Soul und Punk passen nicht zusammen? Hier kommt der Gegenbeweis.
Ja es ist wahr: Nicht jede abenteuerliche Mischung trifft voll ins Schwarze. Jede*r, der*die schon mal wahllos alle Lebensmittelreste aus dem Kühlschrank in einen Mixer geworfen hat, kann das mit Sicherheit bestätigen.
Aber genau wie in der Küche gibt es auch in der Musik immer mal wieder große Erfolgserlebnisse: Wenn man es schafft, zwei völlig verschiedene Geschmäcker so aufeinander abzustimmen, dass etwas völlig Neues entsteht – dann darf man sich zurecht feiern lassen!
Allerbeste Glückwünsche also an Hanni El Khatib und sein Album FLIGHT – Punk und Soul klangen zusammen wohl noch nie so harmonisch.
Grenzenlose Experimentierfreude
Der Hang zum Experimentieren war bei Hanni El Khatib immer schon vorhanden: Seine bisherigen Alben hatten lässig tanzbare Songs wie "Paralysed" im Angebot, nur um dann ein paar Tracks später mit fuzzigen Gitarren die Tanzfläche in einen Moshpit zu verwandeln.Diesen Weg geht er auf FLIGHT konsequent weiter – und Hanni El Khatib hat auch kein Interesse an einem sanften Einstieg: Opener "CARRY" haut uns kompromisslos zerrende Bässe, kreischende Gitarren und schmutzige klingende Drumcomputersounds um die Ohren. Aber bevor die akustische Überforderung eintreten kann, ist der Song auch schon wieder vorbei. Dann teleportiert "GLASSY" das Album plötzlich in eine sanfte, leicht verschwommene Parallelwelt.
Hört man die beiden Songs getrennt voneinander fällt es fast schon schwer zu glauben, dass beide vom gleichen Künstler, geschweige denn vom gleichen Album stammen. Aber auf FLIGHT klingen die verschiedenen Sound-Ausreißer trotzdem wie aus einem Guss.
Das dürfte auch der Verdienst von Leon Michels sein. Der Mastermind von EL Michels Affair und Labelchef von Big Crown Records ist schon länger ein guter Kumpel von Hanni El Khatib und hat es geschafft, seinem früher noch so rohen und rockigen Sound eine zärtlich soulige Note zu verleihen – ohne die aggressive Energie komplett aus FLIGHT zu verbannen. So wird aus FLIGHT ein Album, das beim ersten Hören vielleicht noch etwas kantig wirkt, aber bei jedem Durchlauf wieder neu fasziniert.
Am stärksten zeigt sich Hanni El Khatib außerdem, wenn er dramatische Geschichten aus seiner Vergangenheit in seine Songs einfließen lässt.
"ALIVE" spielt auf einen lebensgefährlichen Autounfall an, in den der Kalifornier letztes Jahr verwickelt war. Aber anstatt dieses traumatisierende Erlebnis in einen weiteren aggressiven Punk Song zu verwandeln, packt Hanni die wohl fröhlichsten Klänge des Albums aus: "ALIVE" ist ein Ausdruck der Freude darüber, trotz allen Wahnsinns auf der Welt einfach am Leben zu sein.
Ein Song, den wir wohl alle gerade sehr gut gebrauchen können. Und ein weiterer Grund, warum Hanni El Khatib sich gerade voller Stolz selbst auf die Schulter klopfen darf.
Für egoFM "ALIVE" zuhause in einer kleinen Session eingespielt:
Tracklist: Hanni El Khatib - FLIGHT
01 CARRY02 GLASSY
03 ALIVE
04 COLORS
05 STRESSY
06 ROOM
07 LEADER
08 GEM
09 HARLOW
10 DUMB
11 HOW
12 DETROIT
13 PEACE
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