Die Synthiepop-Legenden haben genau den Sound, den es zum Frust raustanzen braucht parat.
So viele verpasste Chancen: Eigentlich hätten die Future Islands ja schon noch ein paar Wochen mit dem Albumrelease warten können.
Im März wären es genau zehn Jahre gewesen, seit dem legendären Auftritt der Band in David Lettermans Late-Night-Show. Für die Future Islands war das mehr als nur ein Fernsehkonzert: Mit seinen absurd genialen Tanzmoves hat Sänger Sam T Herring die Band damals aus der Nische ins Indierampenlicht gespielt und die Synthiepopper waren von keiner Festivalbühne der Welt mehr wegzudenken.
Und langfristig war auch die musikalische Reise der Future Islands klar abgesteckt: Die sehnsuchstvolle, melancholische Tanzwut vom Überhit "Seasons" durfte dann großzügig als Prototyp für die nächsten Alben der Band herhalten. An diesem Stil hat auch People Who Aren’t There Anymore nicht gerüttelt.
Beim Hören wird schnell klar, warum: Abschied nehmen macht halt eh schon genug Kummer.
Future Islands: People Who Aren't There Anymore
Das Album der Woche
Langzeitfolgen
Und ja, auch darüber müssen wir leider noch mal reden: Irgendwann kommt hoffentlich der Tag, an dem keiner mehr über dieses dämliche Wort mit C nachgrübeln muss. Aber People Who Aren’t There Anymore steckt der ganze Wahnsinn dann halt doch noch in der ganzen DNA.
Sam hat viele seiner Texte während einer Fernbeziehung geschrieben – er saß in den Vereinigten Staaten fest, sie 8000 Kilometer weiter östlich in Schweden. Solche Verhältnisse sind sowieso schon recht anspruchsvoll, mit coronabedingten Einschränkungen war es allerdings erst recht unmöglich sowas wie Normalität zu erreichen.
Der Kampf um die am Ende dann letztendlich doch gescheiterte Fernbeziehung zieht sich immer wieder wie ein roter Faden durch das siebte Album der Future Islands.
Trotzdem ist People Who Aren’t There Anymore keine ultrapersönliche Desasteranalyse. Die Texte übers Vermissen bleiben offen genug gehalten, damit nicht nur die restliche Band dahinterstehen kann – beim Hören verknüpft man auch schnell seine eigenen Verlustgeschichten mit dem tanzbaren Synthiepop.
Mit Gefühlen experimentiert man nicht
Vielleicht liegt es ja auch ein bisschen an Corona, dass die Future Islands nicht wirklich experimentierfreudig unterwegs waren. Hin und wieder mussten Sam und Band ihre Probesessions über Zoom abhalten, weil alle an unterschiedlichen Ecken der Welt festhingen. Auf große Schocks muss man sich also nicht wirklich vorbereiten: "The Tower", eins der großen Highlights der Platte, hat zum Beispiel dieses wunderbare Zusammenspiel aus Synthieflimmern und organisch knarzendem E-Bass, das mit voller Breitseite auf den Tanznerv donnert.
Und dann ist da natürlich noch Sams Stimme, die jeden Song in Sekundenschnelle pure Dramatik aufdiktiert.
Manchmal kippt die Melancholie aber dann doch in die pure Verzweiflung: "The Fight" kratzt schon ziemlich nah am Pathos und auch "Corner of My Eye" klingt so, als würde man an der Spitze vom Leuchtturm den Mond anbrüllen. Aber "The Thief" und "Peach" sind schnell zur Stelle, bevor die Tanzbeine Gefahr laufen, sich zu sehr abzukühlen. Klar, wer bislang noch nicht so Zugang zu den Future Islands gefunden hat, wird wohl auch bei People Who Aren’t There Anymore ein bisschen Zeit zum Aufwärmen brauchen. Fans bekommen aber genau das, wonach sie sich gesehnt haben: Ein Wiedersehen mit der Band, die so viele große Momente vertont hat.
Und ein Wiedersehen ist halt nach wie vor die beste Art und Weise mit Vermissungen fertig zu werden.
Tracklist: Future Islands - People Who Aren't There Anymore
King of Sweden
The Tower
Deep In The Night
Say Goodbye
Give Me The Ghost Back
Corner of My Eye
The Thief
Iris
The FIght
Peach
The Sickness
The Garden Wheel
People Who Aren't There Anymore wurde am 26. Januar 2024 via 4AD veröffentlicht.
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