Mando Diao: Boblikov's Magical World

Mando Diao: Boblikov's Magical World

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Man kann die Zeit nicht zurückdrehen - aber man kann sie langsamer ticken lassen.

Schon wieder dieser schlimme Morgen danach - wenn uns klar wird, wie viele Scherben vom Vorabend wir wieder zusammenkehren müssen.


Plötzlich schon wieder die Mailbox von irgendjemandem zugespammt, schon wieder die Vase von der Theke geworfen, schon wieder ein Menschenverachtendes Wirtschaftssystem eingeführt, dass die Menschheit in die Depression zieht... Moment, was?

Okay, für die letzte Geschichte muss man schon einen ziemlich grenzwertigen Abend hinter sich haben.

Oder man ist eben Boblikov, das neue Alter ego von Mando Diao: Ein Mensch der den Kapitalismus in seine Magical World gebracht hat und sich jetzt mit dem schlechten Gewissen rumschlagen kann.




Fantasiebrainstorming

Warum denn eigentlich so kompliziert? Eigentlich will man doch zu Mando Diao einfach nur tanzen und keine fiktiven Biografien auswendig lernen. Vielleicht weil Mando Diao in der echten Welt einfach schon zu viel erlebt haben, von Festival Headline Shows bis hin zu Sauftouren mit dem egoFM Team war da wirklich schon alles dabei.

Da bietet die reale Welt dann vielleicht auf die Dauer einfach zu wenig Inspiration - Deswegen holen sich Mando Diao diese einfach aus einer fiktiven Welt.


Dieser Boblikov, den die Schweden für diesen Zweck erfunden haben, ist ein ziemlich mysteriöser Geselle. Er hat den Kapitalismus auf die Welt losgelassen - und auch jetzt hat Boblikov noch überall heimlich seine Finger mit im Spiel: Er kommandiert eine Armee aus Skeletthandlangern, die auf der ganzen Welt für Chaos und generell recht unlässige Situationen sorgen und so seinen eisernen Griff auf die Gesellschaft sichern. Aber anstatt sich genüsslich in seiner Macht zu sonnen, muss sich Boblikov plötzlich mit Gewissensbissen rumschlagen: Er hat es tatsächlich geschafft, die Welt so sehr in die Misere zu treiben, dass er trotz allem auf einmal Reue verspürt. "Frustration" und "Stop The Train" zeigen seine Panik beim Anblick auf den völlig falschen Weg der Welt. Eine große Wandelgeschichte macht Boblikov aber nicht durch:

Es geht ihm nicht darum, die Welt wieder hinzubiegen, er will nur nicht die Scherben aufwischen müssen. Deshalb verzieht er sich am Schluss der Platte in "Loner" auch einfach in sein eigenes kleines Paradies - Dass seine Magical World nebenher vor die Hunde geht ist dann wohl doch nicht so schlimm.



Es brennt immer noch

Aber auch wenn Mando Diao jetzt wohl gerne Geschichten erzählen - Man braucht keinen Fantasykurs besuchen um mit Boblikov’s Magical World Spaß zu haben. Die Songs sind nämlich nicht streng in ein Konzeptalbum gepresst worden, jeder Track funktioniert auch ganz problemlos eigenständig. Die Geschichte von Boblikov taucht eher subtil in den Texten und in den Musikvideos auf - und in ihrer Musik können sich Mando Diao auf schnörkellosen, explosiven Rock konzentrieren. Ob "Fire in the Hall" jetzt zum Beispiel ein Song über die globale Erwärmung in der Magical World ist, kümmert auch nur so halb wenn man sich in den Moshpit stürzt. Auch "Get It On" und "Frustration" sprühen nur so vor dieser Energie, die Mando Diao schon vor 20 Jahren auf alle Bühnen dieser Welt gebracht haben. Und bevor auch nur ein Hauch Langeweile aufkommen kann, nehmen "Primal Call" und "Rabadam Ching" auf rhythmische Art und Weise das Tempo raus und lassen zumindest ein wenig durschnaufen.

Mit Boblikov’s Magical World zeigen Mando Diao so, dass das Feuer immer noch brennt – auch wenn sie jetzt ein bisschen Inspiration aus der Fantasiewelt brauchen.



Tracklist: Mando Diao - Boblikov's Magical World

  1. Wake Up
  2. Frustration
  3. Stop the Train
  4. Get It On
  5. More More More
  6. Primal Call
  7. Fire in the Hall
  8. Animal
  9. Rabadam Ching
  10. Loner

Boblikov's Magical World von Mando Diao erscheint am 28. April 2023 via Playground Music.

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