19(!) Jahre nach dem ganz großen Wurf wollen es Julian Casablancas und Band nochmal allen zeigen.
Wir hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben. Aber es ist da. Nach einem gefühlten Jahrzehnt der Pause bringen The Strokes endlich ein neues Album raus!
Warum das für uns immer noch ein riesiges Ereignis ist, obwohl die Band doch gefühlt die Hälfte ihrer zwanzigjährigen Karriere pausiert hat? Naja, für den Legendenstatus der Strokes hat streng genommen ein einziges Album gereicht: Is This It nahm am Anfang des Jahrtausends den verstaubten Rock'n'Roll und verfrachtete ihn in eine hippe, lässige Nische zwischen Weißweinschorle, schlaflosen Nächten und dem Kater am nächsten Morgen. The Strokes wurden zum Prototyp der Indieband und zu Helden für die Arctic Monkeys und alle Klassenkamerad*innen. Kein Wunder also, dass man bei jeder neuen Platte der New Yorker wieder mit einem großen Wurf rechnet.
Und mit The New Abnormal wollen die lebenden Legenden jetzt nochmal an ihre goldene Zeit anknüpfen.
Das alte Pferd lernt neue Tricks
Neben den ganzen Schwärmer*innen gibt es böse Zungen, die behaupten hin und wieder alle Songs der Strokes würden exakt gleich klingen. Wer so denkt, wird bei The New Abnormal an manchen Stellen aber ganz schön überrascht.So macht die Stimme von Julian Casablancas im Song "Eternal Summer" mehr Veränderungen durch als bei Is This It und Room on Fire zusammen.
Generell scheint der Sänger nicht mehr ganz so viel Lust auf den altbekannten, leicht dumpfen Gesang zu haben, der die Bandidentität so sehr geprägt hat. Auch Vorabsingle "At The Door" schlägt mit seinem Synthiesound ganz andere Töne an, als man es von den Wiedererweckern des Post Punks erwartet hätte.
Ist The New Abnormal also wirklich ein ganz neuer Standard für The Strokes? Nicht ganz - da ist schon noch genug vom Signature Sound. "The Adults Are Talking" macht mit seinem flotten Schlagzeug und den ganz klassischen Strokes Gitarren sofort Lust darauf, die Upper East Side rauf und runter zu tanzen. Auch "Why Are Sundays So Depressing" bringt das leicht verkaterte Lebensgefühl der Strokes ins hier und jetzt und auch das sonst so experimentelle "Eternal Summer" hat noch genug vom Valensi/Hammond Jr. Gitarrenspiel, um den alten Fans die neue Stimme etwas schonender beizubringen.
Genug alter Strokes Sound also, um in Erinnerungen zu schwelgen, aber auch genug frische Impulse, um nicht in Langweile zu verfallen.
Ankunft in der Gegenwart
Sogar bei den Texten haben die New Yorker ihren Horizont erweitert: Casablancas singt immer mal wieder leicht versteckt über die Umweltkatastrophe, Weltpolitik oder Body Shaming. Man sollte jetzt keine revolutionsprägenden Textzeilen erwarten, aber auch hier ist es schön zu hören, dass The Strokes nicht komplett in der Vergangenheit hängen bleiben.Richtig clever wird es außerdem, wenn die Band sich selbst auf die Schippe nimmt: "Bad Decisions" wirft den wohl klassischsten Strokes Song in den Ring – aber der Text spricht eine andere Sprache. Der ist eine leicht versteckte, aber doch ziemlich freche Abrechnung mit dem Teil der Fangemeinde, die immer nur den frühen Strokes Sound hören will und sämtliche Experimente kategorisch ablehnt. Ganz schön kreativ für konstant verkaterte Rockstars.
The New Abnormal ist also nicht die ganz große Revolution geworden – das haben die Strokes aber auch an keiner Stelle versucht.
Auf der Platte hört man eine Band, die zwischen Experimenten und Erinnerungen an die guten alten Tage hin und herschwankt. Und auf The New Abnormal haben sie eine exzellente Balance zwischen den beiden Polen gefunden.Tracklist: The Strokes - The New Abnormal
- The Adults Are Talking
- Selfless
- Brooklyn Bridge To Chorus
- Bad Decisions
- Eternal Summer
- At The Door
- Why Are Sundays So Depressing
- Not The Same Anymore
- Ode To The Mets
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