Den Bandnamen findet ihr abgedreht? Dann wartet mal ab, bis ihr ihre Musik hört…
Wüste. Die Hitze brennt auf die Erde. Plötzlich rauschen fünf umgebaute Trucks mit bahnbrechender Geschwindigkeit durch den Sand. Einer der Fahrer reißt sein brennendes Langschwert in die Luft und brüllt durch die Luft. Währenddessen färbt sich der Himmel langsam Rosa und irgendwo schlagen zwei Meteoriten ein. Klingt absurd? Ist es auch. Aber ungefähr diese Bilder lässt "The Dripping Tap", der erste Song vom neuen King Gizzard & The Lizard Wizard Album im Kopf entstehen. Und wenn der Song nach stolzen 18 Minuten ausgeklungen ist, wird schnell klar: Die Australier sind noch lange nicht fertig.
Mit Omnium Gatherum zeigen sie wieder mal, warum sie der wildeste Stern am Rock 'n' Roll Himmel sind.
Easy Listening Death Metal
Ja, King Gizzard & The Lizard Wizard sind wirklich keine alltägliche Band. Vor zehn Jahren, als die Australier ihre erste Platte rausbrachten, dachte man noch, man hätte hier den etwas rockigeren und verspulteren kleinen Cousin von Tame Impala vor sich. Aber King Gizzard hatten ganz schnell ihren eigenen Namen in der ganzen Musikwelt. Zum einen wegen ihrer unfassbaren Arbeitsmoral: Wenn sie gerade darauf Lust haben, können die Australier schon mal fünf Alben in gerade einmal einem Jahr raushauen – so viele schaffen manche Bands in ihrer ganzen Karriere nicht. Das ist sogar noch einmal extra beeindruckend, weil die Australier absolut keine Anstalten machen, sich auf einen Musikstil festzulegen.Klar, die Grundlage für alles ist psychedelisch angehauchter Rock 'n' Roll – aber King Gizzard brechen die Soundschublade so weit auf, dass fast schon der gesamte Soundschrank reinpasst.
Omnium Gatherum, Album Nummer 20 nach 10 Jahren Karriere macht da nicht nur konsequent weiter – es setzt dem Wahnsinn die vorläufige Krone auf. Anstatt sich wie früher so ungefähr auf eine grobe Richtung festzulegen, darf jetzt das absolute Chaos herrschen - man kann sich wirklich nie sicher sein, was einen erwartet: "Kepler-22b" ist ein jazzig angehauchter Groove, der eigentlich auch ein perfekter Unterbau für einen Tyler, the Creator-Song sein könnte. Aber bevor man sich im Rhythmus verliert, rüttelt "Gaia" mit schwerem Gitarrenriff und Heavy Metal Drums wieder wach.
King Gizzard haben die letzten Jahre schon öfter in Richtung Thrash Metal experimentiert und Omnium Gatherum lässt es sich nicht nehmen, auch hin und wieder die Verstärker bis zum Anschlag aufzudrehen. Aber eben immer nur für eine kurze Zeit: Schon der nächste Song "Ambergris" springt so weit weg vom Metal wie nur irgendwie möglich – plötzlich fühlt man sich, als würde man einen Cocktail unter einer schattigen Palme schlürfen, während sanfte Synthies und eine verspielte Baseline verführerisch miteinander harmonieren.
Lange entspannen sollte man aber nicht, denn "Sadie Sorceress" lässt die Australier kurz zur Hip Hop Formation mutieren, bis dann "Evilest Man" zuckersüßen Gesang auf bitterböse Verzerrung treffen lässt. Das könnte man jetzt noch lange so weiterführen, das Album ist immerhin fast so lang wie ein zu früh abgepfiffenes Fußballspiel. Und King Gizzard & The Lizard Wizard haben wirklich bis zur letzten Sekunde neue Überraschungen parat.
Omnium Gatherum heißt frei übersetzt so etwas wie Krimskrams Sammlung, aber eigentlich ist das Album eine wahnwitzige, aber gut durchgeplante Achterbahnfahrt.
King Gizzard & The Lizard Wizard haben genau verstanden, wann sie den Hörer*innen eine Entspannungspause gönnen sollten und wann zum Headbangen aufgefordert werden muss. So bekommen die Australier es nicht nur hin, ihr wahrscheinlich vielseitigstes Klangfeuerwerk abzubrennen – sie bekommen das Ganze auch noch in eine einzige, zusammenhängende Platte verpackt.
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