanzflächenbrett mit Bonobo, für das es sogar eine Grammynominierung gab.

Aber das, was Totally Enormous Extinct Dinosaurs eben wirklich ausmacht, bekommen wir jetzt auf When The Lights Go zu hören


Die Heimat ist zwar immer noch ganz eindeutig die Tanzfläche, aber Orlando ist sich bewusst, wie wandelbar dieser Ort sein kann. Da gibt es zum Beispiel Songs wie "The Sleeper", die von ganz alleine die Discokugel zum Strahlen bringen. Klavierklänge, die an Retro Soft Rock erinnern, langsam stapfende Drums und eine Synthieexplosion am Ende – eigentlich fehlt nur noch das dramatische Saxofon. In eine ähnliche Kerbe schlägt "Treason" und auch "Be with You" findet den magischen Punkt zwischen Kitsch und richtigen Gefühlen.

Auf der Tanzfläche wird aber nicht nur gefühlt, sondern auch geträumt: "Blood in the Snow" lagert großzügig Gesangsspuren und Synthieflächen übereinander und lädt zur Realitätsflucht ein und auch zum Opener "Crosswalk" darf man verträumt an die Decke starren, während man locker die Hüften schwingt. Die Erinnerung an früher ist auf jeden Fall noch da, aber im Vergleich zum Überhit "Garden" klingen die Synthies meistens ein bisschen weniger nervös verspielt, sondern lassen sich eher auf ein harmonisches Gesamtkonstrukt ein.

So wirkt When The Lights Go trotz aller Varianz eben doch wie ein in sich geschlossenes Album, zu dem man genau wie vor zehn Jahren den guten alten Zeiten nachtrauern kann.


 


Party like it's 2022

Hat sich Orlando also zehn Jahre zeitgelassen, um mit Nostalgie punkten zu können? Ganz bestimmt nicht. Denn wenn man sich beim Tanzen noch zusätzlich in seine Stimme verliert, tun sich ganz neue Welten auf. Der Oxforder hat nicht nur seinen Frust über die vergangenen harten Zeiten auf die Tanzfläche gebracht, sondern auch noch den Katastrophen unserer Zeit Raum gegeben. "Blood in the Snow" stellt zum Beispiel die Frage, ob eine Liebesbeziehung überhaupt noch Sinn macht, wenn doch keiner sagen kann, wie lange der Planet denn noch überlebt – so ein Song kann auch wirklich nur im Jahr 2022 funktionieren.

Totally Enormous Extinct DInosaurs hat sich zehn Jahre zeitgelassen um dann den Zeitgeist perfekt wie sonst noch was zu treffen.




Tracklist: Totally Enormous Extinct Dinosaurs - When The Lights Go

  1. Crosswalk
  2. Persuasion
  3. Blood in the Snow
  4. Never Seen You Dance
  5. Forever
  6. The Sleeper
  7. Story
  8. Sound & Rhythm
  9. When The Lights Go
  10. Basement
  11. Friend
  12. Be with You
  13. Treason
  14. Through the Floor
  15. Silence
  16. Blue is the Colour
  17. Thugs

When The Lights Go von Totally Enormous Extinct Dinosaurs wurde am 09. September 2022 digital via Nice Age veröffentlicht.


  • Totally Enormous Extinct Dinosaurs: When the Lights Go
    Das Album der Woche
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Totally Enormous Extinct Dinosaurs zu Gast bei Max: Das komplette Interview zum Anhören

Totally Enormous Extinct Dinosaurs (TEED), mit bürgerlichem Namen Orlando Higginbottom, ist in einem sehr musikalischen Haus in Oxford aufgewachsen. Seine Kindheitshelden waren (neben Größen wie Napoleon und King Arthur) vor allem Komponisten. Mozart und Bach hielt er für die allercoolsten Typen der Geschichte und hat deswegen auch schon in jungen Jahren versucht, selbst Sinfonien zu schreiben. Das hat damals eher weniger gut geklappt, bei der Musik ist er allerdings trotzdem geblieben. Und auch wenn sein Name anderes vermuten lässt: Mit Dinosauriern hat er nichts am Hut und hat sich auch noch nie besonders für sie interessiert - Totally Enormous Extinct Dinosaurs war nur einfach der absurdeste Name, der ihm in den Sinn kam.

Seine Heimat Oxford hat eine sehr große, oft auch unterschätzte Musikszene, die Bands wie Radiohead, Foals, Glass Animals oder Low Island hervorgebracht hat.

Zu vielen von ihnen hat Orlando Connections: Der Drummer von Low Island ist sein Bruder, die Jungs von Foals hat er früher auf Hauspartys getroffen und mit einigen von Glass Animals ist er zur Schule gegangen. Radiohead kennt er zwar nicht persönlich, die Band gehört aber zu seinen musikalischen Idolen. Vor allem die Indieszene ist in Oxford vertreten, aber auch eine gute Rave- und DJ-Szene gibt es natürlich.

Totally Enormous Extinct Dinosaurs selbst bedient viele verschiedene Genres der elektronischen Musik: In seiner Musik sind mal 80s, Synth-Pop oder Disco Vibes, aber auch mal Elemente aus RnB, EDM und smoothem Electro Pop zu hören. Trotzdem haben all seine Songs eine musikalische Gemeinsamkeit:
"The type of productions and the genre of songs - I do think that changes quite a lot but I hear similarities between all the songs through my chords and my melodies." - Orlando Higginbottom aka Totally Enormous Extinct Dinosaurs 

Trotz der Musikszene in Oxford lebt Orlando heute in LA.

Oxford war toll um aufzuwachsen, sagt er: In den 90ern war die Stadt sehr künstlerisch und divers, das hat sich aber verändert und heute sieht er in Oxford mehr einen Ort, an dem sich Menschen aus der Londoner Finanzbranche ein Zweithaus kaufen. Das war aber nicht der einzige Grund:
"Then I think I also really wanted to leave England. I wanted to get away from certain things in british society, I wanted to be more ambitious and have space to grow as an adult and I felt like the american ethusiasm for life would be good for me. And it was really god for me." - Orlando Higginbottom aka Totally Enormous Extinct Dinosaurs 

Außerdem legt er ganz grundsätzlich jedem und jeder die Erfahrung ans Herz, mal in einem anderen Land als der eigenen Heimat zu leben und will selbst auch noch viel mehr von der Welt sehen. 

Die Pandemie war für ihn als Business natürlich unfassbar hart.

Als kreativer Künstler war die Zeit aber eine der glücklichsten die er je hatte, sagt Orlando Higginbottom. Er war jeden Tag im Studio und hat viel Musik geschrieben, hat eine Ambient Music-EP und verschiedene Kollaborationen mit Freund*innen aufgenommen.

Und nach zehn Jahren erschien dann am 9. September eben tatsächlich endlich sein zweites Album.

Als 2012 sein erstes und bis vor kurzem einziges Album erschien, war es noch eine komplett andere Zeit. Er hat Trouble zwar damals auch schon auf Spotify gepackt, danach aber bestimmt ein Jahr lang nicht mehr geschaut, wie oft das Album dort gestreamt wurde. Und auch Instagram kam 2012 gerade erst auf. Die Welt, vor allem auch die Musikwelt, hat sich seitdem stark verändert.

In den zehn Jahren "Pause" war Orlando aber auch nicht totally extincted, er hat immer mal wieder etwas veröffentlicht, nur eben kein neues Album. Dass er sich mit dem Nachfolger When the Lights Go so lange Zeit gelassen hat, hat aber auch ziemlich viel Druck rausgenommen. 
"Actually the pressure got easier because it became such a long time since my first album that it just became more and more absurd that I was putting out a second album. And now, you know, I think there is a lot of goodwill from my listeners and they are just happy that I'm putting it [the second album] out. " - Orlando Higginbottom aka Totally Enormous Extinct Dinosaurs

Hätte er ein zweites Album bereits 2014 oder 2015 veröffentlicht, wären die Erwartungen, dass es das erste übertreffen muss, viel höher gewesen. Aber jetzt, zehn Jahre später, steht es viel weniger in direktem Vergleich, erklärt Orlando.

When the Lights Go ist für ihn ein trauriges Album.

Und es war auch eine ganz bewusste Entscheidung, dass es traurig sein soll, erzählt er. Viele sagen ihm zwar, dass die Beats und Instrumentals fröhlich klingen und nur die Vocals und Lyrics traurig, der Musiker selbst findet aber, dass alles traurig klingt. Denn für ihn ist es ein Album über harte Zeiten.

Einerseits, weil er selbst sehr schwere Jahre hinter sich hat, andererseits, weil wir uns in einem dunklen Kapitel der Geschichte befinden und die Zukunft nicht so gut aussieht.
 Und so kann auch der Titel interpretiert werden: In Bezug auf den Klimawandel und der Moment, wenn ein Blackout kommt und wir alles verlieren und die Menschheit am Ende ist. Man kann When the Lights Go aber auch auf das Thema Depression beziehen, oder auch auf den Moment, wenn eine durchtanze Disconacht zu Ende geht und die Lichter wieder angehen. 

Apropos Tanzen: "Never Seen You Dance"

Orlando beschreibt sich selbst die meiste Zeit als schüchterner Tänzer, der sich eher unwohl und unsicher fühlt. Darum geht's auch in seinem Song "Never Seen You Dance": Er beschreibt den Moment, in dem man jemanden auf der Tanzfläche sieht, mit dem man gerne tanzen würde, und merkt, dass auch die andere Person Lust darauf hätte. Aus Angst, es könnte doch unangenehm werden, traut man sich aber dennoch nicht.

Seine zukünftigen Shows werden übrigens nicht mehr so extravagant sein wie frühere. Zum einen, weil die größten Shows eigentlich schon alle stattgefunden haben und man nichts Neues, noch Krasseres mehr zeigen kann, zum anderen, weil der Fokus mehr auf der Musik an sich liegen soll. Wir sind gespannt! Und zur Beruhigung: Mit einem dritten Album will sich Totally Enormous Extinct Dinosaurs übrigens nicht wieder so viel Zeit lassen, deutet er im Interview an.

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