Süd-Londons große Hoffnungsträgerin in Sachen Soul legt eine spannende Karrierewendung hin.
Support Shows für Bon Iver, Alicia Keys und Coldplay, Liebesgrüße von Stevie Wonder auf dem Anrufbeantworter, Mercury Prize Nominierungen und Alben nah an der Chartspitze – für Lianne La Havas standen die Zeichen eigentlich immer auf baldiger Superstar.
Klingt eigentlich traumhaft oder? Könnte man meinen. Aber Lianne hatte wohl doch andere Pläne: Fünf Jahre zog sie sich zurück und schraubte an einer ganz besonderen Platte:
Ihr schlicht Lianne La Havas genanntes drittes Album ist eine eindrucksvolle Verwirklichung ihrer ganz eigenen künstlerischen Vision geworden.
Selbstbewusste Klangsynthese
Was das genau bedeutet? Naja, konventionelle Hits, große Hooks und poppig glänzende Produktionen haben es nicht auf Liannes drittes Album geschafft. Dafür glänzt Lianne La Havas mit subtileren Qualitäten: Auch wenn ihre Begleitmusiker*innen nicht im Albumtitel auftauchen, liefern sie einen brillanten Job ab.Die Drums grooven wie ein Uhrwerk subtil im Hintergrund und erinnern gerne mal an Hip-Hop Tracks, während die Gitarren eher flüssig zwischen entspanntem Jazz und Funk hin und herwechseln. Zusammen mit der ein oder anderen Streichereinlage und natürlich Liannes Stimme ergibt sich ein wunderbar individueller Klangkosmos, der eigentlich eine ganz eigene Genreschublade verdient hätte.
Lianne hatte immer Probleme damit ins Soulgenre geschoben zu werden, sie hat ihre Songs immer als etwas Größeres gesehen – und ihr drittes Album unterstützt sie in dieser Ansicht.
Thom Yorke wäre stolz
Ziemlich große Kreativität beweist Lianne dann auch beim Song "Weird Fishes": Große Bands zu covern birgt immer eine gewissen Gefahr – vor allem bei einem Radiohead Song stehen die verärgerten Hardcore Fans herausragend schnell in den Startlöchern, um sich zu beschweren. Aber Lianne meistert auch diese Herausforderung: Ihr Drummer täuscht noch kurz den originalen Drumbeat an, um dann in einen ganz anderen Rhythmus überzugehen. Lianne schafft es derweil mit erst wohligen Keyboard- und später kratzigen Gitarrenklängen die perfekte Balance zwischen Neuinterpretation und Liebeserklärung an das Original zu finden.
Auch wenn "Weird Fishes" von jemand anderem geschrieben wurde, passt er perfekt in die Geschichte des Albums:
Ganz richtig, Lianne La Havas erzählt eine durchgehende Story. Die ersten Songs sprühen noch vor frischer Verliebtheit, das zweite Drittel dreht sich dann schon um die zwischenmenschlichen Schattenseiten und das Ende der Platte dreht sich folgerichtig um's wieder aufstehen. In ihrem Album bringt Lianne also nicht nur ihre künstlerische Vision zum Ausdruck – auch ihre persönlichen Erfahrungen kommen zur Geltung.
Lianne La Havas ist vielleicht nicht die Platte die sie zum Megastar machen wird, aber Lianne hat mit dem Album ein künstlerisches Statement der Extraklasse abgeliefert.
Tracklist: Lianne La Havas - Lianne La Havas
01 Bittersweet - Full Length02 Read My Mind
03 Green Papaya
04 Can't Fight
05 Paper Thin
06 Out Of Your Mind (Interlude)
07 Weird Fishes
08 Please Don't Make Me Cry
09 Seven Times
10 Courage
11 Sour Flower
12 Bittersweet
Lianne La Havas ist am 17. Juli bei Warner Music erschienen.
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