Kevin Morby: Sundowner

Kevin Morby: Sundowner

Der Lieblingstonträger der Woche

Sonnenuntergang ist halt doch die beste Zeit für existenziellen Weltschmerz


Wenn die Sonne untergeht, bricht eine besondere Zeit an.


Für manche ist der Sonnenuntergang ein Grund mal innezuhalten und wortlos den Himmel zu betrachten – oder auch die drölfte Instastory rauszuhauen. Für andere ist es der unübersehbare Hinweis, dass man schon wieder viel zu lange im Büro rumsitzt und endlich mal den Feierabend antreten sollte.

Es gibt allerdings auch Menschen, die von der langsam verschwindenden Sonne in ein undefinierbares Gefühl der Melancholie versetzt werden: Zu dieser Personengruppe zählt eindeutig auch Kevin Morby – Sein neues Album Sundowner verrät das quasi schon im Titel


Einsamkeit als Kreativschub

 Eigentlich hätte man Kevin Morby ja durchaus eine kleine Pause gegönnt: Gerade erst letztes Jahr kam mit Oh My God seine epochale Abrechnung mit der Religion im Allgemeinen heraus: Eine ambitionierte und umfangreiche Platte, die Kevins Ruf als Darling des Indiefolks ordentlich zementiert hat. Trotzdem ist er kaum ein Jahr später schon wieder mit neuem Material wieder da.

Die Songs zu Sundowner sind aber tatsächlich schon vor ein paar Jahren entstanden:


Erschöpft vom turbulenten Los Angeles, verzog sich Kevin zurück in den mittleren Westen in die freiwillige Isolation. Der schnelle Wechsel vom chaotischen Großstadtleben in die Einsamkeit war für ihn erst nicht leicht, dann aber sehr inspirierend: Von der Außenwelt abgeschottet schrieb er erst alleine, und später dann zusammen mit seiner neuen Partnerin Katie Crutchfield neue Songs, die die Melancholie seiner alten neuen Heimat perfekt einfangen sollten.

Und hey. Wenn man schon ein Album über Einsamkeit geschrieben hat, gibt es überhaupt ein besseres Veröffentlichungsjahr als 2020?

 

They say it changes When The Sun Goes Down

Sundowner ist nicht im großen Studio entstanden, Kevin Morby hat die Albumproduktion bewusst ein bisschen kleiner angehen wollen. Also hört man weniger große Chöre als noch bei Oh My God, dafür liegt der Fokus mehr auf gedankenschweren Gitarrengezupfe. Der Sound sorgt regelrecht dafür, dass plötzlich die amerikanische Abendsonne im eigenen Kopf auftaucht: Im Hintergrund wechseln sich leichte Mundharmonikaklänge mit Orgel und Klaviertönen ab, James Krichenka von Big Thief steuert sanfte Percussion dazu.

Klingt nicht nur traumhaft schön, sondern passt auch perfekt zu den Themen die Kevin anstößt:


Neben der Einsamkeit schwebt auch die Vergänglichkeit über den Gitarrenklängen. Meistens drückt sich Kevin Morby in Metaphern und Symbolen aus, aber hin und wieder ist er fast schmerzhaft direkt. Wie im Song "Jamie", den er seinem verstorbenen besten Freund widmet,
"Oh Jamie was a friend of mine / He was 25 when he died, oh lord / And I wish my friend was still alive"

Es ist ein sehr persönliches Werk, mit dem Kevin Morby wieder einmal zeigt, warum er so wahnsinnig wichtig für die Indiefolkszene ist. Seit seinem Durchbruch bringt er fast jedes Jahr ein neues Album raus – immer mit anderen Schwerpunkten aber doch immer klar nach seiner Handschrift klingend.

In Zukunft darf uns allen ein Kevin Morby-Song im Kopf herumschwirren, wenn wir mal wieder der Sonne beim Untergehen zusehen.




Tracklist: Kevin Morby - Sundowner

01 Valley
02 Brother, Sister
03 Sundowner
04 Campfire 
05 Wander
06 Don't Underestimate Mid-west American Sun
07 A Night At The Little Los Angeles
08 Jamie
09 Velvet Highway
10 Provisions


Sundowner wurde am 16. Oktober 2020 über Dead Oceans veröffentlicht.

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