Die Texaner bekommen es immer noch nicht hin, mal eine schlechte Platte zu machen.
Es ist wie ein Naturgesetz: Der natürliche Feind des Rockers ist der Streber.
Während die in der ersten Reihe alles getan haben, um gute Noten abzubekommen, saß man als gepflegt ungepflegter Rockstar in spe in der letzten Reihe und plante den nächsten rebellischen Akt. Aber was passiert, wenn dich das Schicksal plötzlich ganz nach vorne setzt? So dürften sich Spoon immer wieder fühlen: Die Texaner sind seit fast drei Dekaden flammende Verfechter des Rock n Rolls – allerdings werden ihre Platten von der Musikpresse so sehr gefeiert, dass sie eigentlich mittlerweile zu den Strebern gezählt werden müssten. Wie reagiert die laut Metacritic bestbewertete Band darauf?
Sie tauchen einfach noch tiefer in den Mythos des Rock n Rolls ein – an den guten Noten dürfte das aber auch nichts ändern.
Abrocken auf der Couch
Für ihr zehntes Album haben sich Spoon wieder zurück an die Wurzeln gewagt: Keine großen Experimente, keine Ausflüge in Synthiepop-Gefilde – einfach nur purer Rock n Roll war das Ziel der Texaner. Und schon die ersten paar Minuten von Lucifer On The Sofa machen klar, dass sich Spoon auf dem Weg dahin nicht verfahren haben. Zu hypnotisch schweren Gitarrenriffs, brachialen Drumfills und tiefen Pianotönen liefert die Band so viel rohe Energie, dass man beim Zuhören Lust bekommt, sich selbst headbangend in der Wildnis auszusetzen. Und Spoon halten die Energie durchgehend hoch: "The Hardest Cut" begeistert mit rasantem Shufflegroove, "The Devil & Mister Jones" mit sympatisch-arrogantem Saxofon. Erst zur Hälfte der Platte wirkt es so, als würden sich Britt und Band mal eine Pause gönnen, aber auch "My Babe" bricht nach zurückgenommenen Beginn in regelrechte Euphorie aus. Erst mit "Astral Jacket" dürfen auch mal konsequent ruhigere Töne erklingen. Spoon bleiben zwar die ganze Platte über in klassischer Rockbandformation, die Songs werden trotzdem nie langweilig:Lucifer On The Sofa zeigt, wie vielseitig Rockmusik sein kann.
Bei so einer Zelebrierung des Genres darf natürlich auch die ein oder andere Verneigung vor den großen Legenden nicht fehlen: Gleich der erste Song der Platte ist ein Cover von Bill Callahan. Aber auch subtilere Einflüsse findet man recht deutlich: "The Hardest Cut" hat sich hörbar von ZZ Top inspirieren lassen. Und spätestens wenn bei "Wild" das Klavier einsetzt, kann man den Geist der Rolling Stones nicht mehr überhören. Trotzdem, oder vielleicht auch genau deswegen macht der Song dem großen Vorbild aber alle Ehre:
Wie Britt Daniels im Chorus seiner Sehnsucht nach der Natur und dem Unbekannten freien Lauf lässt, macht "Wild" zum absoluten Highlight der Platte.
Exorzismus auf der Couch
Diesen Drang nach Freiheit und der Wildnis kann man in viele Songs der Platte hineininterpretieren: Kein Wunder, denn Thema der Platte ist zum großen Teil die Flucht vor den eigenen Dämonen. Für Britt Daniels haben diese es sich bei ihm Zuhause auf dem Sofa bequem gemacht und die Gestalt des Teufels angenommen. Lucifer On The Sofa ist der Versuch, diesen diabolischen inneren Schweinehund ein für alle Mal loszuwerden.Für Spoon war es offenkundig schon hilfreich genug, endlich wieder in einem Raum zusammen Musik machen zu können, denn die Songs sind fast alle Live im Proberaum entstanden – und die unglaubliche Spielfreude hört man der Band jederzeit an. Das macht Lucifer On The Sofa zu einem wunderbaren Album, das natürlich auch nichts am guten Ruf von Spoon ändern wird. Aber nach fast 30 Jahren im Geschäft, dürfte es der Band auch vollkommen egal sein, in welche imaginäre Schulreihe sie gesetzt werden.
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