Júníus Meyvant: Across The Borders

Wir, beziehungsweise die komplette schreibende Musikzunft, ist ja immer ganz aus dem Häuschen, wenn Musik ganz anders klingt, als sie es aufgrund bestimmter Merkmale tun sollte. Zum Beispiel wenn jemand, der weder aus England, noch USA, Australien oder Neuseeland ist, Musik macht, die man durchaus nach England, noch USA, Australien oder Neuseeland verorten könnte - was auch immer das heißen mag, aber für viele Musikjournalisten ist das ein ganz außergewöhnliches Merkmal. Genauso wie wenn ein Isländer, die ja klischeemäßig eher für melancholische, sphärische Klänge berühmt sind, hervorragend treibenden Folk-Pop veröffentlicht.

Kein Wunder, dass die schreibende Musikzunft ganz aus dem Häuschen ist, wenn es um Júníus Meyvant geht.

Denn überhaupt ist der Isländer jemand, der Attributverknüpfungen trotzt und die ein oder andere klangliche Überraschung in petto hat. Dazu ein Blick in die Vergangenheit des Unnar Gísli Sigurmundsson. Der verbrachte die ersten zwei Dekaden seines Lebens als kleiner Querulant, dessen Hobbys skateboarden und malen waren. Interesse am Musizieren hatte er zwar schon, jedoch kein Benehmen, weswegen er relativ schnell aus der Musikschule rausgeschmissen wurde. Erst in seinen 20ern fand Unnar endlich den Zugang zur Klangproduktion, als er eine alte Gitarre in seinem Elternhaus entdeckte.

Die Musik bändigte sein wildes Wesen, er entwickelte Leidenschaft und fand endlich etwas, in das er all seine Energie stecken konnte - ohne dabei ausgelaugt zu werden, im Gegenteil sogar. Durch das Rumzupfen an der Klampfe sprudelten die Ideen nur so aus Unnars Hirn heraus.

Mit einer Band hat es allerdings nicht geklappt. Es gab Unstimmigkeiten und die anderen Mitglieder konnten irgendwie nicht so gut nach Unnars Ideen tanzen, weswegen er sich dazu entschloss einfach solo weiter zu machen. Június Meyvant war damit geboren.
Sein erster Song "Color Decay" wurde 2014 international veröffentlicht, wurde allerdings schon vorher in seiner Heimat Island wochenlang auf der #01 der Charts gefeiert. Das Debütalbum Floating Harmonies folgte 2016 und erfreute sich ebenfalls an großem Erfolg - national, wie international. Schon im Jahr drauf legte Júníus Meyvants mit zwei neuen Singles nach, "Mr. Minister Great" und "Honey Babe, Don't Be Late". 

Nächste Station: Across the Borders

Wiedermal im folgenden Jahr, also 2018, beginnt der Bärtige, die ersten Single-Auskopplungen des zweiten, also dieses Albums rauszuhauen: "Let It Pass" und "High Alert". Klanglich gab es keine großartigen Experimente von Meyvant, er setzt auf Altbewährtes: Folk, Soul, peppige Beats, rauchige Stimme und teilweise pompöser Klang. Aufgenommen wurde Across the Borders nämlich im berühmten Hljóðriti Studio in Reykjavik, das sich nur dazu angeboten hat, das Werk reich zu orchestrieren, mit Bläsern, Streichern und dem ganzen Tamtam. Produziert wurde das Ganze von Guðmundur Kristinn Jónsson, der auch schon für Ásgeir und Erlend Øye gearbeitet hat.

Die ein oder andere Eingebung fürs Album kam im Schlaf.

Eines Nachts wurde Meyvant von seiner Frau geweckt - der machte nämlich irre Geräusche mit seinem Mund, während er schlief. Júníus Meyvant träumte von einer Melodie, die er seinem guten Freund Andri, der dem Künstler auch viel beim Album half, vorbeatboxte. Der konnte die Genialität des Klangs gar nicht fassen und schrie wie blöd, Júníus solle dies sofort aufnehmen. Im Hintergrund hörte er dabei ganz klar die Melodie und den Refrain des Songs "Let It Pass". 
Nachdem seine Frau ihn geweckt hatte, als er auch im echten Leben beatboxte, sprang er auf und zeichnete die neuen Ideen sofort mit dem Handy auf.


Mit dem neuen Album im Gepäck geht Júníus Meyvant übrigens auch auf mittelgroße Europatour. In den egoFM Städten schaut er dabei zwar nicht vorbei, aber geh doch einfach mal wieder die Leute in Hamburg, Köln oder Berlin besuchen!

---

Tracklist: Júníus Meyvant - Across The Borders

01 Lay Your Head
02 Love Child
03 High Alert
04 Holidays
05 Across the Borders
06 Let It Pass
07 New Waves
08 Carry on with Me
09 Punch Through the Night
10 Draw the Line
11 Until the Last Minute