Kommt jetzt wieder so eine hemmungslose Abfeierei dieser Band? Sowieso, hat ja lang genug gedauert.
Es hat gewisse Tradition...
– bei den Iren von Fontaines D.C. sind wir immer ein bisschen später dran.
Vor drei Jahren, als sie ihr furioses Debüt mit Dogrel hingelegt haben, waren wir noch ein bisschen träge: Erst als sie uns von der Bühne des Roskilde Festivals aus komplett den Kopf verdreht haben, waren wir scheinbar unwiderruflich verschossen in die irische Band. Und trotz unserer leichten Schludrigkeit sind sie wahnsinnig nett zu uns: In rasant schneller Zeit legen Fontaines D.C. jetzt schon ihr drittes Album vor – und Skinty Fia übertrifft die grandiosen Vorgänger sogar an einigen Stellen.Die Boys im Not So Better Land
Fontaines D.C. haben einen ziemlich rasanten Aufstieg hingelegt – in der denkbar ungünstigsten Zeit dafür. Gleich nach dem Debütalbum Dogrel hatten die Iren schon ihr zweites Album A Hero’s Death am Start. Doch anstatt das Ganze auf Tour zu feiern, ging es erstmal in den Lockdown. Inspiration war da nicht leicht zu bekommen, weswegen ein Großteil der Band erst einmal aus der irischen in die englische Großstadt umgezogen ist. Eigentlich ja ein traditionell bewährter Spielzug für eine junge Rockband – aber so wirklich angekommen sind die Jungs in London nicht so wirklich. Die britische Gastfreundschaft ließ den irischen Nachbarn gegenüber wohl zu Wünschen übrig.Aus emotionalem Protest gegen die neue Umgebung fanden Fontaines D.C. so plötzlich die Liebe zum Irischen wieder – manchmal merkt man eben erst was fehlt, wenn es plötzlich weg ist.
Das geht schon beim Albumtitel los: Skinty Fia heißt in etwa sowas wie: "Auswurf eines Hirschs". Ein perfekte Ausdruck um Menschen anzuöden, ohne eine Schlägerei zu riskieren. Und auch sonst zieht sich die irische Geschichte durch die Platte: Der Opener In "ár gCroíthe go deo" erzählt die Geschichte einer Irin, die sich genau diesen Satz auf ihrem Grabstein gewünscht hätte. Allerdings hatte die englische Kirche etwas gegen die angeblich politische Botschaft auf einem Friedhof. Deswegen singen Fontaines D.C. genau diesen Satz in einem schaurig anmutenden Chor – und überlassen die Entscheidung ob die Worte "Für immer in unserem Herzen" jetzt wirklich so politisch heikel sind einfach den Hörer*innen selbst.Poetische Anti-Rocker
Generell drückt sich Sänger Grian auch eher poetisch aus, anstatt Dinge klar zu benennen. So ist "Jackie Down The Line" irgendwie das Eingeständnis einer toxischen Beziehung, wie auch wieder ein Klarkommen mit der irischen Identität in England. Und auch soundmäßig geben sich Fontaines D.C. flexibel. Strenggenommen machen sie immer noch Post-Punk, aber das Genre ist ja sowieso schon länger nur noch ein Überbegriff für Bands, die das Rockgenre eben etwas freier interpretieren. Den schnörkellosen Haudraufsound von Dogrel gibt es also eher selten: Songs wie der Titeltrack bauen sich über eine fantastische Schlagzeug/Bass Kombination auf. "Big Shot" wird über ein langgezogenes Gitarrenriff getragen und in "The Couple Across The Way" darf Grian sogar das Akkordeon auspacken. Mit "Jackie Down The Line" und "Roman Holiday" sind aber immer noch Hits dabei wie man sie von früher gewohnt ist.Das einzige was sich konstant durch Skinty Fia zieht, ist die ständige Frustration die von jedem Song anders aufgegriffen wird. So klingt es wenn die beste Zeit des Lebens versprochen wurde und am Ende nur ätzende Enttäuschung dabei herauskommt.
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